Tod in der Hasenheide. Connie Roters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Connie Roters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863270667
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raus und f ing am Schluss an zu rempeln. Ich bin dann dazwischen. Das hat zum Glück geholfen.«

      Breschnow sah nach vorne und musterte Subat nachdenklich. Es war nicht das erste Mal, dass sein Kollege fast die Kontrolle über sich verloren hatte. Er wollte schon seit Wochen mit ihm reden, hatte es aber immer wieder verschoben.

      Am Imbiss herrschte reges Leben. Einige Punks saßen mit ihren Hunden auf dem Boden und knabberten an ihren Würstchen. Die Betrunkenen standen mit den Flaschen in der Hand um den Wagen herum. Es roch nach Alkohol und altem Frittierfett.

      »Mach doch mal Platz!«, brüllte die dicke Wirtin.

      Ihr Kittel war über ihrem prallen Bauch mit Fett und Ketchup verschmiert.

      »Lass doch mal die Herrschaften durch.«

      Die Männer gehorchten und bildeten eine schmale Schneise. Breschnow zwängte sich hindurch und bestellte dreimal Currywurst mit Pommes und drei Cola.

      Nach einer zweiten Runde Pommes und Currywurst, die sie zur Hälfte an die Hunde der Punks verfüttert hatten, schmiss Breschnow eine Runde. Aber weder die Punks noch die Obdachlosen waren gestern Nacht im Tunnel gewesen.

      Schweigend machte sich die kleine Gruppe auf den Weg zum U‑Bahnhof. Breschnow voran. Er wollte noch einmal durch den Tunnel gehen.

      Die Schaulustigen von vorhin waren verschwunden. Hier gab es, außer dem Absperrband, nichts mehr zu sehen. Auch die Polizisten zur Sicherung des Tatortes waren bereits abgezogen worden, was Breschnow wunderte. Die drei stiegen über die Absperrung und gingen langsam weiter. Ein Geräusch weckte ihre Aufmerksamkeit. Hinten im Dämmerlicht des Tunnels entdeckten sie schemenhaft eine Figur.

      »Sehen Sie nicht, dass hier abgesperrt ist?«, blaf fte Breschnow. Die Person drehte sich um. Es war ein älterer Mann mit einem großen Regenschirm. Breschnow hatte das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. Der Mann drehte sich erschrocken um.

      »Oh, tut mir leid. Ich habe gehört, dass etwas im Tunnel passiert ist, und ich bin so neugierig. Ist wohl das Alter«, sagte er verlegen und blickte zu Boden. Sein Gesicht war leicht gerötet.

      »Ist schon gut«, lenkte Delego ein.

      Breschnow grübelte noch, als Subat ihn mit einer Frage ablenkte. Delego ging zu dem Alten und bat ihn um die Personalien. Der Mann durchsuchte seine Taschen und kramte einen verknitterten, altertümlichen Ausweis hervor.

      »Ich fürchte, er ist schon abgelaufen. Muss ich jetzt Strafe zahlen?« Seine Stimme zitterte.

      Breschnow seufzte. Er wollte weiter, bat Subat, die Personalien überprüfen zu lassen, und sah den Alten noch einmal an.

      Sein Äußeres passt nicht zu seinem Verhalten, dachte er, aber bevor er den Eindruck richtig zu fassen bekam, schob ihn Delego in Richtung Tunnelausgang und mahnte ihn zur Eile.

      Der Gedanke verflüchtigte sich.

      ***

      Drass raste nun schon zum zweiten Mal die Avus entlang. Er brauchte Bewegung und Abstand zwischen der Begegnung mit Cosma Anderson und dem blutigen Messer. Er wusste nicht mehr, was er glauben sollte. Seit Langem gef iel ihm mal wieder eine Frau, irgendwie fühlte er sich von ihrer leicht kühlen und schrof fen Art angezogen. Und sie ließ sich nicht alles gefallen. Anders als die Mädchen aus seinem Bekanntenkreis. Die hatten nur wenig anderes im Sinn als ihre Schönheit und verbrachten die Tage vor den Spiegeln zu Hause oder in den Geschäften. Lange war er damit zufrieden gewesen, hatte die Attraktivität der Frauen genossen und sich von ihnen anhimmeln lasen. Aber jetzt reichte ihm das nicht mehr.

      Die berufliche Unzufriedenheit und der bohrende Zweifel, ob der Job noch zu ihm passte, hatten sich auch auf sein Privatleben ausgewirkt, und der einzige Freund, den er hatte, flog heute zu einem Auslandseinsatz nach Afghanistan.

      Er beschleunigte noch einmal und flog dahin. Die Geschwindigkeit tat gut.

      Dann sah er das Blaulicht hinter ihm, fluchte und fuhr rechts ran.

      ***

      Sie erreichten den U‑Bahnhof Südstern, als es bereits dämmerte. Breschnow war überrascht, wie spät es schon war. Die langen Sommertage brachten sein ohnehin schlechtes Zeitgefühl durcheinander.

      Sie betraten das fast menschenleere Gebäude und stiegen die Treppen zu den Bahnsteigen hinab. Der Mann war nirgends zu sehen. Ein Zug fuhr ein. Nur wenige Leute stiegen aus. Der Mann war nicht dabei. Sie setzten sich auf eine Bank und warteten schweigend. Ein weiterer Zug fuhr ein. Der Mann war wieder nicht dabei. Breschnow f ielen die Augen zu.

      Nach einem kurzen Sekundenschlaf zuckte er zusammen und sprang auf.

      »Ich habe Besseres zu tun, als meine Zeit hier auf diesem blöden Bahnsteig zu verbringen und auf diesen Penner zu warten. Bringt ihn doch einfach aufs Revier, falls er heute noch kommen sollte.«

      »Wenn du etwas von ihm wissen willst, wirst du wohl hierbleiben müssen. Im Revier wird er nichts sagen«, entgegnete Delego ruhig.

      Mittlerweile war auch Subat angekommen. »Seid ihr schon durch, oder ist er noch nicht da?«, fragte er.

      »Letzteres!«, knurrte Breschnow. »Was ist mit dem Alten?«

      »Die Daten, die er mir gegeben hat, sind in Ordnung. Keine Einträge.«

      Subat setzte sich zu ihnen auf die Bank, und sie warteten schweigend. Plötzlich hörten sie Geschrei. Subat sprang auf und lief zur Treppe. Oben stand der Mann, den sie tref fen wollten, aber zwei Sicherheitsleute hinderten ihn daran, den Bahnsteig zu betreten. Subat rannte die Treppe hinauf und zeigte ihnen seinen Dienstausweis.

      »Lasst ihn los. Der Mann ist mit mir verabredet.«

      Die Sicherheitsleute nickten, hielten den Mann aber weiterhin fest.

      »Eigentlich lassen wir hier keine Penner mehr rein und erst recht nicht ohne Fahrschein.«

      »Soll ich ihm jetzt etwa ein Ticket kaufen?«

      Subat schob den Wachmann grob zur Seite und nahm den Zeugen fest am Oberarm. Hastig führte er ihn die Stufen hinab. Am liebsten hätte er sich mit der anderen Hand die Nase zugehalten. Die Wachleute schimpften hinter ihm her.

      Delego und Breschnow standen am Treppenabsatz. Subat ließ den Obdachlosen los und ging auf Abstand.

      »Wo is mene Belohnung?«, grinste der Mann und entblößte eine Reihe schwarzer, fauler Zähne.

      »Die gibt es später«, versprach Delego. Sie zeigte ihm die Plastiktüte und ließ die Flaschen darin aneinanderstoßen.

      »Du warst also nicht im Tunnel letzte Nacht?«, begann Breschnow.

      »Nee. Ick hatte ne Pension, mit Bett und so. En Kumpel hat mir senen Schlafplatz abjetreten. Aber die andern warn im Tunnel. Es hat doch wie blöd jerechnet. Da ist der Tunnel prima. Trocken und so.«

      »Und deine Kumpel haben dir was erzählt?«

      »Also der von de Pension kam heute Morjen wieder und feixte, det mene Kumpel heute Nacht alle nass jeworden sind. Warum, hab ick ihn jefracht. Die waren doch jestern noch im Tunnel. Aber heute Nacht ham se da jemanden abjestochen. Da sinn se alle abjehauen, hat er jesacht.«

      Der Mann stockte und sah sehnsüchtig auf die Plastiktüten in Delegos Hand. Sie ließ sie noch einmal leise klirren.

      »Und weiter?«, drängelte Breschnow.

      »Na ja. Ick bin dann los und hab se jesucht. Der Tunnel war ja jesperrt«, sagte er fast vorwurfsvoll.

      »Also hab ick weiterjesucht. Man hat ja so seine Ecken. Zwee habe ick aufm Klo im Park jefunden. Sie haben noch jepennt. Als ick se wachjerüttelt hab, ham se sich bei mir ausjeheult. Schiss hatten se. Sie haben jesacht, dass es einen Riesenkrach jegeben hat und zwei Männer im Tunnel aufeinander losjegangen sind. Davon sind se wach jeworden. Ener hat’n Messer jezogn, und meine Kumpel sin abjehauen, als et jing.«

      Breschnow sah Delego an.

      »Konnten deine