Herr und Frau Wangler betraten das Zimmer, Pommerle legte sich hastig im Bettchen um, zog die Decke bis an die Nase und schaute den Eintretenden neugierig entgegen.
»Der Herr Professor muß jeden Augenblick zurückkommen, er ist mit der gnädigen Frau nur rasch in die Nebenstraße gegangen,« sagte Frau Jäger, »ich will 'mal hinaussehen.«
»Du bist also das prächtige kleine Mädchen, das unserer Hella das Leben gerettet hat?«
»Das bin ich,« sagte Pommerle leise.
»Wir sind gekommen, mein liebes Kind, um dir von ganzem Herzen zu danken.«
Pommerle richtete sich ein wenig im Bett auf und schaute auf das eigenartige Tier, das Oberstaatsanwalt Wangler unter dem Arme trug. Es war ein großer, grüner Gummifrosch.
»Was hast du denn da?« fragte Pommerle voller Interesse.
»Das haben wir dir mitgebracht, kleines Pommerle. Der Frosch kann im Wasser schwimmen, du sollst mit ihm spielen.«
»O je –« Herr Wangler hatte den Frosch auf das Bett der Kleinen gelegt. Pommerle griff danach und drückte das große Gummitier ans Gesicht. »Ich danke dir, Onkel – – oh, heute kommt der ganze Fauna zu mir. – Die süßen kleinen Mistkäfer hat der Herbert leider wieder in den Wald tragen müssen, aber morgen gehe ich sie besuchen. – Nu aber der Frosch!«
Auch Frau Wangler drückte Pommerle in herzlicher Dankbarkeit an sich. Aber Pommerle hatte weit mehr Interesse für den schönen Frosch.
»Schwimmt er denn wirklich?«
»Aber natürlich!«
»Onkel, gieß doch 'mal in die Waschschüssel 'nen Haufen Wasser, und dann schmeiß den Frosch 'rein, und dann zeig es mir!«
Lachend erfüllte der Oberstaatsanwalt den Wunsch des Kindes, er brachte sogar die Waschschüssel an das Bett. Der große Gummifrosch hatte kaum Platz darin.
Pommerle drückte ihn voller Begeisterung herunter, aber sogleich kam er wieder nach oben. Pommerle jubelte, riß den Frosch aus dem Wasser, ein Sprühregen ergoß sich über die Decke, Herr und Frau Wangler wichen zurück, aber Pommerle küßte das nasse Gummitier begeistert.
Gerade in diesem Augenblick, als Pommerle den Frosch wieder hochwarf, damit es recht sehr im Wasser klatschte, betraten Benders das Zimmer.
»Tante,« rief Pommerle fast atemlos, riß das nasse Schwimmtier empor und hielt es Frau Bender entgegen.
»Pommerle, das Bettchen ist ja schon ganz naß!«
Dann gab es eine herzliche Begrüßung zwischen beiden Ehepaaren; doch Pommerle kümmerte sich gar nicht darum, was die Erwachsenen sagten. Es hatte seinen herrlichen Frosch, den es sorgsam mit dem Taschentuche abtrocknete.
»Hast du gehört, Pommerle?«
Nein, Pommerle hatte nichts gehört, es hatte sich mit dem Frosch unterhalten, die Gäste waren ihm Nebensache.
»Wie wäre es, Pommerle – willst du einen Tag lang in Berlin mit der kleinen Hella spielen? Willst du bei unseren lieben Gästen nun Mittag essen und bis zum Abend dortbleiben?«
»Und ihr auch?«
Frau Wangler trat wieder an das Bett des Kindes heran.
»Dein Onkel und deine Tante werden in Berlin Freunde besuchen, sie werden dich vorher zu uns bringen, dann bleibst du bis zum Abend bei uns. Du wirst mit Hella spielen, sie wird dir manches zeigen, und am Abend holen dich Onkel und Tante wieder ab. Am nächsten Morgen fahrt ihr dann nach Hirschberg weiter.«
»Soll ich morgen schon nach Berlin fahren?«
»Nein, Pommerle, wir bleiben nur noch vier Tage hier, du bleibst noch zehn Tage hier; aber wenn ihr abfahrt, müßt ihr doch über die große Stadt Berlin. Dann sollst du einige Stunden bei uns sein.«
So wurde verabredet, daß Benders auf der Rückreise Pommerle zu Wanglers brachten, weil der Professor und seine Frau verschiedene Besuche zu machen hatten, zu denen man die Kleine nicht mitnehmen konnte. Für Pommerle würde die Großstadt unendlich viel Neues bieten, und bei Wanglers wußte man die Kleine gut aufgehoben.
Freuden und Leiden in Neuendorf
Am Strande wurde fieberhaft gearbeitet. Ein großer Trupp Kinder hantierte mit Schippen, Kohlenschaufeln, Brettern und Stangen. Es galt einen Teich zu machen, in dem der Gummifrosch schwimmen sollte.
Anfangs hatte man den Frosch einfach in die See werfen wollen, doch Pommerle fürchtete, daß das herrliche Tier, ebenso wie Hella, von einer Welle fortgeholt werde.
Man mußte daher einen Teich anlegen, der tief genug war, um den Frosch darin herunterzudrücken.
Mehr als zwanzig Kinderhände waren an der Arbeit, und nicht immer ging es friedlich ab. Pommerle hatte die Leitung übernommen, ihm fügten sich alle Kinder, denn sie wußten, daß Pommerle gestern etwas Besonderes geleistet hatte.
Es war gar nicht so einfach, einen Teich anzulegen, denn zunächst versickerte das hineingeleitete Wasser ziemlich schnell, bis schließlich Professor Bender hinzukam, der den Teich so anlegen ließ, daß durch ständigen Zulauf aus der See in den tiefer gelegten Teich dauernd neues Wasser eindrang.
Die Seetiere wurden hineingesetzt, unter lautem Jubel der Kinder schwamm der große Frosch auf der Wasseroberfläche. Es war ein Ereignis, und wenn der Frosch nun gar mit dem Blechfisch oder der Flunder zusammenstieß, gab es ein Geschrei, das über den Strand weithin hörbar war.
Pommerle stand regungslos am Rande des kleinen Sees und schaute den Frosch an. Einige Knaben machten mit ihren Schippen Wellen, und als sich eine der Wurzelfasern um ein Bein des Frosches legte, machte Pommerle einen Freudensprung – – der Sand gab nach, und bis zu den Knien stand das Kind im Wasser.
Das gab ein Lachen und Schreien. Es war gut, daß Pommerle seine Schuhe und Strümpfe schon längst ausgezogen hatte und somit nur das Röckchen ein wenig feucht wurde.
Da plötzlich erschien Professor Bender erneut unter den spielenden Kindern.
»Du mußt ins Haus kommen, Pommerle, es ist ein Herr da, der dich sprechen möchte.«
»Werde ich schon wieder nach Berlin eingeladen?«
»Nein, Pommerle, es ist der Gemeindevorsteher von Neuendorf, der zu dir kommt, denn auch er hat gehört, daß du gestern der kleinen Hella das Leben gerettet hast.«
Pommerle griff rasch nach dem nassen Frosch, dann schritt es neben dem Onkel her. Neugierig folgten die Kinder in einiger Entfernung. Sie wollten hören, was der Gemeindevorsteher von der Hanna Ströde wollte.
Pommerle, das von einem Gemeindevorsteher noch nie etwas gehört hatte, schaute fragend zum Onkel auf.
»Was will denn der gemeine Vorsteher von mir?«
»Es ist der Vorsteher der Gemeinde Neuendorf, kleines Pommerle. Kennst du denn den alten Herrn Magritz nicht mehr?«
»O ja, den Onkel Magritz, den kenne ich, er hat mir 'mal was auf die Finger gegeben. Da hab' ich in den Netzen herumgestochert, da ist er gerade dazugekommen.«
Im Vorgarten des Häuschens stand der alte Herr. Pommerle machte ihm einen artigen Knicks und zog die Augenbrauen hoch, denn auch der Gemeindevorsteher hielt im Arm ein Päckchen.
»Onkel, der hat was für mich,« flüsterte das Kind dem Professor leise zu.
»Nun kann ich dir doch auch guten Tag wünschen, kleine Hanna Ströde. Ich habe soviel Gutes von dir gehört,