Im Sinne der Gerechtigkeit. Anne Gold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Gold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783724524465
Скачать книгу
wenn eines der Projekte realisiert würde. Vor der Urteilssprechung, die nur noch Formsache war, stellte der Verteidiger einen Befangenheitsantrag gegen Rupf, weil er mit der Präsidentin einer in den Fall involvierten Stiftungen liiert war. Damit verkam der Prozess zur reinen Phrase und wurde vertagt. Schoch verliess den Gerichtssaal als freier Mann.

      «Was ist denn das?», erkundigte sich Nadine, die mit zwei Kaffees ins Büro trat.

      «Die Akten der vier Morde. Linker Stapel die Protokolle der Morde, rechter die Gerichtsprozesse. Du kannst sie gerne mitnehmen.»

      «Die liegen gut bei dir. Was liest du da?»

      «Die Akte Schoch. Ein fieser, kleiner Betrüger und erst noch ein Sexualtäter.»

      «Vergewaltigung?»

      «Der Richter war davon überzeugt, aber Schoch hatte ein Alibi.»

      «Somit erhielt er letztendlich seine gerechte Strafe.»

      «Etwas hart ausgedrückt, aber Schochs Opfer würde es sicher unterschreiben. Der letzte Prozess war sein grösster Coup. Der Fall wurde wegen Befangenheit des Richters auf unbestimmte Zeit vertagt.»

      «Wer war dieser Richter?»

      «Ein Beat Rupf. Der sagt mir nichts.»

      «Wo ist das Geld abgeblieben?»

      «Schoch behauptet, es verzockt zu haben. Millionen. Wie konnte Mark nur so dumm sein und ihm vertrauen? Er kannte ihn ja zur Genüge und wusste, dass auf ihn kein Verlass war.»

      «Wo die Gier regiert … Yvo kennt das Areal. Es handelt sich um eine alte Fabrik mitten in der Bauzone. Der Besitzer ist ein störrischer Querulant. Er ist sogar mit einer Hacke auf Yvo losgegangen, als er Fragen stellte.»

      «Yvo ist auch daran interessiert?»

      «Ganz Basel. Es ist eines der letzten grossen unverbauten Grundstücke. Yvo meint, dass man dort problemlos mehrere Mehrfamilienhäuser hochziehen kann. Er spricht von einem Viertelmilliarde-Projekt. Er kennt auch diesen Schoch.»

      «Sag jetzt aber nicht …»

      «Nein, nein. Yvo ist ein vorsichtiger Mensch. Er bot Schoch eine Vermittlungsprovision von einer Million an, wohlverstanden nach Vertragsunterzeichnung. Aber der Besitzer will um keinen Preis verkaufen. Dabei lebt er nicht einmal dort. Auf dem Areal stehen nur ein paar alte Fabrikhallen, sonst nichts.»

      «Wollen wir uns das mal ansehen?»

      «Später vielleicht. Im Moment gibt es andere Prioritäten, Nader wartet auf uns.»

      Der Anwalt Fabian Nader wirkte müde und irgendwie abwesend. Die erste Nacht in Untersuchungshaft hatte deutliche Spuren hinterlassen.

      «Möchten Sie etwas trinken?»

      «Danke. Das ist nicht notwendig. Warum bin ich hier? Ich habe meine Aussage bereits getätigt und unterschrieben.»

      «Weil uns Mark darum bat. Wir sind Freunde.»

      Nader schaute überrascht auf.

      «Sie … Sie sind Kommissär Ferrari?»

      «Ja, und das ist meine Partnerin Nadine Kupfer.»

      «Sie waren oft Gesprächsthema bei uns. Immer, wenn Sie erfolgreich einen Fall lösten … Der Fall Nader ist simpel, die Sachlage eindeutig.»

      «Was ist passiert?»

      «Ich weiss es nicht mehr genau, Frau Kupfer.»

      «Wir können uns gern duzen. Ich bin Nadine.»

      «Sehr gern … Fabian.»

      «An was kannst du dich erinnern?»

      «Damian Schoch rief mich um vier Uhr nachmittags an, er wollte mit mir reden. Ich blockte zuerst ab und verwies ihn an Mark und Chris, doch er liess nicht locker. Wir vereinbarten schliesslich, dass ich ihn nach meiner gestrigen Sitzung anrufe und er dann kurz vorbeikommt.»

      «Nicht gerade üblich, um elf noch jemanden zu treffen.»

      «Ich wollte es hinter mich bringen und hoffte irgendwie, er wäre einsichtig. Er wusste mit Sicherheit, dass mit Mark nicht zu spassen ist. Zudem suchten wir ihn schon eine Weile.»

      «Weshalb hast du Mark nicht informiert?»

      «Weil Schoch es ausdrücklich verlangte. Entweder ein Gespräch unter vier Augen oder wir würden keinen Franken mehr sehen.»

      «Wie ging es weiter?»

      «Um zehn rief ich ihn an und zwanzig Minuten später war er da. Er bot mir eine halbe Million an, wenn ich Mark zur Vernunft bringen würde. Schoch wusste, dass Chris ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hatte. Natürlich lehnte ich ab. Im Gegenzug schlug ich ihm vor, er solle Marks Million rausrücken und ich würde dann dafür sorgen, dass er in Ruhe gelassen werde.»

      «Das lehnte er ab.»

      «Ja, er lachte verächtlich und zog sich Koks rein. Ich bat ihn, es sich zu überlegen und zu gehen.»

      «Weshalb ist es eskaliert?»

      «Er … er erzählte mir eine wirre Geschichte, Herr Kommissär. Er sei Micheles Lover und kenne unsere Familienverhältnisse sehr genau. Er wisse, wo unsere Schwachstellen seien. Sollte er draufgehen, dann nehme er die eine und andere mit.»

      «Geschwätz eines Bekloppten.»

      «Er drohte, nach Davos zu fahren und Michele umzubringen.»

      Ferrari schaute ihn durchdringend an.

      «Und dass er Ihre Frau ermorden würde.»

      «Woher wissen Sie das? Er stand schon bei der Tür, da drehte er sich nochmals um. Ich wisse jetzt, was geschieht, wenn Chris und Mark nicht einlenken würden. Es liege allein in meiner Hand. Dann …» Er atmete tief durch. «Dann drohte er, meine Frau … meine Frau zu töten … ihr den Bauch aufzuschlitzen … In diesem Moment sah ich nur noch rot. Ich tastete nach meiner Pistole und schoss.»

      «Einmal oder zweimal?»

      «Das weiss ich nicht mehr. Staatsanwalt Borer sagt zweimal. Ich war wie von Sinnen, sah Leonie tot auf dem Boden liegen. Schoch bluffte nicht, er war zu allem fähig. Obwohl ich ihn traf, torkelte er hinaus. Zuerst wollte ich ihm nachrennen …»

      «Um ihm zu helfen?»

      «Nein, Nadine, um ihm den Rest zu geben. Mir war klar, solange er leben würde, wäre Leonie in Gefahr. Aber ich konnte nicht. Als ich einige Minuten später das Büro verliess, war Schoch verschwunden.»

      «Und dann fuhrst du nach Hause?»

      «Ich gondelte noch durchs Quartier, doch Schoch war nirgends zu sehen. Irgendwie landete ich in der Burg und dort holten mich eure Kollegen heute ab.»

      «Gehört die Pistole dir?»

      «Ja. Zuerst wollte ich mir keine zutun, doch ihr wisst so gut wie ich, dass es bei Marks Geschäften manchmal ordentlich zur Sache geht. Ich fühle mich sicherer, seit ich die Pistole mit mir rumtrage. Selbstverständlich besitze ich einen Waffenschein.»

      «Wusstest du von der Affäre zwischen Schoch und Michele?»

      «Nein. Zuerst hielt ich es für einen Bluff, doch er kannte Details, die mich vom Gegenteil überzeugten.»

      «Du weisst, was dich erwartet?»

      «Lebenslänglich wegen Mordes.» Er stützte sein Gesicht in die Hände und fing an zu weinen. «Ich … ich würde es wieder tun, Nadine. Wenn … wenn ich mir vorstelle, wie er Leonie und unser Kind ermordet … Einen solchen Menschen kann man nicht stoppen.»

      Ferrari schloss das Dossier und seufzte.

      «Eine eindeutige Angelegenheit, Fabian Nader ist ausgerastet.»

      «Wir hätten genauso reagiert … Allein diese Vorstellung ist grauenhaft und ich vermute, Schoch bluffte nicht. Schau dir seine Akte an. Gemäss Aussage des