Wendungen des Schicksals: Körper & Seele. Sloane Kennedy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sloane Kennedy
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894254
Скачать книгу
blickte zum Tisch, wo ich die einzigen zwei zusammenpassenden Tassen platziert hatte. Dann zum Sofa, das nun schon etwas bunter wirkte. Und zu meinem Hund, der es sich dort gemütlich gemacht hatte. »Was …? Was ist das alles?«

      »Kaffee«, sagte ich. »Wie trinkst du deinen? Ich trinke ihn natürlich schwarz. Hat ewig gedauert, bis ich auf diese Extra-Kalorien verzichten konnte. Aber dann habe ich es geschafft. Es macht mir aber natürlich nichts aus, wenn du Milch und Zucker nimmst. Ich tue einfach so, als sei in meinem auch beides drin.« Okay, zugegebenermaßen redete ich manchmal Blödsinn, wenn ich nervös war.

      Jake sah mich an. Intensiv. Ich spürte seinen Blick über meinen Körper gleiten, als würde er mich mit seinen starken Händen abtasten. Automatisch lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich hielt den Atem an. »Warum um alles in der Welt solltest du Diät halten?« Seine Stimme war ruhig und fest, irgendwie fast einschüchternd. Als müsste ich eine verdammt gute Erklärung für meine Ernährungsgewohnheiten haben.

      »Wie auch immer«, murmelte ich. »Vielleicht gebe ich diesmal etwas Milch und Zucker rein. Als Trost, weil meine Marshmallows im Feuer verbrannt sind.«

      Jake schien ein Grinsen zurückzuhalten. »Ah, das ist also das Zeug, das in deinem Kamin klebt?«

      Ich verdrehte die Augen. »Nur zu, lach mich aus. Aber es war nicht meine Schuld. Als Zoey mir gesagt hat, dass ich den Abzug öffnen soll, habe ich Panik gekriegt. Ich habe vergessen, dass ich die Marshmallows schon auf dieses Spießteil gesteckt hatte, bevor ich damit den Abzug öffnen wollte. Also musste ich ihn eben mit der Hand öffnen und, nun ja, den Rest kennst du.«

      Normalerweise hätte ich solche Dummheiten gar nicht zugegeben, sondern stattdessen einfach einen unschuldigen Blick aufgesetzt. Aber bei Jake war mir irgendwie nicht danach, irgendwelche Spielchen zu spielen. Das würde sowieso zu nichts führen. Ehrlich gesagt war ich einfach nur müde. Ich wollte zurück in meine Hütte und mir ansehen, ob die Stoffe schlimm beschädigt waren. Zum Glück waren einige noch nicht aus New York geliefert worden, aber ich hatte relativ viele teure Woll- und Seidenstoffe in der Hütte aufbewahrt. Wahrscheinlich hatte der Rauch sie völlig ruiniert.

      Jake legte seine Hand auf meine. »Was ist denn? Was hast du?«

      Mir verschlug es wieder den Atem. Seine Hand. Oh Gott, wollte der Mann mich umbringen? Er sollte dringend einen Kurs besuchen für: Wie verhält man sich als Hetero in der Gegenwart eines Schwulen.

      »Was meinst du?«, brachte ich heraus.

      »Du hast gelächelt und dann …« Seine Worte verklangen.

      »Und dann was?«, fragte ich.

      »Dann hast du damit aufgehört.« Er klang irgendwie verwirrt und überrascht. Als hätte er den letzten Satz gar nicht sagen wollen.

      Er ist hetero, er ist hetero, er ist hetero!

      Ich ignorierte die Stimme in meinem Hinterkopf und behielt meine Hand dort, wo sie war. Mein Schwanz hatte sich einigermaßen beruhigt, als er weg gewesen war, aber ich wusste, das würde nicht so bleiben. »Ähm, ich designe gerade eine Modekollektion und hatte einige ziemlich teure Stoffe in der Hütte. Sie sind jetzt wahrscheinlich ruiniert. Aber, nun ja, ich sollte froh sein, dass ich sie noch nicht zugeschnitten und verarbeitet habe. Immerhin habe ich nur das Material verloren, nicht die Arbeitszeit.«

      »Du bist Modedesigner?«

      Bei seiner Antwort schien sich meine Libido ein wenig zu beruhigen. Er klang so überrascht. Mir war klar, dass es nicht böse gemeint war. Aber all meine Kollegen hatten ebenso reagiert, als sie von meinem Plan erfahren hatten. Sogar Zoey war schockiert gewesen, als ich ihr vor einigen Wochen von meinem Vorhaben erzählt hatte. Ich wollte nicht verletzt sein, war es aber. Ich zuckte mit den Schultern. »Ich versuche es zumindest. Wir werden sehen. Ich designe eine Kollektion, die ich im Februar in New York präsentieren will. Deswegen bin ich eigentlich überhaupt hergekommen. Damit ich mich besser konzentrieren kann. Ich muss nämlich in kürzester Zeit eine Menge Arbeit erledigen. Und zu Hause gab es zu viele Ablenkungen.«

      »Kannst du neuen Stoff besorgen?« Jake schien erst in diesem Moment zu bemerken, dass seine Hand immer noch auf meiner lag. Rasch griff er nach seiner Kaffeetasse.

      »Ja. Eine große Bestellung ist noch unterwegs. Aber ich muss die Stoffe ersetzen, die beschädigt wurden. Ich frage mich, ob es in Denver einen Stoffladen gibt.« Ich machte mir eine mentale Notiz, im Internet nachzusehen. Ich würde sicher in letzter Minute noch Dinge wie Knöpfe oder Reißverschlüsse brauchen, sobald der Produktionsprozess weiter fortgeschritten war.

      Mir fiel auf, dass Jake einen Blick auf die dekorativen Kissen warf, die ich auf dem Sofa platziert hatte. Er hatte zwar kein Wort darüber verloren, aber er freute sich doch sicher darüber, dass ich die Hütte etwas wohnlicher und weniger deprimierend gestaltet hatte. Oder? Je länger er die Kissen betrachtete, desto düsterer wurde seine Miene. Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Oh Gott, ich war zu weit gegangen. »Es tut mir leid, ich … Ich dachte, ein paar Farbakzente würden dich erfreuen. Ähm, ich könnte ein bisschen Stoff holen und dir neue Kissen für dein Sofa machen. Es geht ganz schnell und dann würde deine Hütte mehr wie ein Zuhause ausseh…«

      Noch während ich sprach, ging er zum Sofa. Unverwandt starrte er das Kissen an, um das ich den blauen Schal gewickelt hatte. Er griff danach und wickelte den Schal vorsichtig und langsam wieder ab. Ich hatte gut aufgepasst, den Stoff nicht zu beschädigen oder auszuleiern, als ich ihn um das Kissen gewickelt hatte. Doch er tat so, als hätte ich den Schal zum Fußabtreter umfunktioniert. »Nicht nötig«, sagte Jake, seine Stimme war dumpf und kühl. »Ich finde es gut so, wie es ist. Ich brauche nichts von diesem bunten Scheiß. Du kannst jetzt in deine Hütte zurückgehen. Ich habe die Heizung repariert. Es war wirklich nur der Sicherungsschalter.«

      Ich starrte ihn entsetzt an. Er war wie ausgewechselt. Der nette, besorgte Mann war plötzlich verschwunden. Plötzlich war da nur mehr ein kaltherziger Arsch, der mich so schnell wie möglich rauswerfen wollte. »Oh. Okay. Tja, dann danke für deine … Hilfe.« Ich stand auf, hob Boo hoch und ging zur Tür. Dort drehte ich mich noch einmal um.

      »Wenn deine Verbrennung rot wird oder du Fieber bekommst, dann …«

      »Ja, ja«, sagte ich und wedelte mit der Hand, als wollte ich seine Bedenken wegwischen. »Dann komme ich gleich zu dir.«

      »Nein. Ich wollte sagen, dass du dann gleich in die Klinik in der Stadt fahren solltest.«

      Alles in mir wurde taub. Es war schon lange her, dass ein Mann, den ich attraktiv fand, mich nicht gewollt hatte. Sogar die Heteromänner dachten üblicherweise zumindest darüber nach, einfach nur aufgrund meines Aussehens. Aber er wollte mich nicht einmal in seiner Nähe haben, um nach meiner Wunde zu sehen, falls sie sich entzündete? Und das nach all der Besorgnis, die er eben noch gezeigt hatte? Ich brauchte meine ganze Willenskraft, um nicht sofort zurück zu meiner Hütte zu laufen und meine Wunden zu lecken. Stattdessen hielt ich mich an meine aufgesetzte Freundlichkeit. »Mach ich. Vielen, vielen Dank für die freundliche Verarztung und die Behebung meines Heizungsproblems. Wie von dir gewünscht, werde ich dir zum Dank weder etwas backen noch nähen. Und ich gehe dir zukünftig aus dem Weg. Einen wunderschönen Abend noch.«

      Ich wartete nicht auf eine Antwort. Rasch griff ich nach Boos Pullover und verließ die Hütte. Ich schloss sanft die Tür hinter mir, obwohl ich sie am liebsten zugeknallt hätte. Dann setzte ich Boo auf dem Boden ab, damit sie auf dem kurzen Weg zu unserer Hütte ein wenig herumschnuppern konnte. Sie lief sofort los und hüpfte in Richtung Waldrand, wo sie offenbar irgendetwas Interessantes roch.

      »Na schön, dann geh eben«, rief ich ihr nach. »Anscheinend ist meine Gesellschaft schrecklich. Wer könnte es dir verübeln?«

      Nachdem ich eine Stunde lang versucht hatte, den Rauchgeruch aus all meinen Sachen zu entfernen, beschloss ich, in die Stadt zu fahren. Mal sehen, was man in dem kleinen Ort für Klamotten kaufen konnte. Aber eigentlich ging es gar nicht um die Kleidung, das war mir klar. Zoey hatte recht behalten, ich sehnte mich nach Gesellschaft. Der umwerfende, aber gemeine Nachbar hatte eines ganz deutlich bewiesen: Nicht nur, dass er nicht mit mir ins Bett wollte, er war offensichtlich