Wendungen des Schicksals: Körper & Seele. Sloane Kennedy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sloane Kennedy
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894254
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habe ich das getan. Bitte geh und hol den Arzt.«

      »Ich will nur sehen, wie es deiner Verbrennung geht«, beharrte ich.

      Oz’ Kiefer war angespannt, seine Augen funkelten eisblau. »Und ich will einen Arzt sehen.«

      »Verdammt, Oz, ich bin Arzt. Und jetzt zeig mir deine Verbrennung.«

      Seine wundervollen blauen Augen weiteten sich. Wir starrten einander einfach nur an. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal auf diese Art die Stimme erhoben hatte.

      »Es tut mir leid. Ich wollte nicht …«

      Er streckte mir den Arm entgegen. »Also schön. Hier, bitte.«

      Ich griff nach seinem Arm und hielt ihn vorsichtig fest. Tatsächlich, er war entzündet. Ohne ihn loszulassen, griff ich in den Schrank neben mir und sammelte die nötigen Utensilien zusammen, um die Wunde zu säubern.

      »Ich wusste, dass du Arzt bist«, sagte Oz leise. »Du hast mich angelogen.«

      »Ich habe nicht gelogen.«

      »Du hast gesagt, du kennst dich mit Erster Hilfe aus, weil du Wildnisführer bist.«

      »Das war nicht gelogen«, sagte ich. Nach einem kurzen Moment der Stille begann ich, die Wunde neu zu verbinden. Als ich aufsah, merkte ich, dass er mich wütend anfunkelte. Ich atmete tief durch. »Es tut mir leid, Oz.«

      »Pff. Wie auch immer«, sagte er und schniefte. Dann sah er weg. »Warum erzählst du mir das überhaupt? Sag mir doch wieder, dass ich abhauen soll.«

      Ich griff zu seinem Gesicht, nahm es in beide Hände und hob sein Kinn sanft an. Er wich meinem Blick aus und sah überall hin, nur nicht zu mir. »Es tut mir leid, dass ich es dir nicht gesagt habe. Außerhalb der Klinik weiß niemand davon. Und die Leute hier wissen es auch nur, weil ich hier aushelfe.«

      Endlich erwiderte er meinen Blick und hob eine Augenbraue. »Warum? Warum um alles in der Welt hältst du so etwas geheim?«

      »Das ist nicht so wichtig. Es hat jedenfalls nichts mit dir zu tun, sondern mit anderem Zeug, das für dich uninteressant ist. Aber es tut mir wirklich leid. Ich hätte dir nicht sagen sollen, dass du hierherkommen sollst statt zu mir. Deine Verbrennung hat sich entzündet und ich sage Doktor Sharma, dass er dir Antibiotika verschreiben soll, okay?«

      Mir fiel auf, wie sich sein Kiefer verkrampfte. Er war eindeutig sauer auf mich. Natürlich, niemand hörte gerne, dass eine wichtige Sache ihn nichts anging. Aber es war ja nicht so, als hätte ich eine Wahl.

      Nachdem ich seinen Verband gründlich kontrolliert hatte, verließ ich den Raum, um Dr. Sharma das Rezept ausstellen zu lassen.

      »Ein Freund von dir?«, fragte Dr. Sharma und grinste, während er auf seinem Rezeptblock herumkritzelte.

      »Nachbar. Oz ist in Xanders alte Hütte gezogen.«

      »Ah. Netter Junge. Was hat es denn mit ihm auf sich?«

      Ich zuckte mit den Schultern. »Er ist nur vorübergehend hier. Aus New York. Er ist Modedesigner, soweit ich weiß.«

      Dr. Sharma sah mich prüfend an, als er mir das Rezept reichte. »Du solltest ihn vielleicht ein bisschen im Auge behalten, Jake. Er hat auch ziemlich üble Hämatome an der Hüfte. Und einen tiefen Kratzer am Knöchel. Ich glaube, er ist es nicht gewohnt, in der Wildnis zu leben. Der Mann braucht eindeutig einen Beschützer.«

      »Ihm geht’s gut«, knurrte ich. »Und außerdem ist das nicht mein Problem.«

      Dr. Sharma grinste besserwisserisch. »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du da falsch liegst, Jake«, meinte er und lachte.

      Als ich ins Behandlungszimmer zurückkehrte, war Oz weg. Warum war er einfach gegangen, ohne sein Rezept mitzunehmen? Ich eilte zum Empfangsschalter, blieb aber abrupt stehen, als ich Oz’ Lachen hörte. »Ich habe dir ja gesagt, Farbe ist so etwas wie meine Muttersprache.«

      Das Lachen einer Frau erklang, dann hörte ich Nancy, die Rezeptionistin, sagen: »Vielleicht kannst du uns dann helfen. Doktor Sharma hat einen Innenarchitekten beauftragt, die Lobby zu verschönern. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich seine Ideen mag.«

      Ich ging einen Schritt um die Ecke, sodass ich einen besseren Blick hatte. Von hier aus konnte ich Oz sehen, der mit Nancy und Becky, Dr. Sharmas Krankenschwester, redete.

      Oz studierte eine Art Skizze, die Nancy ihm entgegenhielt. Er verzog kurz das Gesicht, setzte dann ein Lächeln auf und sagte: »Oh, ähm … also … nun ja, so könnte man es auch machen.«

      Becky schnaubte. »Raus mit der Sprache, Oz. Sag uns, was du denkst.«

      Oz wurde ein wenig rot. Mein Körper reagierte sofort darauf. »Ihr müsst bedenken, dass ich Modedesigner bin, nicht Innenarchitekt. Aber ich weiß, dass das Wartezimmer einer Klinik beruhigend wirken sollte. Diese Farben sind überhaupt nicht beruhigend. Ich meine, machen sie euch nicht auch irgendwie aggressiv? Außerdem … ein Behandlungszimmer sollte sicherlich nicht blutrot eingerichtet sein. Auch, wenn man dann vielleicht die Blutflecken besser verbergen kann.«

      Oz’ mangelndes Taktgefühl entlockte mir ein Lächeln. Er hatte eben eine starke Meinung dazu. Ich hatte ja schon miterlebt, wie wichtig ihm Farben waren. Ja, der Beweis dafür lag sogar noch immer auf meinem verdammten Sofa. Aus irgendeinem Grund hatte ich mein grünes Hemd noch immer nicht vom Kissen entfernt. Und auch die Decke lag noch auf meiner Couch.

      Die Damen begannen zu kichern und nickten synchron. »Das hat Becky auch gesagt«, meinte Nancy. »Es ist ein bisschen penetrant. Mir fällt kein besseres Wort ein.«

      »Hm«, machte Oz und legte den Kopf schief. »Ich frage mich, warum der Designer diese eckigen Bänke ausgewählt hat. Vielleicht weil sie leicht zu reinigen sind? Oder um Geld zu sparen? Sie sehen jedenfalls richtig unbequem aus. Wenn es trotzdem unbedingt diese Bänke sein müssen, würde ich Rückenlehnen an der Wand anbringen, damit die Leute sich wenigstens anlehnen können. Es gibt da wirklich gute Stoffe, die man auch leicht reinigen kann. Wenn die Polsterung alt oder fleckig wird, kann man die Überzüge einfach austauschen. Das geht ganz schnell mit Holzplatten und einem Tacker.«

      »Das hier ist der Bereich für Kinder«, fügte Nancy hinzu. »Ich stelle mir die ganze Zeit vor, wie die Kinder sich reihenweise den Kopf an den Kanten anschlagen.«

      »Dann solltet ihr eine andere Lösung finden. Kinder müssen sich in einem Arztwartezimmer gut aufgehoben fühlen und diese scharfen Kanten wirken nicht sonderlich beruhigend«, meinte Oz. Gedankenverloren studierte er die Skizze und ich konnte förmlich sehen, wie sich die Zahnräder in seinem Kopf drehten.

      Becky nickte. »Wie wäre es mit Sitzkissen auf dem Boden? Oder Sitzsäcken aus einem dazu passenden Stoff? Dann hätten sie es bequem und könnten gemütlich ein Video ansehen oder mit dem Spielzeug spielen, falls es mal länger dauert.«

      Oz nickte begeistert. »Ganz genau. Und wenn ihr hier einen hüfthohen Schrank hinstellt, könnte man dort das Spielzeug aufbewahren. Der Schrank würde die Bereiche visuell voneinander abgrenzen, aber die Eltern hätten ihre Kinder trotzdem noch im Auge.«

      Nancy sah ihn mit einem strahlenden Lächeln an. »Du bist brillant! Wenn wir nur dich für die Einrichtung engagiert hätten. Also, welche Farben würdest du nehmen?«

      Bevor Oz antworten konnte, bog Dr. Sharma um die Ecke und klopfte mir auf die Schulter. »Hast du Oz’ Behandlungsakte noch?«, fragte er. Seine Stimme war so laut, dass die Damen und Oz sich zu uns umdrehten. Oz versteifte sich, als er mich erblickte. Das Funkeln in seinen Augen, das gerade noch geleuchtet hatte, erlosch.

      »Ja, klar. Hier«, antwortete ich und reichte ihm die Akte, hielt das Rezept aber weiterhin fest. »Doc, Oz hatte ein paar großartige Ideen für die Umgestaltung der Lobby«, rief Nancy. »Und er findet auch, dass die Farben schrecklich sind.«

      »Ach ja?«, fragte Dr. Sharma interessiert und schritt an mir vorbei. »Welche Ideen denn?«

      Oz zögerte, bevor er antwortete. Als er es tat, wirkte er weniger enthusiastisch als