Wendungen des Schicksals: Körper & Seele. Sloane Kennedy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sloane Kennedy
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894254
Скачать книгу
ohne Begeisterung. Sein Lächeln war steif und gezwungen. Fuck. Was hatte ich da nur angerichtet?

      »Verdammt«, murmelte Dr. Sharma, studierte die Skizze und dann Oz. »Ihre Ideen gefallen mir viel besser, aber wir haben den Vertrag mit dem Innenarchitekten schon unterschrieben. Das Budget ist knapp bemessen, also können wir uns keinen zweiten Entwurf leisten.« Er musterte Oz eingehend. »Wir behandeln nicht nur die Bürger von Haven, sondern auch Patienten aus den umliegenden Orten. Manche von ihnen können sich keine Krankenversicherung leisten und die staatliche Unterstützung deckt nicht immer alles ab. Also haben wir leider keinen finanziellen Puffer.«

      »Sind Sie sich sicher, dass Sie schon einen Vertrag für die gesamte Umgestaltung unterschrieben haben?«, fragte Oz. »Bei Designern ist es oft so, dass man erst mal nur für den Entwurf zahlt. Wenn das der Fall ist, könnten Sie freiwillige Helfer für die tatsächliche Umgestaltung suchen. Ich könnte …« Oz unterbrach sich sofort, als sein Blick auf mich fiel. »Ich meine, die Leute helfen sicher gerne. Und ich könnte die Ideen, die ich erwähnt habe, gerne aufschreiben.« Oz senkte den Blick.

      Meine Brust zog sich zusammen, als ich verstand, was gerade passiert war. Er hatte seine Hilfe anbieten wollen. Und dann hatte er es doch nicht getan. Wegen mir. Weil ich mich ihm gegenüber wie ein Arschloch verhalten hatte. Und weil er nicht eine Sekunde länger als nötig in meiner Gegenwart verbringen wollte. Eigentlich hätte ich Erleichterung verspüren sollen. Tat ich aber nicht. Nicht einmal ein bisschen.

      »Wir werden uns wohl den Vertrag noch einmal ansehen müssen«, sagte Dr. Sharma.

      »Ich habe ihn hier«, sagte Nancy und eilte zum Empfangsschalter.

      »Ich werde dann mal das Labor anrufen. Wegen Mister Kellers Diagnose«, teilte Becky mit und machte sich von dannen.

      Nancy kehrte zurück und reichte dem Arzt eine Mappe. »Jake, würdest du vielleicht kurz einen Blick darauf werfen?«, fragte Dr. Sharma und hielt den Ordner hoch. »Du bist in solchem Zeug viel besser«, fügte er hinzu.

      Am liebsten hätte ich gelacht. Ich war so ahnungslos wie er, wenn es um diese Dinge ging. Aber ich zwang mich dazu, auf ihn zuzugehen und die Mappe zu nehmen. In diesem Moment fiel mir das Rezept wieder ein. Rasch reichte ich es Oz. »Dein Rezept. Gleich die Straße runter ist eine Apotheke. Polers heißt sie. Sie wird von einem Mann namens Gus geführt. Bei ihm bist du in guten Händen«, sagte ich leise. Ich hasste die Tatsache, dass Oz’ Lächeln nun völlig erloschen war. So, als hätte man eine Glühbirne ausgeknipst.

      »Danke«, erwiderte Oz steif und pickte das Stück Papier aus meinen Fingern, als würde er es vermeiden wollen, mich zu berühren.

      Irgendwie war ich dankbar dafür. Ich hatte schon jetzt mit meiner Erregung zu kämpfen. Erregung und nagende Schuldgefühle. Keine gute Kombination. Ich versuchte, mich auf den Vertrag zu konzentrieren, doch es war für mich wie Wortsalat. Laborergebnisse, Röntgenbilder, EEGs, damit kam ich zurecht. Aber Juristensprache … Mein Blick blieb an einigen Zeilen am Ende des Blattes hängen. »Ich befürchte, ihr habt diesen Innenarchitekten jetzt am Hals«, meinte ich. »Aber ganz sicher bin ich mir nicht«, fügte ich hinzu. Ich wollte Dr. Sharma die Mappe schon zurückgeben, als sich Oz zu Wort meldete.

      »Darf ich vielleicht mal kurz einen Blick darauf werfen?«

      Ich konnte an seinem Ausdruck erkennen, dass er verletzt war. Ich hatte nicht einmal daran gedacht, ihn zu fragen. Gott, ich war wirklich ein Arschloch. Ich reichte ihm die Unterlagen. Seine Augen flogen geradezu über die Seiten, während er das Dokument durchlas. In einer unsicheren Geste fuhr er sich durch das frisch geschnittene Haar, als würde er nach den fehlenden Strähnen suchen. Ab und zu fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Wahrscheinlich merkte er gar nicht, dass er das tat. Doch ich spürte, wie meine Hose eng wurden.

      »Kann ich mal die Designspezifikationen sehen?«, fragte Oz und sah auf. Dr. Sharma reichte ihm ein weiteres Dokument. Nach etwa einer Minute und weiterem Lippenlecken sagte Oz: »Okay, die guten Nachrichten sind: Der Vertrag ist tatsächlich nur für das Design. Sie sind nicht dazu verpflichtet, es tatsächlich umzusetzen. Das Merkwürdige ist aber: Hier steht, dass sie einen Entwurf anfertigen, der in Ihr Budget passt. Zwanzigtausend Dollar. Die Materialkosten werden sich allerdings eher auf vierzigtausend Dollar belaufen. Haben sie gesagt, warum sie den Budgetrahmen so sehr überzogen haben?«

      Dr. Sharma riss die Augen auf. »Im Ernst? Ich habe den Innenarchitekten doch extra beauftragt, damit ich mich nicht selbst mit der Rechnerei herumschlagen muss! Lassen Sie mich noch mal die Spezifikationen sehen.«

      Oz gab ihm die Unterlagen zurück. »Wenn Sie die Möbel schon bestellt haben, gibt es sicher trotzdem einen Weg, das Design nachträglich zu ändern. Statt limettengrünen Wänden würde ich ein kühles Grau vorschlagen. Ein paar Drucke mit Blumenmuster würden die Rot- und Orangetöne gut unterstreichen. Die sind nicht besonders teuer und wenn man sie geschmackvoll einrahmt, lässt es den Raum auf klassische Art elegant wirken. Vielleicht könnten Sie auch einige Spiegel rahmen lassen, um den Raum größer und heller aussehen zu lassen. Das Hauptproblem mit dem geplanten Design ist, dass es in zwei Jahren unmodern sein wird. Wenn Sie nicht bald wieder renovieren wollen, sollten Sie sich lieber für ein zeitloses Design entscheiden.«

      Dr. Sharma verzog das Gesicht, während er den Vertrag erneut studierte. Dann sah er Oz hoffnungsvoll an. »Oz, ich weiß, das ist eine riesige Bitte. Es wird sicher zeitaufwändig und ich weiß, dass Sie eine Menge Arbeit haben und nicht lange hier sind. Jake hat mir erzählt, dass Sie Modedesigner sind. Aber trotzdem … Könnten Sie uns vielleicht dabei helfen? Viel können wir nicht zahlen, aber …«

      »Oh, nein, Sie müssen nichts zahlen«, unterbrach Oz ihn. »Ich, äh …« Er hielt inne, als sein Blick auf mich fiel. Wieder stach es in meiner Brust, als mir klar wurde, dass er nur wegen mir zögerte. Ich konnte ganz deutlich spüren, dass er eigentlich ja sagen wollte.

      Mein Leben wäre so viel einfacher, wenn er nein sagen würde. Er musste einfach ablehnen. Aber als Oz den Blick senkte und wieder nach seinen fehlenden Locken griff, sagte ich etwas völlig anderes. »Wir könnten uns über deine Hilfe wirklich unglaublich glücklich schätzen, Oz«, sagte ich leise. Er sah überrascht auf und ich erwiderte seinen Blick, versuchte die richtigen Worte zu finden. »Also, wenn du Zeit hast, meine ich.«

      Er sah mich lange an. Ein Sturm der Emotionen tobte in seiner Miene. Unsicherheit. Nervosität. Enthusiasmus. Letztere Emotion konnte ich am besten nachvollziehen. Er war mit Leib und Seele Designer, so wie ich mit Leib und Seele Arzt war. Aber all die anderen Emotionen waren allein meine Schuld. Am liebsten hätte ich mich getreten als Strafe dafür, wie ich ihn behandelt hatte. Die Isolation und die Angst hatten aus mir eine Person gemacht, die ich selbst nicht mehr wiedererkannte. Mein altes Ich hätte nie jemanden so angeblafft, wie ich es bei Oz getan hatte. Eigentlich war es doch meine Aufgabe, Menschen zu heilen. Nicht, sie zu verletzen. Aber genau das hatte ich dem jungen Mann vor mir angetan. Ich hatte ihn verletzt. Obwohl er es nicht verdient hatte.

      Oz atmete tief durch. »Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie mich wollen?«, fragte er. Er hatte Dr. Sharma gefragt, aber dabei mich angesehen. Ich hörte gar nicht, wie Dr. Sharma Oz mit Dankesworten überschüttete, so beschäftigt war ich, mir meine eigene Antwort an Oz zu verkneifen.

      Ja, Oz. Ich will dich. Und das ist verdammt noch mal ein großes Problem.

      Kapitel 5

      Oz

      Was zur Hölle war gerade passiert? Und wer zur Hölle war dieser unsichere und zögerliche Oz, der ich in der Klinik gerade gewesen war? Ich wusste, dass ich gut war, wenn es um Design und Farben ging. Verdammt, nach all den Jahren des Modelns war ich mittlerweile auch ein Experte, wenn es um Verträge ging. Das geschah ganz automatisch, wenn man jahrelang von gierigen Agenten über den Tisch gezogen wurde. Aber gerade eben im Krankenhaus hatte ich so getan, als wüsste ich nichts darüber. Als ob ich solche Dinge gebildeteren Leuten überlassen müsste. Gebildeten Leuten wie Jake. Und das fraß mich nun innerlich auf. Ein passiver und zögerlicher Oz passte einfach nicht zu meiner Vorstellung von einem perfekten Leben. Ein gut aussehender und geheimnisvoller Mann passte allerdings sehr gut zu dieser Vorstellung. Am besten einer mit