Stalingrad - Die stillen Helden. Reinhold Busch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reinhold Busch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783990810422
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eingeteilt.

      Auch in Rußland bewährte sich dieser vorgeschobene H.V.P. erneut ausgezeichnet. Auch dort spielte das Transportproblem eine große Rolle. Die Entfernungen waren groß, die Wege bei Regen nur schwer passierbar, und zwischen Vorausabteilung und folgenden Truppen bestanden oft große Lücken.

      Das stand freilich im Gegensatz zu allen militärärztlichen Vorschriften jener Zeit. Diese Vorschriften besagten, daß Bauch-, Thorax- und Schädelverwundungen nicht auf dem Hauptverbandplatz, sondern erst im Feldlazarett versorgt werden dürften. Man war der Auffassung, ein operierter großer Höhlenschuß dürfte nach der operativen Versorgung nicht vor Ablauf von drei Wochen transportiert werden. Ein längerer Transport vor der operativen Versorgung wäre dagegen wesentlich weniger schädlich.

      Ich war dagegen der Ansicht, daß das Schicksal dieser Verwundeten durch den Zeitpunkt der frühen Versorgung entschieden würde. Nach der geltenden Vorschrift sollte der H.V.P. nicht näher als 25 km hinter der Front liegen, das Feldlazarett aber 250 km dahinter. In Rußland war das Feldlazarett oft noch weiter entfernt. Wenn die Verwundeten mit Schädel- oder Bauchschüssen im Feldlazarett ankamen, dann hatten sie fast alle eine Hirn- oder Bauchfellentzündung. Dann half auch die beste Operation meist nicht mehr! In jener Zeit kannten wir ja noch kein Penicillin.

      Wenn ich bei einem Verwundeten mit Bauchschuß nach kurzer Vorbereitung und Schockbekämpfung den Bauch öffnete, dann war häufig der Darm an mehreren Stellen durchschlagen und der Bauchraum – das Bauchfell – überschwemmt mit Darminhalt. Durch sofortiges Vorlagern der verletzten Darmschlingen, Abklemmen der blutenden Gefäße und Spülung des Bauchraumes mit warmer physiologischer Kochsalzlösung gelang es in den meisten Fällen, die tödliche Bauchfell-Entzündung zu vermeiden. In Ruhe konnte ich dann die Darmwunden verschließen oder zu sehr zerfetzte Darmschlingen resezieren. Dasselbe galt in ähnlicher Weise für die Schädel- und Brustschüsse.

      Eine wesentliche Voraussetzung für diese rasche Versorgung der Schwerverwundeten weit vorne war die Art des Krieges. Wir führten einen Bewegungskrieg nach vorne. Wenn nach einem harten Einsatz die Vorausabteilung weiter vorstieß, dann ließ ich die versorgten Bauch-, Thorax- und Schädelschüsse in einigen Bauernhäusern mit Sanitätern und Krankenkraftwagen mit der Maßgabe zurück, sie zu versorgen und zu betreuen, sie an die aufrückende Sanitätskompanie zu übergeben und selbst wieder aufzuschließen. Aber ich ließ auch schon frisch operierte Bauchschüsse nach drei oder vier Tagen – wenn es sein mußte – abtransportieren, ohne daß dies den Verwundeten durch den frühen Transport geschadet hätte.

      Auch wurden – im Gegensatz zu den Vorschriften – alle leichteren Verletzungen der Extremitäten, wenn Knochen und Blutgefäße nicht verletzt waren, sofort nach hinten weitertransportiert. Diesen Verwundeten konnte man vor der endgültigen Versorgung ohne Gefahr einen längeren Transport zumuten; dafür benötigte ich den Krankenkraftwagenzug. Da die Versorgung der Schwerverletzten meine ganze Zeit beanspruchte, hatte ich mit meinem zahlenmäßig begrenzten Personal für die Versorgung der Leichtverwundeten nicht die erforderliche Zeit.

       Mobile Operationswagen bei der Panzertruppe

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      Op-Wagen der 1. San.Kp. der 14. P.D.

      Die Leistungsfähigkeit der Op-Wagen beruhte vor allem auf der sofortigen Einsatzbereitschaft, die besonders im Bewegungskrieg erforderlich war, sowie auf der Möglichkeit, das Op-Fahrzeug möglichst nah an die Truppenverbandplätze heranzubringen, um auf diese Weise den Zeitraum bis zur ärztlichen Versorgung des Verwundeten zu verkürzen, andererseits für die Krankenkraftwagen den Rücktransport vom Truppenverbandplatz zum Hauptverbandplatz zu verkürzen und durch den hierdurch möglichen häufigeren Einsatz der Krankenkraftwagen die Überführung der Verwundeten zur Stätte der ersten chirurgischen Behandlung zu beschleunigen.“

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       Im Op-Wagen der 1. San.Kp. 160

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      Im Op-Wagen der 1. San.Kp. der 14. P.D.