Stalingrad - Die stillen Helden. Reinhold Busch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reinhold Busch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783990810422
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ergänzten die Kompanie. Die Führungsstaffel bestand aus dem Kompaniechef und allen Ärzten.

      Der 1. Zug der San.-Kompanie hatte als Krankenträgerzug die Aufgabe, Verwundete zu suchen, zu bergen, Notverbände anzulegen und für den Rücktransport zu sorgen. Der 2. Zug, der Hauptverbandplatz-Zug, richtete auf Befehl des beim Divisionsstab befindlichen Divisionsarztes (IVb) oder auch selbständig bei Bedarf einen H.V.P.-Platz ein. Hier war der wichtigste Platz für eine allgemeine Wundversorgung und der erste Ort, an dem eine vollständige, fachärztliche Hilfe geleistet wurde. Hauptaufgaben waren nach der entscheidenden Sichtung der Verwundeten, alle lebenserhaltenden Eingriffe durchzuführen und die weitere Transportfähigkeit herzustellen. Die durchschnittliche Operationszeit betrug bei einem Schwerverwundeten eine halbe bis eine Stunde. Bei nicht so großen Kampfhandlungen wurden auch Bauch-, Kopf- und Lungenschüsse erfolgreich operiert.

      Ein Feldlazarett, das entweder bespannt oder motorisiert sein konnte, zählte 50 bis 60 Angehörige.

       Dr. Friedrich Gross, Beratender Chirurg der 6.Armee

       Generalstabsarzt Dr. Otto Renoldi, Armeearzt 6

      Generalarzt Dr. Siegfried Müller, Korpsarzt des VIII. A.K.

       Die vorgeschobenen Verbandplätze

      Beim raschen Vormarsch, besonders bei den Panzertruppen, erwiesen sich die Sanitäts-Kompanien und Feldlazarette jedoch als zu langsam und waren nicht unmittelbar dort, wo Verwundete anfielen. Verschiedene Ärzte machten sich daher Gedanken, wie diesem Missstand abgeholfen werden konnte. Das Ergebnis dieser Überlegungen, das mehrere Ärzte für sich reklamierten, war ein vorgeschobener Hauptverbandplatz.

      Dr. Kohler: „Die Entstehung des vorgeschobenen Hauptverbandplatzes in unserer Division ist mir dabei besonders berichtenswert, weil dies richtungsweisend für die anderen Divisionen wurde. Ich sagte mir: Wenn die Spitze der Vorausabteilung Feindberührung bekäme und Verwundete anfielen, machte deren Versorgung große Schwierigkeiten. Selbst, wenn im Idealfall der ernstlich Verwundete vorne sofort von einem Sanka (Krankenkraftwagen) aufgenommen würde, dann brauchte er – bei der für den Sanka erreichbaren Geschwindigkeit – Stunden, um an dem marschierenden I.R. 92 vorbeizufahren, und träfe dann auf eine im Marsch befindliche Sanitätskompanie. Man würde dann den Verwundeten an das noch weiter hinten marschierende Feldlazarett verweisen. Damit wäre aber die erste, wichtigste Zeit für die chirurgische Versorgung des Verwundeten verstrichen und bei ernsteren Verletzungen sein Schicksal sehr fraglich, seine Überlebenschancen sehr gering.

       Dr. Ottmar Kohler, der berühmte „Arzt von Stalingrad“

      Ich schlug deshalb dem Kommandeur der Vorausabteilung vor, es müßte schon im Verband der Vorausabteilung eine einsatzfähige Chirurgengruppe mit einem Teil der Sanitätskompanie mitmarschieren. Bei an der Spitze der Vorausabteilung entstehenden Kampfhandlungen könnte diese kleine Sanitätsformation vorne in kürzester Zeit einen Hauptverbandplatz eröffnen und die schwerer Verwundeten sofort operativ versorgen. Das Schicksal der Schwerverwundeten hing weitgehend von der frühzeitigen chirurgischen Versorgung ab. Das galt sowohl für die schweren Extremitätenverletzungen mit Verletzung großer Gefäße und starker Blutung – eine Abschnürbinde sollte nicht länger als zwei Stunden liegen –, das galt aber ganz besonders für die Verletzung der großen Körperhöhlen: Thorax, Bauch, Schädel.

      Der Kommandeur der Vorausabteilung war von der Notwendigkeit einer solchen einsatzfähigen Chirurgengruppe bei der Vorausabteilung, die ich damals als ‚vorgeschobenen Hauptverbandplatz’ bezeichnete, bald überzeugt. Bei der nächsten Kommandeurbesprechung trug er diesen Plan dem General vor. Der Divisionsarzt widersprach heftig und verwies auf die bestehenden militärärztlichen Vorschriften.

      Bei den nun folgenden längeren Auseinandersetzungen beharrte der Kommandeur der Vorausabteilung auf diesem Plan und machte schließlich die Übernahme der Führung der Vorausabteilung davon abhängig, daß ihm dieser vorgeschobene Hauptverbandplatz als Gruppe zugeteilt würde. Darauf befahl der General, zu der Vorausabteilung eine einsatzfähige Chirurgengruppe zu stellen, da er sich selber schon bald von deren zukünftiger Notwendigkeit im Balkanfeldzug überzeugt hatte.

      Das war die Geburtsstunde des ‚vorgeschobenen Hauptverbandplatzes‘. Er wurde zunächst bei der 60. I.D. (mot.) als erster Division eingeführt. Da er sich beim Balkanfeldzug bewährt hatte, wurde er auch in Rußland beibehalten. Ich bekam also den Auftrag, eine solche Gruppe für die vordere chirurgische Versorgung zusammenzustellen. Dazu wählte ich einen Zug der Sanitätskompanie mit Mannschaften, Fahrzeugen und einem ganzen Satz Sanitätsmaterial, als Ärzte einen Chirurgen und einen Internisten – zusammen mit etwa 70 Mann – und einen Krankenkraftwagenzug. Diese Aufstellung wurde mir vom Chef der Sanitätskompanie nicht gerade erleichtert. Einmal, weil der Plan so ungewöhnlich neu war; aber auch dann, weil alles, was ich für den vorgeschobenen Hauptverbandplatz forderte, auf Kosten des späteren ordentlichen Hauptverbandplatzes ging. Aber es wurde dann trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten gut. Ich hatte nicht daran gezweifelt, daß ich als Chirurg diesem vorgeschobenen Hauptverbandplatz zugeteilt