Uriel. Tanya Carpenter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tanya Carpenter
Издательство: Bookwire
Серия: L. A. Vampires
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9789925331727
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zurück. »Sie glauben nicht wirklich, dass das noch möglich ist. Ich habe es Landon schon gesagt. Es ist längst alles vollbracht. Niemand wird sich für die Frauen interessieren, ein paar Nutten mehr oder weniger, was macht das schon? Deshalb hat er diesen Weg gewählt. Die Brut ist kurz davor.«

      Zornig presste Proud die Lippen aufeinander. Er musste an den Cherub denken, der versucht hatte, es zu verhindern. Aus gutem Grund.

      »Wer will diese Brut?«

      Whigfield hob die Augenbrauen, als könnte er kaum glauben, dass Proud diese Frage stellte. Der Arzt lächelte freudlos. Nur beiläufig registrierte Proud, dass die Wirkung seiner Manipulation nachließ. Whigfield war stärker als gedacht.

      »Haben Sie es immer noch nicht verstanden, McLean? Sie glauben, dass da zwei Fronten sind, doch in Wahrheit stehen sie nur einer gegenüber. Sie hat lediglich zwei Seiten. Sie können mich töten, aber das wird rein gar nichts ändern. Sagen Sie Samuel van Vaughn einen schönen Gruß. Er hat keine Ahnung, mit wem er sich angelegt hat.«

      Das reichte. Proud hatte genug gehört. Fauchend schlug er Whigfield abermals seine Fänge in den Hals und genoss das ängstliche Flattern seines Herzens, das seinen Hochmut Lügen strafte.

      Kapitel 3

      »Bist du dir sicher, dass er dieses Opfer wert war?«

      Katharina starrte nachdenklich ins Leere und ließ Pater Philipp mit ihrer Antwort warten. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Er sollte sie besser kennen. Sie hatte so lange gewartet. Es gab keine Zweifel.

      »Er ist der Richtige, Philipp«, sagte sie und blickte ihn sanft und zugleich traurig an. Sie wusste um die Konsequenz. Es blieb ihr noch ein wenig Zeit, doch was kam, war unaufhaltsam.

      »Aber ein Azrae … Wenn es ein Cherub gewesen wäre. Oder die Nephilim …«

      Sie schüttelte langsam den Kopf. »Es war immer klar, dass ich ihn einem Azrae geben würde. Auch wenn ich es dir nie gesagt habe.«

      Es war nicht zu übersehen, wie unglücklich er damit war. »Warum muss es gerade dieser sein? Ich habe in seine Augen gesehen. All diese Finsternis. Du bist verloren. Ganz egal, wie die Prophezeiung ausgeht.«

      Katharina fand es rührend, wie sich Philipp um sie sorgte. Völlig unbegründet, denn ihr Schicksal hing nicht davon ab, ob es ein Azrae, Grigori, Djin oder gar ein Uriel war, dem sie den Dolch freiwillig überließ. Als Hüterin durfte sie ihn einfach nicht aus freien Stücken geben. Das wusste sie und das wussten all die anderen, die sich derselben Sache verschrieben hatten wie sie.

      »Es ist seine Finsternis, die ihn befähigt. Nur sie kann stark genug sein.«

      Langsam drehte sie sich zu Pater Philipp um und legte ihre Hand an seine faltige Wange. Sein Blick war trüb geworden mit den Jahren. Er begleitete sie nun schon so lange. Sogar die Wunde an seinem Bein war ihre Schuld; sie würde niemals wieder heilen. Auch Menschen reagierten empfindlich auf eine Schattenklinge. Sie wäre tot und der Dolch verloren gewesen, wenn er ihr nicht zur Hilfe geeilt wäre. Somit verdankte der Azrae auch ihm den Besitz des Sonnensteindolches. Sie schloss die Augen, Schmerz huschte über ihr Gesicht, weshalb ihr geistlicher Freund hastig ihre Hand ergriff und sie sanft drückte.

      »Beginnt es etwa schon?« In seiner Stimme schwang Furcht.

      »Nein, keine Sorge«, antwortete sie beruhigend. Es ist nur die Schuld, die auf meinen Schultern lastet. Doch das konnte sie ihm nicht sagen. So viele verwirkte Leben. So viele Wunden an Leib und Seele von Unschuldigen. So viele Tote … An ihren Händen klebte Blut, und für einen Moment kamen auch ihr Zweifel, ob sie richtig gehandelt hatte. Dann aber lauschte sie tief in ihr Herz, und es füllte sich mit Wärme. Kein anderer wäre geeigneter gewesen. Niemand zuvor hatte ein solch reines Herz besessen, das strahlend aus dem Dunkel seiner gefallenen Seele leuchtete. Er würde kämpfen für diese Nephilim. Wenn nötig bis zum Tod. Sie wünschte ihm – ihnen beiden – dass es so weit nicht kommen musste. Dass sie nach all dem, was sie auf sich nehmen mussten, wenigstens die Chance auf ein bisschen gemeinsames Glück erhielten.

      »Es ist gut!«, versuchte sie, Phillips Bedenken zu mildern. »Ich habe den Richtigen erwählt. Er ist einer der Pfeiler. Er ist das Schwert.«

      Als Philipp sie verständnislos ansah, lachte Katharina leise. »Hast du es denn nicht bemerkt? Sie ist die Eine.« Ihr Blick wurde verträumt. »Was gäbe ich dafür, wenn ich sie einmal hätte berühren können. Auch so habe ich ihre Kraft gespürt. Sie ist der Kelch und er ihr Gefährte.«

      »Katharina, wovon redest du?« Philipp runzelte ratlos die Stirn. »Meinst du wie Jesus und Maria Magdalena? Findest du nicht, dass dies sehr weit hergeholt ist?«

      »Ist es das? Nun, zumindest eines ist gewiss. Sie ist bereits zum Kelch geworden.«

      Begreifen malte sich auf seinen Zügen ab. Er hielt den Atem an. Erst, als sie ihm die Hand auf die Schulter legte und mit einem zuversichtlichen Lächeln nickte, entspannte er sich. Nichtsdestotrotz zogen dunkle Wolken über sein Gesicht.

      »Was denkst du, wann sie kommen werden?«

      Er sprach von den Seraphim, was unter diesen Umständen naheliegend war. Hüter verstießen gegen die Regeln, wenn sie die Dolche hingaben. Das würden sich die Seraphim nicht lange mit ansehen. Und nun jenes Paar … und Beth’ Wandlung … Es gehörte gewiss nicht zu ihren Plänen. Philipp sorgte sich mehr um Katharina als um die beiden. Jetzt sicher mehr denn je, da sie ausgerechnet ihm ihren Dolch gegeben hatte, auch wenn er nach dieser Eröffnung zweifellos verstand, warum sie sich so sicher war.

      »In diesen Zeiten werden allerhand Regeln gebrochen«, versuchte sie ihren Freund zu beruhigen. Welche genau verschwieg sie ihm, doch dank des Wissen um sie rechnete Katharina schon bald mit der Ankunft der Seraphim. Vor allem die jüngsten Ereignisse würden es unabdingbar machen, dass sie ihren selbstgeschaffenen Thron verließen. Die Erschütterung musste bis ins Paradies hinein zu spüren gewesen sein. Die Träume der letzten Nächte waren alles andere als angenehm gewesen. Und das war erst der Anfang von dem, was ihnen bevorstand.

      »Wie lange noch?«

      »Ich weiß es nicht, Philipp«, antwortete Katharina wahrheitsgemäß. »Doch wenn es so weit ist, sollten wir vorbereitet sein. Der Erwählte wird sich ein letztes Mal beweisen müssen und sein Band zu der Einen bestätigen. Wir werden bald schon eine weite Reise unternehmen. Eine, von der so mancher nicht zurückkehren wird.«

      Sie schenkte ihm einen langen Blick, und er nickte stumm. Es stand außer Frage, dass er sie begleitete. Zu lange schon kämpften sie Seite an Seite. Es hatte ihn viel gekostet, sie hoffte, dass auch er irgendwann seinen Lohn dafür erhielt. Wenn die falsche Seite gewann, würde Katharina ihn mit sich in die Hölle reißen. Sie wusste nicht, ob sie mit dieser Schuld weiterleben könnte. Falls sie dann noch weiterleben würden. In jedem Fall wäre das fortdauernde Bewusstsein dieser Schuld weit schlimmer als jeder noch so qualvolle Tod. Das hatte sie nun nicht mehr zu entscheiden. Die Würfel waren gefallen.

      Müde stieg Proud die Stufen zur Villa hinauf. Das Haus lag still da. Offenbar war niemand mehr auf. Umso besser.

      Zielstrebig ging er in die Bibliothek. Was er jetzt brauchte, war ein Drink. Und ein wenig Bettlektüre. Die konnte zumindest nicht schaden. Er ließ die Hand einen Moment über dem Servierwagen mit dem Whisky kreisen, griff dann jedoch wahllos zu. Scheißegal was, Hauptsache es war stark und spülte den widerlichen Geschmack von Whigfield aus seinem Mund.

      »Wo bist du gewesen?« Kyles Stimme zerriss die Stille wie ein Messer.

      Proud verdrehte die Augen, während er sich den Drink einschenkte. Er fühlte sich erschöpft und ausgelaugt. Von Leilas Übergang. Vor allem aber von den neuen Geheimnissen, die er erfahren hatte und von der Manipulation dieses Arztes, die er noch immer bereute. Er hätte ihm das Herz rausreißen sollen. Warum zur Hölle hatte er es nicht getan? Er war viel zu weich geworden.

      Jedenfalls verspürte er gerade