Uriel. Tanya Carpenter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tanya Carpenter
Издательство: Bookwire
Серия: L. A. Vampires
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9789925331727
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Rahul den Kopf, wandte sich dann Veer zu, der geduldig wartete und in der Zwischenzeit einen Tee für Rahul aufbrühte. Dankbar nahm er ihn von seinem Freund entgegen. Schon der Duft der Kräuter wirkte beruhigend, sodass er sich albern vorkam, beim Betreten dieses Misstrauen verspürt zu haben. Ausgerechnet hier.

      »Sie ist eine Nephilim«, begann er leise und strich mit dem Zeigefinger liebevoll eine Strähne aus Zeydas Gesicht.

      Veer nickte. Sicher war ihm die Natur von Rahuls Begleiterin längst aufgefallen.

      »Ich habe es dir gesagt. Eines Tages wirst du ein Gefährte sein.«

      Rahul schluckte. Ja, davon hatte sein Freund stets gesprochen. Er wusste nicht, ob er nun glücklich damit sein sollte oder nicht.

      »Wir waren die ganze Nacht auf der Flucht. Die Grigori haben unsere Spur aufgenommen. Sie wollen sie töten.«

      »Euch beide«, vervollständigte Veer.

      Rahul zuckte mit den Achseln. »Ja, vermutlich. Irgend so ein Opferritual. Ich habe keine Ahnung von diesem Unsinn. Raj hat seinen Sohn Dev und drei seiner Brüder auf uns gehetzt. Einen von ihnen konnte ich töten. Die anderen werden erneut Jagd auf uns machen, sobald die Sonne wieder untergeht. Das steht sie keine weitere Nacht durch.« Er versank einen Moment im Anblick der rötlichen Flüssigkeit in seinem Becher. Dann hob er den Kopf und sah Veer flehend an. »Wir müssen hier weg. Weit weg, damit sie unsere Witterung verlieren. Ich muss sie irgendwie in Sicherheit bringen.«

      Bedächtig nickte der Alte und betrachtete Zeyda lange und eingehend. Erneut rieb er sich über das stoppelige Gesicht. »Mhm! Vielleicht gibt es einen Weg für euch. Da sind Gerüchte. Man hört aus allen Ländern davon. Die Nephilim kehren nach Hause zurück. Nach L.A.«

      Er betonte die Stadt beinah abfällig, was Rahul einen leisen Schauder über den Rücken jagte. War das nun gut oder schlecht?

      »Ich denke, ihr solltet dorthin gehen. Einige haben es bereits geschafft, und sie stehen unter dem Schutz des obersten Grigori.«

      »Einem Grigori?«, entfuhr es Rahul geschockt. »Das kannst du nicht ernst meinen. Das wäre ihr Tod.«

      Veer schüttelte den Kopf. »Nicht alle sind gleich, Rahul. Überall gibt es jene und solche. Er wird ihr nichts tun. Es ist den Nephilim bestimmt, an den Ort ihrer Geburt zurückzukehren, um ihr Schicksal zu erfüllen. Dennoch ist auch Los Angeles nicht frei von Gefahren. Eure Chancen sind jedoch dort besser als hier. Logan, der Herr der Cherubim, hat sein Domizil in der Stadt der Engel bezogen. Es heißt, die Eine sei dort, gemeinsam mit ihrem Gefährten.«

      Rahul schwirrte der Kopf. Was bedeutete das alles? Waren sie dort wirklich in Sicherheit? Oder liefen sie in Wahrheit einer noch größeren Gefahr in die Arme? Sein Instinkt flüsterte ihm zu, dass es so war.

      »Mit ihrem Erwachen ist es überall gefährlich. Die Prophezeiung hat begonnen. Niemand kann sie aufhalten. Hier wird dein Mädchen einen sinnlosen Tod sterben. Am anderen Ende der Welt …« Er ließ den Satz unbeendet, sein Gesicht war sorgenschwer. »Es ist eine Chance. Die einzige, die ihr habt. Ich sehe, was ich tun kann. Aber …«, der Alte hob warnend einen Zeigefinger, »… hüte dich vor den Uriel, die sich dort versammeln. Sie sind zuweilen gefährlicher als die Grigori. Vor allem am Ursprung der Nephilim. Auch unter ihnen gibt es die, die reinen Herzens sind, nur trügt der Schein auf den ersten Blick zuweilen. In der Stunde der Wiederkehr sind sie jedoch die einzigen mit genügend Macht, die Seraphim zurückzudrängen. Die Zeit ist nah. Ich habe es gesehen bei meiner letzten Reise.«

      Veer sprach von den Traumreisen, die er regelmäßig unternahm. Rahul wusste nie so recht, was er davon halten sollte, weil ihre vorgebliche Bedeutung allein von Veers Interpretationen abhing. Aber gab es eine Alternative? Im Moment wohl eher nicht.

      »Warte hier«, sagte Veer. »Leg dich eine Weile schlafen, Rahul. Jetzt, am Tag, seid ihr sicher. Wenn die Nacht kommt, sehen wir weiter.«

      Der Alte drückte ermutigend seine Schulter und trotz der Zweifel, die nicht schwinden wollten, spürte Rahul, wie seine Gedanken träge und seine Lider schwer wurden. Es musste etwas in dem Tee gewesen sein. Wenn er Veer nicht so bedingungslos vertrauen würde, könnte er fast denken … Der Rest der Gedanken verlor sich in schwarzem Nebel, während Rahul neben Zeyda auf den Diwan sank und in einen tiefen Schlaf fiel.

      Gut eine Stunde, nachdem Landon in Rauch aufgegangen war, stieg Whigfield in seinen Wagen und startete den Motor. Proud hatte es sich im Kofferraum bequem gemacht. Ein Wink des Schicksals, dass der Arzt seinen Dienstausweis auf dem Armaturenbrett hatte liegen lassen. So was durfte man einfach nicht ignorieren. Erst recht nicht, wenn eben dieser Ausweis besagte, dass der Kerl im St. Joshua Gardens arbeitete. Eine innere Stimme sagte Proud, dass das die Gelegenheit war, mehr über Beth’ Mutter herauszubekommen. Es war ein idiotischer Gedanke, dass er sie damit aus ihrem Tiefschlaf erwecken könnte, wenn er ihr die Wahrheit über Deborah Lornham erzählte. Aber auf einen Versuch kam es an. Beth hatte immer Zweifel gehabt, was die Sache mit ihrer Mutter anging. Vielleicht wurde es Zeit, ein paar Details herauszufinden.

      Nachdem der Wagen wieder gehalten hatte, wartete Proud, bis die Autotür geöffnet und wieder geschlossen wurde, zählte bis fünfzig und schob dann die Klappe des Hecks auf. Zu seiner großen Überraschung parkte der Wagen vor dem Sanatorium und nicht vor Whigfields Wohnung. Das war ja sogar noch besser als erhofft. Ihm verschlug es nur kurz die Sprache, als ihm das Schild vor dem Stellplatz ins Auge fiel. Walther Whigfield – Klinikleitung.

       »Na sieh einer an. Ein Schelm, wer Böses denkt.«

      Wenn einer Ungereimtheiten vertuschen konnte, dann wohl der Boss von so einer Institution.

      Proud gelang es, sich lautlos ins Gebäude zu schleichen. Whigfield hatte sich irgendwo in seinen heiligen Hallen verschanzt, die Patienten waren alle auf ihren Zimmern eingesperrt und die wenigen anwesenden Schwestern und Pfleger dösten in Ermangelung sinnvoller Aufgaben vor sich hin. So leicht hatte er es selten gehabt.

      Schon bei den letzten Besuchen hier hatte er sich heimlich umgesehen, daher fand er die Verwaltungsbüros relativ schnell.

      »Na, dann schauen wir mal, wie sicher eure Passwörter sind.«

      Er brauchte einige Anläufe. Nephilim. Höllenengel. Grigori. Garten_Eden. Okay, es waren nicht die einfallsreichsten Ideen, aber ein bisschen Spaß musste sein. Er war nun mal kein Hacker, sein Kontakt, der Swans Daten auf dem USB-Stick durchforstet hatte, war auf die Schnelle allerdings nicht zu erreichen. Proud war allerdings nicht bereit, das hier als Sackgasse zu akzeptieren.

      »Na gut. Dann klassisch.«

      Moderne Sicherheitssysteme forderten regelmäßig neue Kennworte. Kein Mensch konnte sich das behalten, wenn auch noch die entsprechenden Vorgaben erfolgten. Buchstaben, Zahlen, Sonderzeichen, groß, klein. Wer verlor da nicht den Überblick? Früher oder später machte sich jeder irgendwelche Notizen. Das war seine große Hoffnung, also suchte er alles ab, wozu er Zugang bekam. Unter dem Telefon wurde er schließlich fündig. Ein kleiner Aufkleber mit auf den ersten Blick sinnlosen Buchstabenreihen und fortlaufenden Ziffern. Nur zwei Minuten später hatte er Zugriff auf sämtliche Patientendaten der letzten zwanzig Jahre.

      … darunter eine sehr interessante Information über Deborah Lornham.

      »Was tun Sie hier? Sie sind keiner meiner Ärzte.«

      Die Stimme des Sanatoriumsleiters riss Proud aus seinen Gedanken. Den Ahnungslosen zu spielen, machte vermutlich wenig Sinn. Und noch weniger Spaß.

      Lässig drehte er sich auf dem Bürostuhl um und zuckte die Achseln. »Na so was, da haben Sie offenbar recht. Wissen Sie, ich habe durchaus drüber nachgedacht, aber ich finde Weiß so schrecklich deprimierend. Ist einfach nicht meine Farbe. Ich find meine Klamotten viel cooler, und sie unterstreichen meinen düsteren Charme.« Zufrieden strich er über sein schwarzes Outfit.

      Whigfield warf einen Blick nach draußen in den Flur, ehe er die Tür hinter sich schloss. »Noch einmal, was machen Sie hier? Antworten Sie, oder ich rufe