Von St. Stephan nach St. Marx. Gerhard Tötschinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Tötschinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783902998934
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haben, vom Pferd gestürzt sein, dann wurde er erschlagen oder durch einen Lanzenstich ins Auge getötet.

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       Stift Heiligenkreuz, Kapitelsaal, Hochgrab Friedrichs II. des Streitbaren

      Er hatte sich nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch im Inneren immer wieder Feinde gemacht. Zwar verstand er es, die Tradition seines Vaters und des Großvaters weiterführend, auch zu feiern, doch das war die Ausnahme.

      Friedrich II. bekam ein bis heute eindrucksvolles Hochgrab im Kapitelsaal von Stift Heiligenkreuz. Dieser Gründung seines heiliggesprochenen Ahnherrn Markgraf Leopold war er stets ein großzügiger Förderer gewesen.

      Franz Grillparzer hat sich in seinen Gedichten zu vielen Themen geäußert. Nennt man ihn einen allzu trockenen Poeten, so tut man ihm unrecht und weiß zu wenig. In der Liste seiner Lyrik finden sich Titel wie An meinen Schreibtisch oder Beim Tod einer Fliege. Den toten Herzog Friedrich hat Ulrich von Liechtenstein besungen, über den äußerst lebendigen Friedrich hat Grillparzer gedichtet:

      Ein Herzog war in Österreich

      Herr Friederich genannt.

      Dem tat so leicht es keiner gleich

      Im ganzen deutschen Land.

      Wenn er erschien, da ward ringsum,

      Soweit sein Fußtritt klang,

      Mit eins der lautste Prahler stumm

      Und auch der Kühnste bang.

      Doch kannte auch der Mägdlein Schar

      Des Starken Sporenklang,

      Und mancher, die fast trotzig war,

      Ward, wenn er nahte, bang.

      Auch der Minnesänger Neidhart von Reuental hat Friedrich II. in vielen Liedern auftreten lassen. Er preist ihn für seine Großzügigkeit – der Herzog hat ihm ein Haus »am Lengenbach« geschenkt. Diese Ortsangabe wird mit Neulengbach oder Altlengbach gedeutet. Neidhart war sehr produktiv – 132 Lieder sind erhalten, 55 davon mit der jeweiligen Melodie.

      Der letzte Babenberger war tot. Lange Jahre der Unsicherheit, der Unruhe folgten. 1250 starb auch der andere Friedrich II. und eine Epoche begann, die in die Geschichte als »die kaiserlose, die schreckliche« eingegangen ist. Der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein beschrieb, wie es weiterging:

      Gott muez sin pflegen, er ist nun tot,

      sich hob nach ihm viel groziu not

      zu Stire und ouch zu Oesterrich,

      da war maneger arm, der eher was rich.

      Fuer war ich ju daz sagen will,

      nach ihm geschah unbildes vil:

      man roubt die lande nacht und tac

      da von vil Dörfer wueste lag.

      Er war nicht verwandt mit dem österreichisch-böhmischen Geschlecht der Liechtensteiner. Seine Besitzungen lagen in der Steiermark, wo er zeitlebens (1200–1275) hohe Ämter innehatte. Er wusste also, wovon er sprach. Hat er sich sonst mit der Minne befasst, dem »Frauendienst«, so beklagt er hier die politischen Zustände. Mit »Stire« ist Steyr gemeint und damit das ganze Land, nun Oberösterreich. Die Stadt hatte eine glänzende Vergangenheit erlebt, das war mit Friedrichs Tod vorbei.

      Österreich, das Reichslehen, fiel zurück ans Reich. Hatte Kaiser Friedrich noch vor wenigen Jahren Wien seine Huld gewährt, jetzt konnte er nichts mehr gewähren, er steckte in zahlreichen Problemen im italienischen Teil seines Reichs. Die Schwester des verstorbenen Herzogs, der keine Erben und kein Testament hinterlassen hatte, Margarete, und seine Nichte hatten zwar durch die Bestimmungen des Privilegium minus Anspruch auf Babenbergs Länder, aber der Kaiser entschied anders. Friedrich II. schickte Statthalter – Graf Otto von Eberstein erschien 1247 in Wien, an das er keine gute Erinnerung haben konnte. Der Kaiser hatte ihn schon früher hierhergesandt, um den geächteten Babenberger Friedrich in die Schranken zu weisen – doch der Streitbare hat zweimal in der Schlacht gesiegt.

      Auch diesmal hatte Otto von Eberstein keinen Erfolg in Wien, er erkannte, dass eine provisorische Regierung keine Zukunft haben konnte, und gab auf. Der Kaiser sandte den nächsten Statthalter, Otto von Bayern. Neuerlich hatte er keine glückliche Wahl getroffen. Denn die Treue des Bayern zum Kaiser, den der Papst mit dem Bann gestraft hatte, führte zum gleichen Schicksal für den neuen Statthalter.

      Den Österreichern reichte es. 1251 wählten die Stände den kaum 20 Jahre alten Sohn des Königs von Böhmen zum Herzog, Ottokar Přemysl. Diese Wahl erwies sich binnen kurzer Zeit als glückliche. Der Jüngling kam in Wien mit dem Rang eines Markgrafen von Mähren an, wurde von den Ständen zum Herzog ernannt und heiratete 1252 die tatsächliche Erbin Margarete, des Streitbaren Schwester. Ottokar war 20, Margarete 48 Jahre alt.

      Der Böhme wurde trotz seiner Jugend von den Wienern geachtet, er zeigte sich umsichtig und hilfsbereit. Als Wien 1276, nach 1258 und 1262, erneut brannte, traf er rasch Maßnahmen. Er sorgte für Holz, das damals wichtigste Baumaterial, und den Wiederaufbau der Stephanskirche. Und er begann mit dem Ausbau der Neuen Burg, deren Grundstein schon Leopold VI. gelegt hatte. 1257 wurde das Bürgerspital vor dem Kärntnertor gegründet, keine Krankenanstalt im heutigen Sinne, sondern ein Versorgungsheim. 1267 errichtete man das Siechenheim »Zum Klagbaum« auf der Wieden, zur Pflege Aussätziger.

      Die oberen Zehntausend hatte der Böhme auf seiner Seite, darunter den wichtigsten Bürger Wiens, Paltram vor dem Freithofe. Dieser war nicht nur außerordentlich reich, er war auch im Besitz wichtiger Ämter – als Richter, was dem Bürgermeister entsprach, als Amtmann. Und er war als Kaufmann erfolgreich, er belieferte Ottokars Heer mit Lebensmitteln. Hier sei er besonders erwähnt, weil von ihm nicht nur Kenner der Wiener Geschichte wissen, sondern auch Theaterfreunde – er tritt bei Grillparzer auf, in König Ottokars Glück und Ende. Aber dazu wollen wir später kommen, wenn wir bei Rudolf I. anlangen.

      Ebenso wie um das Wohl seiner Bürger kümmerte sich Ottokar Přemysl auch um sein eigenes und die Erweiterung seiner Macht. Dafür zog er immer wieder in den Krieg, 1254 nach Polen, 1260 gegen die Ungarn.

      Im Frieden von Ofen war 1254 ein Großteil der Steiermark an Ungarn gefallen. Der steirische Adel stand hinter dieser Entscheidung, dem Böhmen Ottokar war man bis zu seinem Ende kein Freund. Damit verlor Steyr seinen Rang als Herzogssitz und war auch von der Einnahmequelle Erzberg abgeschnitten. Auf diesen Kummer seines Heimatlandes bezog sich Ulrich von Liechtensteins Erwähnung von »Stire«. Doch mit Ottokars Sieg 1260 ging die Steiermark den Ungarn wieder verloren – die Stadt Steyr aber blieb beim Land ob der Enns.

      Der Machtbesessene strebte weiter und weiter – mit allen Mitteln. Seine Ehefrau Margarete hatte die Basis seines Anspruchs auf die Babenberger-Lande geliefert. Nun hatte Ottokar andere Präferenzen. Der gerade geschlossene Friede mit Ungarn sollte gesichert werden. Er ließ sich von Margarete scheiden und heiratete König Bélas Enkelin Kunigunde. 1267 brach Ottokar in den Kampf nach Litauen auf. 1269 erbte er Kärnten und die Krain, zum heftigen Unwillen des heimischen Adels.

      1273 war es so weit: Die vielen Feinde, die Ottokar Přemysl sich in den eigenen Ländern und unter den weltlichen und geistlichen Fürsten des Reichs gemacht hatte, sahen ihre Stunde gekommen. Die langen Jahre der Unruhe sollten ein Ende haben. Man setzte für den Herbst 1273 einen neuen Termin für die Wahl eines römisch-deutschen Königs an. Die sechs anwesenden Kurfürsten trafen eine ungewöhnliche Entscheidung – sie berücksichtigten nicht das Wahlrecht Ottokars, des siebten Kurfürsten, der durch den Herzog von Niederbayern Heinrich XIII. ersetzt wurde. Die Macht des Böhmen war so stark gewachsen, dass sie den Nachbarn unheimlich geworden war: Ottokar Přemysls Herrschaft reichte vom Norden Böhmens bis an die Adria.

      Der König von Böhmen erschien nicht in Frankfurt, vermutlich war er sich seiner Königswahl so sicher. Doch es kam anders. Am 1. Oktober 1273 wurde der aus dem Südwesten des Reichs kommende Graf Rudolf von Habsburg gewählt.

      Ottokar war aufs Äußerste getroffen. Er wollte die Wahl nicht anerkennen, doch es kam noch schlimmer. Der neue