Von St. Stephan nach St. Marx. Gerhard Tötschinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Tötschinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783902998934
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Adeligen sahen ihre Stunde gekommen.

      Ab 1276 wurde Krieg gegen Ottokar geführt. Rudolf von Habsburg marschierte mit dem Reichsheer entlang und per Schiff auf der Donau bis Wien – dessen Tore für ihn verschlossen blieben. Den Wienern war die gute Erfahrung mit dem Böhmen lieber als die unsichere Zukunft mit dem Süddeutschen, dem »Schwaben«, wie man ihn hier bald nannte. Der mächtige Paltram leitete erfolgreich die Verteidigung. Sie hielten einige Monate lang durch, dann gaben sie auf. Die Lebensmittel waren knapp geworden, es gab keine Aussicht auf Entsatz – durch wen auch? – und damit keine Zukunft.

      Am 21. Oktober 1276 wurde Frieden geschlossen. Ottokar musste klein beigeben. Die Wiener aber waren bereit, auch weiterhin zu ihm zu stehen. Obwohl Rudolf mit seiner Ritterschar in die Stadt eingezogen war, kam sie nicht zur Ruhe. Paltram blieb aufseiten des böhmischen, nicht des römischen Königs, ja, er bereitete einen Aufstand vor.

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       Franz Grillparzer: König Ottokars Glück und Ende. Aufführung anlässlich der Wiedereröffnung des Burgtheaters am 15. Oktober 1955, mit Attila Hörbiger (Rudolf von Habsburg) und Ewald Balser (Ottokar Přemysl)

      Davon ahnte der Habsburger nichts. Er setzte den 25. November 1276 für die Kapitulation seines hartnäckigen Gegners an. Sie sollte öffentlich stattfinden. Ottokar erschien – würdevoll, reich gewandet, mit großem Gefolge. Und er traf auf einen Mann, der in einfacher Kleidung auf einem Holzschemel saß. Und von dem sollte er sich nun belehnen lassen, ihm sollte er huldigen … Natürlich war das eine gezielte Beleidigung, eine Demütigung vor aller Augen. Mit gebeugtem Knie musste Ottokar den Lehensakt ertragen. Diese Geste, der Empfang des Lehens auf Knien, fand zum ersten Mal in der Geschichte statt. Danach war die Reichsacht aufgehoben, man machte Hochzeitspläne, die den jungen Frieden zwischen Přemysliden und Habsburgern festigen sollten. Aber es kam nicht dazu.

      Rudolf war um Eintracht mit den widerspenstigen Wienern bemüht. Er bestätigte alte Privilegien, gab der Stadt die verlorene Reichsunmittelbarkeit zurück. Das machte offenbar den gewünschten Eindruck. Der immer noch obstinate Paltram hatte nun mit seinem lang vorbereiteten Aufstand keinen Erfolg, man unterstützte ihn nicht, er musste aus der Stadt flüchten.

      Derartige Verbündete hatte Ottokar nach wie vor, trotz des Lehensaktes gab er nicht auf. Weil die Details zu weit von Wien wegführen, greifen wir zur Kurzform: Der römische König und der gedemütigte Böhme bereiteten wieder einen Krieg vor, sammelten Mitstreiter. Rudolf vertraute auf die habsburgische Hausmacht und hatte im König von Ungarn einen starken Verbündeten, rund 30 000 Mann warteten vier Tage lang auf den Gegner im Marchfeld, vor Wiens Toren. Ottokar trat mit einem ungefähr ebenso großen Heer zur Schlacht an – am 26. August 1278 bei Dürnkrut und Jedenspeigen.

      Beinahe wäre der Kampf für den Habsburger tödlich ausgegangen, er war von seinem verwundeten Pferd gestürzt und wurde im letzten Moment von Heinrich von Ramschwag, einem Ritter aus dem Thurgau, einem engeren Landsmann also, gerettet.

      Die Schlacht hätte Rudolf nicht gewonnen, hätte er nicht die leichten, wendigen ungarischen Reiter, Kumanen – und eine aus einem Versteck brechende Reserve einsetzen können.

      Ottokar blieb auf dem Schlachtfeld. Er wurde ein Opfer seiner österreichischen Feinde, die nun an ihm Rache genommen hatten. Und so begann nun eine neue Epoche, die 640 Jahre dauern sollte.

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