Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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hier im Haus ein Spiel ausleihen. ›Mensch-ärgere-dich-nicht!‹, oder ein anderes. Habt ihr net Lust?«

      Lisa nickte begeistert. Die Aussicht jetzt schon schlafen zu gehen, behagte ihr sowieso nicht. Viel lieber wär sie noch mit den beiden Burschen zusammen.

      Ganz besonders mit Florian...

      Allerdings fiel ihr auch auf, daß Sepp sie immer wieder verstohlen betrachtete, wenn er glaubte, sie bemerkte es nicht. Insgeheim verglich sie die beiden Freunde miteinander. Sepp war ihr gewiß nicht unsympathisch, aber wenn sie hätte wählen können...?

      Aber du kannst wählen, sagte eine Stimme in ihr, während sie Florian ansah, der ihr gegenüber saß.

      Unsinn, widersprach sie stumm. Es gibt überhaupt keine Anzeichen, daß er irgendein Interesse an mir hat. Natürlich, er unterhielt sich, und scherzte mit ihr, aber eben so, wie man es mit einer zufälligen Reisebekanntschaft tat. Sollte sie daraus ableiten, er habe sich in sie verguckt?

      Innerlich schüttelte sie den Kopf, und insgeheim hatte sie den Verdacht, daß Florian verbandelt war. Immer wieder hatte er nachdenklich vor sich hingestarrt, wirkte abwesend, als denke er intensiv an jemanden.

      Und das konnte doch nur ein Madel sein, nach dem er sich sehnte.

      Wer weiß, überlegte Lisa, vielleicht hätte er sie gerne mitgenommen, und es war aus irgendwelchen Gründen nicht möglich gewesen...

      Ganz sicher war das auch die Erklärung, warum Florian während des Essens mehrfach aufgestanden, und hinaus gegangen war. Es dauerte jeweils einige Minuten, bis er zurückkehrte, und dabei hatte er einen ganz eigenartigen Gesichtsausdruck. Vermutlich hatte er versucht, mit seiner Freundin zu telefonieren.

      Der Vorschlag des Burschen wurde angenommen, und tatsächlich gab es die Möglichkeit ein Gesellschaftsspiel auszuleihen.

      Andere der Reisegruppe taten es ihnen nach, und so saßen schließlich ein paar Grüppchen im Clubraum und ließen den Abend bei Halma und Mensch-ärgere-dich-nicht! gemütlich ausklingen.

      Als Lisa später in ihrem Bett lag, da waren ihre Gedanken bei dem jungen Mann, der ein paar Türen entfernt von ihr schlief.

      Es war ein herrliches Gefühl, verliebt zu sein! Aber es tat auch ein bissel weh, wenn man wußte, daß diese Liebe keine Erfüllung finden würde...

      *

      »Mensch, ich kann mich gar net mehr erinnern, wann ich das letzte Mal so früh aufgestanden bin«, stöhnte Sepp Villinger, als die Reisegesellschaft beim Frühstück saß.

      »Das glaub’ ich«, gab Florian trocken zurück. »Meistens gehst’ ja erst um diese Zeit ins Bett...«

      »Also, ich hab’ kein Problem«, meinte Lisa. »Ich bin frühes Aufstehen gewöhnt.«

      Sie sah auf die Uhr.

      »Na ja, allerdings dreh’ ich mich um diese Zeit noch mal auf die and’re Seite«, gab sie zu.

      Das Frühstück im Löwen fand allgemeinen Anklang. Im Gegensatz zu anderen Hotels wurde auch für eine größere Gruppe individuell serviert und auf die Wünsche der Gäste eingegangen. Irma Reisinger, Sepps Frau und ausgezeichnete Köchin, legte Wert darauf, daß die Leute, die in ihrem Haus übernachteten, nicht nur gut schliefen, sondern auch gleich nach dem Aufstehen verwöhnt wurden. Ein Frühstücksbüffet paßte da nach ihrer Auffassung ganz und gar nicht. Und trotz der frühen Stunde war die junge Saaltochter, die umsichtig servierte und Wünsche nach Tee, Kaffee oder heißer Milch erfüllte, gutgelaunt und hatte für jeden ein freundliches Lächeln auf den Lippen.

      Auf einem Extratisch standen die Vesperpäckchen bereit. Jeder Gast bekam außerdem eine Flasche Wasser oder kalten Tee, ganz wie er wollte. Um fünf Uhr versammelten sich die Wanderer draußen vor dem Hotel.

      »Ist ja noch dunkel«, stellte Sepp Villinger fest. »Hoffentlich verlaufen wir uns net.«

      »Da kann ich Sie beruhigen, meine Herrschaften«, ließ sich eine Stimme vernehmen. »Die Sonne geht gleich auf, und unterwegs kenn’ ich mich aus. Guten Morgen zusammen. Ich hoff’, Sie haben die erste Nacht in Sankt Johann auch gut geschlafen und sind unternehmungslustig, auch wenn’s für manche Leut’ noch nachtschlafende Zeit ist.«

      Neugierig schauten sie sich nach dem Sprecher um. Vor ihnen stand ein schlanker, sportlich gebauter Mann. Er hatte ein markantes, von der Sonne gebräuntes Gesicht, auf dem Kopf trug er einen Hut. Irgendwie hatte er etwas von einem Prominenten aus Film und Fernsehen an sich.

      »Ach, Sie sind der Herr Vinger?« fragte einer der Teilnehmer.

      »Nein«, erwiderte der andere. »Der Herr Vinger fällt leider wegen Krankheit aus, und ich bin kurzfristig eingesprungen. Ich darf mich Ihnen erst einmal vorstellen: Mein Name ist Sebastian Trenker, und wenn alle beisammen sind, würd’ ich vorschlagen, daß wir losmarschieren. Unterwegs zeig’ und erklär’ ich Ihnen, was es alles zu seh’n gibt, und für die Fotografen unter Ihnen weiß ich ein paar lohnende Motive.«

      In diesem Moment kam Sepp Reisinger aus der Tür.

      »Ach, Hochwürden, da sind’s ja. Dank’ schön, noch mal, daß Sie die Führung übernehmen.«

      Ein Raunen ging durch die Reisegesellschaft. Es war unübersehbar, daß die Teilnehmer der Wanderung verblüfft waren.

      Dieser Mann war Geistlicher?

      Sebastian indes schmunzelte nur. Er wußte, was in den Leuten vorging. Einen Pfarrer hatten sie sich ganz anders vorgestellt.

      »Sie seh’n, oft trügt der Schein«, sagte er, während er dem Gastwirt die Hand drückte. »Aber lassen S’ sich net irritieren, jetzt bin ich Ihr Bergführer und erst in zweiter Linie Seelsorger.«

      »Hättet ihr das gedacht?« fragte Lisa Florian und Sepp, die neben ihr gingen.

      Die beiden schüttelten die Köpfe.

      »Scheint mir aber ein sehr interessanter Mann zu sein«, äußerte Florian sich. »Jedenfalls könnt’ ich mir vorstellen, daß es ganz toll sein muß, wenn der die Messe liest. Bestimmt ist er net so verknöchert, wie viele seiner Amtskollegen.«

      Der Bergpfarrer hatte die Gruppe aus dem Dorf herausgeführt. Unterwegs blieb er immer wieder mal stehen und erzählte etwas über die Gegend, in der sie sich gerade befanden. Dabei hingen die Zuhörer an seinen Lippen. Die Art, wie dieser Mann ihnen die Schönheiten seiner Heimat erklärte, riß sie förmlich mit.

      Nach zwei Stunden legten sie die erste Rast ein. Zwar waren die Teilnehmer gut zu Fuß, aber sie merkten auch schnell, daß es etwas anderes war, eine Wanderung in den Bergen zu machen, als einen längeren Spaziergang. Deshalb waren sie für die Pause ganz dankbar.

      Sebastian hatte für das Frühstück einen Platz ausgewählt, von dem sie einen herrlichen Blick hinunter in das Tal hatten. Die Sonne war inzwischen ganz aufgegangen, und so mancher entledigte sich schon seines Anoraks.

      »Herrlich, so eine Brotzeit im Freien«, schwärmte Lisa.

      Florian und Sepp stimmten ihr zu. Sie ließen sich die Brote schmecken, und Sepp hatte seinen Fotoapparat ausgepackt und knipste reichlich.

      »Wenn S’ ein besonders schönes Motiv suchen, dann sollten S’ mal hinüber schau’n«, sagte Sebastian zu ihm.

      Sie gingen ein Stück über die Almwiese und der Geistliche deutete auf das atemberaubende Panorama, das die Zwillingsgipfel ›Himmelsspitz‹ und ›Wintermaid‹ boten, deren Spitzen das ganze Jahr über unter einer Schneeschicht lagen.

      »Wie ist’s eigentlich so, als Verkäuferin?« erkundigte sich derweil Florian bei Lisa.

      »Ach, was soll ich da sagen? Ich arbeite in einem Geschäft für Herrenmoden. Eigentlich ist’s ganz schön, aber auch anstrengend. Wir haben net nur viel Kundschaft aus Regensburg, auch aus den umliegenden Ortschaften kommen die Leut’ zu uns.«

      »Hast’ dir denn da so einfach freinehm’n können?«

      »Zum