Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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neben ihn, der Bauer rückte augenfällig ein Stück zur Seite.

      Diese Geste irritierte sie. Verwundert sah sie ihn an und bemerkte, daß sich seine Miene versteinert hatte.

      »Was ist los, Andreas?« fragte sie. »Freust’ dich gar net?«

      Es dauerte einen Moment, bevor er antwortete.

      »Ich frag’ mich, was dein Besuch zu bedeuten hat?«

      Natürlich, dachte sie, er ist verärgert. Über ein halbes Jahr haben wir nichts voneinander gehört, und dann steh’ ich plötzlich vor ihm, als wär’ nix gescheh’n. Aber er hat in all der Zeit ja auch nix mehr von sich hören lassen, und nun bin ich ja endlich da, um mit ihm über alles zu reden. Resl konnte sich doch net so geirrt haben, als sie ihr erzählte, Andreas habe sie immer noch net vergessen.

      Doch Andreas schüttelte den Kopf.

      »Nein, ich bin net bös«, sagte er. »Schließlich ist’s net allein deine Schuld, daß es mit uns auseinander gegangen ist. Aber wieso hast mir gestern abend erzählt, der Mann, mit dem du hier bist, wär’ nur ein Bekannter? Ein Kollege und guter Freund?«

      Sie sah ihn bestürzt an.

      »Weil’s wahr ist«, sagte sie.

      Der Blick, mit dem er sie ansah, schien sie durchbohren zu wollen.

      »Warum lügst du, Daniela?« wollte er wissen. »Bereitet’s dir solch einen Spaß, mich leiden zu seh’n? Ja, ich liebe dich noch immer, und gestern abend, da hätt’ ich dich am liebsten festgehalten und nimmer mehr losgelassen. Doch dann mußte ich erfahren, daß der Mann dein Verlobter ist, daß ihr heiraten wollt, hier in der Kirch’. Sogar Hochwürden weiß es schon.

      Warum, Daniela, warum tust du so was?«

      Sie rang die Hände, suchte nach Worten.

      »Aber… so ist’s net!« beteuerte sie. »Andreas, Anderl, Liebster, glaub’ mir doch!

      Den Tränen schon nahe, brachte sie kein Wort mehr heraus. Der junge Bauer war indes aufgesprungen, er deutete auf ihren Wagen.

      »Geh’, Daniela. Laß mir meine Ruh’«, forderte er sie auf. »Es ist schlimm genug, daß ich net von dir loskomm’. Seit ich dich das erste Mal geküßt hab’, weiß ich, daß es keine and’re Frau in meinem Leben geben wird.«

      Er zuckte die Schulter, sein Mund hatte sich zu einem bitteren Lächeln verzogen.

      »Ja, ich liebe dich. Ich bin ein Gefangener dieser Liebe und werd’ wohl nie davon loskommen. Aber verhöhnen, verhöhnen laß ich mich net.«

      Damit wandte er sich um. Im selben Augenblick fuhr ein weiteres Auto auf den Hof. Andreas sah Pfarrer Trenker und den Mann aussteigen, der sich als Danielas Verlobter bezeichnete.

      »Da kommt er, der Mann, dem du die Ehe versprochen hast.«

      »Auf ein Wort, Andreas«, warf Sebastian ein, der den Satz gehört hatte. »Der Herr Rendel möchte dir was sagen.«

      Der Lehrer machte eine betretene Miene. Er hielt den Kopf gesenkt, Daniela anzusehen, wagte er nicht.

      »Tja, also, Herr Waldner, was ich sagen wollt’…«, begann er stockend. »Also, es ist kein Wort von dem wahr, was ich Ihnen gestern abend erzählt hab’. Daniela und ich sind net verlobt und haben auch net die Absicht, zu heiraten.«

      Erst jetzt blickte er auf die Lehrerin.

      »Es…, es tut mir leid«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich hoff’, du kannst mir noch mal verzeih’n…«

      Sie nickte stumm, dann griff sie nach Andreas’ Hand. Der wußte überhaupt nicht, was er sagen sollte.

      »Jetzt mußt’ mir auch verzeih’n«, brachte er endlich heraus. »Ich hab’ mich wohl wie ein Dummkopf benommen.«

      »Ja, das hast du«, lachte Daniela erleichtert auf. »Aber ich liebe dich trotzdem.«

      Endlich riß er sie in seine Arme und seine Küsse bedeckten ihr Gesicht. Lange blieben sie so stehen, selig, sich wiedergefunden zu haben.

      Dann sah er sie an, und ihrer beider Augen schimmerten feucht, als er sagte: »Willkommen zu Hause.«

Stunden der Glückseligkeit

      »Na, Doktor, wie schaut’s aus?« fragte Sebastian Trenker, während er sich das Hemd zuknöpfte.

      Toni Wiesinger saß inzwischen wieder an seinem Tisch und schrieb ein paar Notizen auf das Patientenblatt. Auf die Frage des Bergpfarrers hob er den Kopf und runzelte die Stirn.

      »Schlecht, fürcht’ ich, Hochwürden«, antwortete er mit einem verschmitzten Lächeln. »Bei Ihnen ist für mich einfach nix zu verdienen.«

      Der Geistliche lächelte ebenfalls. Er hatte keine andere Antwort erwartet. Der Besuch beim Arzt gehörte für ihn ebenso zu einer gesunden Lebensführung, wie eine vernünftigte Ernährung und ausreichende Bewegung. Daß er an diesem Morgen in die Praxis Dr. Wiesingers gekommen war, lag ganz einfach daran, daß Sebastian Trenker diesen Termin viermal im Jahr, als reine Vorsorgeuntersuchung wahrnahm.

      »Sie sind kerngesund«, konstatierte der Dorfarzt, als der Pfarrer Platz genommen hatte. »Aber das haben S’ natürlich selbst schon gewußt.«

      Die beiden Männer unterhielten sich noch einen Moment. Seit der sympathische Toni Wiesinger die Praxis des verstorbenen Dorf-arztes übernommen hatte, waren sie sich auch freundschaftlich verbunden. Sebastian hatte es sich angelegen sein lassen, den ›Neuen‹, ein wenig unter seine Fittiche zu nehmen, denn ganz zu Beginn hatte Toni wahrlich keinen leichten Stand bei den Dörflern. Sie waren der Meinung, daß jemand, der so jung war, kein richtiger Doktor sein könne. Einen nicht unwesentlichen Anteil an dieser Behauptung hatte Maria Erbling, die gefürchtete Klatschtante von St. Johann. Die Witwe des ehemaligen Poststellenleiters brachte mit ihrer spitzen Zunge immer wieder Gerüchte in Umlauf, die meistens jeglicher Grundlage entbehrten. In einem Fall hatte sie es sogar geschafft, daß ein zufällig in St. Johann weilender Kollege den jungen Dr. Wiesinger vor das Standesgericht zitierte, weil Maria behauptete, Toni habe sie mit obskuren Heilmitteln behandelt.

      Pfarrer Trenker war es zu verdanken, daß diese ungeheuerliche Behauptung entkräftet, und Toni Wiesinger freigesprochen wurde. Der Geistliche konnte nachweisen, daß nicht der Arzt, sondern der Brandhuber-Loisl, der Witwe die Salbe verkauft hatte.

      Der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann war auch der zweite Grund, warum Dr. Wiesinger darum kämpfen mußte, von den Dörflern akzeptiert zu werden. Loisl, der am Rand des Dorfes in einer heruntergekommenen Hütte hauste, verkaufte ihnen immer wieder seine selbstgebrauten Tinkturen, Kräutertees und merkwürdige Salben, die angeblich gegen allerlei Gebrechen halfen. Natürlich sah er in dem Arzt einen unliebsamen Konkurrenten, der ihm das Geschäft verdarb. Zusammen mit Maria Erbling wetterte er gegen Toni bei den Dörflern, bis es Sebastian endlich gelang, dem ein Ende zu machen.

      Dennoch – das Geschäft blühte im Verborgenen! Immer wieder gelang es dem Brandhuber, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, und eine seiner besten Kundinnen war Maria Erbling. Trotz der Erfahrung, die sie inzwischen gemacht hatte, hielt sie dem Alten die Treue – hin und wieder ein Täßchen Kräutertee wirkte Wunder, davon war sie immer noch überzeugt.

      Auch wenn sie inzwischen regelmäßig zur Untersuchung in die Arztpraxis kam...

      Sebastian traf sie, als er gerade hinausging. Maria kam die Treppe herauf, und der Geistliche hielt ihr die Tür auf.

      »Grüß Gott, Frau Erbling«, sagte er freundlich. »Wie geht’s denn immer?«

      Die Frau machte ein säuerliches Gesicht.

      »Fragen S’ bloß net, Hochwürden«, winkte sie ab. »Die ganze Nacht hab’ ich kein Aug’ zugetan. Ich weiß gar net, was mit mir los ist.«

      »Nanu, das hört sich net gut an.«

      Maria nickte.

      »Net