Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747821
Скачать книгу
in einem nicht weit entfernten Wagen sehr genau anschau, und denke: »ah! hm! vielleicht hat der mich erkannt?!«, sage das dem Genossen und bringe ihn nach oben auf die Brücke, weil ich keine Lust habe, jetzt nochmal verhaftet zu werden, und sehe dort etwas seitlich unterhalb der Brücke, etwas tiefer gelegen eine Autowerkstatt mit lauter uralten Autos, Citroëns, schwarze Autos, die zum Teil wie riesige, spitz zulaufende Schuhe aussehen, und mitten drin ein wunderschöner roter VW-Bus, der alte klassische; ich bin es leid, da immer rumzumachen, den Stress zu haben und am Schluss dann doch wieder verhaftet zu werden –

      – ich gehe durch die Stadt, in der ich schon lange nicht mehr gewesen war, und staune, dass alles komplett im alten Stil renoviert ist, alle Häuser so wie früher, nur so, als ob sie neu wären; sehr, sehr schön, nicht direkt Fachwerk, aber feine, mit Holz strukturierte weiß gestrichene Mauern, mindestens fünf oder sechs Stockwerke hoch, die Fenster alle im gleichen Holz, aber in einem etwas helleren Braun, innen auch alles im alten Stil renoviert, aber die ganze Szenerie ist sehr dunkel, weil die Bäume noch höher als die Häuser sind und dicht bewachsen wie im Urwald; teilweise liegen die Häuser in kleinen Tümpeln oder zwischen kleinen Flüssen und an so einer Stelle sehe ich, wie weiter hinten ein Jugendlicher ein Auto aus dem Wasser zieht, das ihm durch den Ufersumpf reingerutscht ist, und er zieht den weißen Pick-up ganz leicht und ganz alleine an einem Seil rückwärts wieder ans Ufer und ich denke mir noch, ob ich da vielleicht eine Wohnung mieten sollte, insgesamt ist mir das aber alles zu dunkel und dann sehe ich ganz oben an einem Haus im sechsten Stock eine Dachwohnung mit einer riesigen Veranda davor, die allerdings einen Glasboden hat, durch den man von unten durchsehen kann, und ich denke mir: »die ist natürlich toll die Terrasse und da oben auch heller, aber auch gefährlich, da drauf rumzulaufen, denn bei jedem harten Auftritt bricht das Glas und man fällt runter!«, aber dann bin ich wieder in unserem großen Haus gleich um die Ecke, wo auch alles dunkel von den überwuchernden Bäumen ist, und Jochen Tovote kommt und macht Missionsterror gegen Diarra Sow, die deswegen heulend in der Ecke sitzt, aber sich natürlich nicht bekehren lässt, und am nächsten Tag kommt Wolf Redl und zieht Sabine mit hoch in den ersten Stock in ein Zimmer, in das sonst gar niemand reinkommt, wo er auch missionierend auf Sabine einredet, den gleichen Missionsterror macht wie Tovote, und nach einer Weile höre ich Weinen, gehe hoch und sehe, dass Sabine weint und versucht, sich gegen Redl durchzusetzen, ich aber flippe völlig aus, schreie Redl wütend an, dass er diesen Terror lassen soll, mache riesen Theater von wegen »Gott« und hin und her, was diese anmaßende Behauptung soll, gebe ihm durchaus recht, dass es etwas Spirituelles gibt, aber die Menschen das nicht begreifen und »Gott«, die diese primitive Gottesvorstellung dafür ein Ersatz sei: »ihr habt alle keine Ahnung und wollt die Leute nur fertig machen« und Redl geht sofort in die Defensive, nimmt seine Tasche und geht rückwärts aus dem Zimmer und geht die breite Holztreppe runter zum Ausgang und die anderen kommen hoch, hauen aber wieder ab und Sabine ist sehr einverstanden mit meiner Intervention, und diese Geschichte mit Redls Missionsversuch hängt dann draußen an einem Hochhaus, ganz oben im letzten Stock, etwas abgesetzt nach außen, also nicht ganz in die Fassade integriert, was man aber internettechnisch machen kann und was extra angezeigt ist an einem Kleiderständer mit einem Kleiderbügel und ich will das in den nächsten Tagen reduzieren, hab auch einen Ausdruck dabei von der Geschichte, mit dem ich da hinkommen kann, um es in die Fassade integrieren zu lassen –

      – endlos lange Schlange von Mopeds, die zur Reparatur sollen, in zwei oder drei Reihen nebeneinander, kommt kaum vorwärts, man steht neben den Mopeds und schiebt sie mit laufendem Motor immer wieder ein Ruckelchen am Straßenrand den Abhang hoch, dann wieder ein Ruckelchen und oben angekommen, geht mir der Motor aus, ich krieg ihn gleich wieder an und dann lichtet sich die Schlange, kommt schneller vorwärts, ich rutsche sozusagen runter, es wird immer schneller, ich überhole sogar ein paar andere in der Schlange, was eigentlich ungerecht ist, aber dann ist es nicht mehr weit bis zum Reparateur • zu-Klampen-Fernsehreklame: Dietrich sitzt mit verschränkten Armen – wie im Webcamausschnitt – zurückgelehnt in seinem Bürostuhl und schaut in die Kamera: über das ganze Bild groß die Aufschrift: »THE TOTAL CITY« • wir sind mit mehreren Leuten unterwegs, ein kleiner Strafgefangenentrupp, der was wegbringen muss, Pit ist dabei, Bassy ist dabei, wir laufen durch Wälder, an breiten Straßen entlang und müssen an einer Stelle die Autobahn überqueren, was wir mit einiger Mühe, aber ganz gut schaffen, auf der anderen Seite ist links eine breite in den Wald geschlagene Schneise zu sehen, vor der hohe Stöße von bereits auf Maß geschnittenem Holz liegen und Baumtransportmaschinen herumstehen, eine Frau diskutiert energisch fuchtelnd mit einem Arbeiter, ein Cheftyp läuft mit den Händen in den Hosentaschen rum, wir müssen aber in den Wald rein oder durch ihn durch, um die Sachen abzuliefern, die wir wegbringen sollen, müssen dazu aber über eine Brücke, die einen sehr tiefen Abgrund überquert; ich bekomm sofort Schiss, weil sie kein Geländer hat, weswegen ich schon gleich von vornherein in die Mitte gehe, dann aber feststelle, dass sie nach mehreren Metern über diesem unsäglichen Abgrund abgebrochen ist, woraufhin mir sofort total schwindlig wird, heftigstes Magensausen, kann mich kaum halten, aber Pit geht locker voraus, verschwindet irgendwie in der Tiefe, vielleicht seitlich den Abhang runter und da sehe ich, dass das Ende einer Leiter an dem abgebrochenen Teil der Brücke zu sehen ist und wie ich näher hinkomme, sehe ich, dass drei oder vier Meter tiefer bereits ein – allerdings sehr schmaler – Absatz kommt, an dem wieder ein Leiterende zu sehen ist, die Leiter aber höchstens anderthalb Meter lang ist, so dass man sie zwar anfangs benützen kann, danach aber den Rest bis zu dem Absatz runterspringen muss, bei welcher Vorstellung sich mir erst recht der Magen umdreht, weil der so schmal ist, dass man da nicht hundertprozentig auftrifft oder, wenn man schief aufkommt, so ins Schwanken kommt, dass man den Rest runterfällt, der wirklich nochmal so unglaublich tief runtergeht, dass sich mir beim bloßen Sehen schon wieder der Magen rumdreht, ich bekomme Angst um Pit, denke mir, dass der jetzt bitte um Himmels willen nicht auch noch sterben darf; ich weigere mich, das zu tun, und ziehe mich zurück, sehe aber dann, dass dieser tieferliegende Absatz in einem halbrundartigen Bogen seitlich bis oben hin reicht, man also auch auf diese Weise runter könnte, der Weg wird aber, je höher er kommt, umso schmaler, ist völlig ungesichert und sieht außerdem so rutschig aus, dass sich alles in mir sträubt, das auch nur zu probieren; Bassy steht auf der anderen Seite und schaut den Abhang runter, streicht sich übers Kinn und sagt und macht gar nichts und ich sage entschieden, Kopf schüttelnd: »nee, das mach ich nicht!« • habe Nacktfotos von Claudia in ein ziemlich langes Leporello geklebt, in dem auch viele Nacktfotos von allen möglichen anderen Frauen sind, vor allem schwarzen, aber auch normale Fotos von irgendwelchen blöden Amerikanern, die mir vorhin schon ziemlich auf die Nerven gegangen sind, weswegen ich sie fotografiert habe, wobei ich aber gar nicht mehr weiß, wieso ich die Fotos dann in das Leporello mit den nackten Frauen geklebt habe – aber erstmal bringt Claudia Ebby etwas, das sie fast feierlich betont langsam schreitend auf den Händen hoch vor ihrer Brust trägt, irgendwelche Klamotten, die sie für ihn gemacht hat, und ich gehe hinter ihr her und sehe ihren Arsch, denn sie trägt eine äußerst grobmaschige Netzstrumpfhose und darunter einen weißen Stringtanga, von dem nur noch das oberste Zipfelchen aus ihrer Arschfalte reicht; ich vertiefe mich in diesen Anblick, diese genau richtige Rundung, diese Glätte, diese perfekte Proportion ihres Arsches, nicht zu groß und nicht zu klein, werde angenehm ruhig geil, aber dann übergibt sie Ebby ihr Geschenk und wir gehen in ein Zimmer nebendran, lassen uns auf dem Boden nieder und schauen zusammen das Leporello mit den Nacktfotos an, wobei sie sofort sagt, dass die Fotos von den blöden Amerikanern da unbedingt raus müssen, was ich sofort anfange zu tun, sage: »kein Problem, weil ich die Leute ja eh nicht kenne, außerdem sind sie ganz angezogen«, allerdings kommen in dem Leporello am Anfang noch Fotos von Freundinnen mit Kleidern, erst später die nackten, teilweise geht das Rausreißen der Amerikaner ganz locker, teilweise kleben sie so fest, dass ich aufpassen muss, das Leporello nicht zu zerstören, und als ich alles draußen habe, sage ich: »jetzt machen wir eben neue Nacktfotos von dir!« – sie lacht, stimmt zu und steht auf • ich werde runtergerufen, weil eine Frau gekommen ist, die vorher angerufen hat und Geld will – ich hatte noch gehofft, dass sie nicht kommt, aber jetzt muss ich halt runter –, aber als ich unten ankomme, ist auch Marosch gekommen und in seiner Begleitung ein kleiner Amerikaner von einer Sekte und sie schauen mir zu, wie ich mit der Frau rede, die etwas verschüchtert, aber fordernd in einer Ecke vor einer unverputzten Mauer steht, und ich gebe relativ schnell nach, denke, ich gebe ihr zwanzig- oder vielleicht nur zehntausend, obwohl sie fünfzigtausend will – und als ich