Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747821
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oder was auch immer wir da machen, und er unterhält sich mit diesen beiden neben ihm, wir sehen uns gar nicht richtig, da kommt der Hund und wir wollen wieder zurück in unser zu renovierendes Haus, es ist aber alles so voll mit Menschen, die das Volksfest besuchen, dass kein Durchkommen ist und jetzt ist auch noch eine Bullin gekommen, die ihren Wagen fett mitten auf den Platz gestellt hat und einen Witz erzählt, verstärkt, so dass alle ihn hören können, aber ewig lang diesen Witz erzählt, der nicht zu Ende geht, und wir kommen da nicht raus, bloß weil diese Bullin da diesen Witz erzählt –

      – ich ziehe um und mein Zeugs ist in Tuben, die keinen Verschluss haben, also oben offen sind, weswegen man aufpassen muss mit dem Regen, und Sylvia hat dem Laden, in dem die stehen, schon zweimal Geld gegeben, aber diesen Laden, also die beiden Türen vorne, kann man nicht richtig zumachen, die Eisengitter passen nicht drauf, außerdem haben die keine Quittung gegeben, sehen das wohl eher als Spende – wofür es ja auch eine Quittung geben müsste! – und da kann man jetzt nichts machen – dauernd muss man Rücksichten nehmen! • habe Johnson zu einem Dreh mitgenommen und er macht sich sofort bei allen beliebt mit Späßen und Sprüchen, alle mögen ihn auf Anhieb und ich bin stolz auf meinen Johnson, wie gut der sich macht, alle finden ihn toll und sind begeistert, auch diese Frau mit ihrem vegetarischen Essen in einer ziemlich großen Tupperdose, die auch aus Blech sein könnte und in der ein Brei zu sehen ist, weil der Plastikdeckel halb danebenliegt, wahrscheinlich die Produktionsleiterin oder »Producerin«, die erfreut über ihn lacht, aber wie ich mit Drehen fertig bin und gehen will, finde ich ihn nicht; das Gelände ist an einem steilen Hang, auf dem flache, gedrückte bauernhof- und werkstattartige Gebäude stehen, in denen Maske und Garderobe sind, darunter verläuft eine enge, querlaufende Straße, auf der ein riesiger, roter LKW steht, der das Ganze noch unübersichtlicher macht und an dem ich nicht vorbeikomme, als ich zum Set will, um nach Johnson zu suchen, weshalb ich kurz überlege, ob ich Johnson nicht einfach dalasse und schon alleine vor ins Hotel gehe, dann aber doch in der Schneiderei ganz oben an diesem Hang nach ihm frage, in der sie wie die Verrückten nähen, allerdings alles ganz primitiv, wie im Stall, zum Teil auf Säcken sitzend, Pferdegeschirr an den Wänden, anderes Stallzeugs, und einer, der auf dem Tisch sitzt und in weit ausholenden Bögen seinen Faden durch das Kleidungsstück zieht, sagt, ich solle doch die Aufnahme- oder Statistenleiterin nach Johnson fragen, und sie kommt auch gerade, blickt aber nicht durch, ob sie ihn noch brauchen oder nicht, antwortet gar nicht richtig auf mich, guckt auf den Boden und geht mit ihren Akten unterm Arm und ihrem Assistenten in diesem stallartigen, steil nach unten abfallenden Gebäude auf Holzdielentreppen wieder runter an das Set, das auf der anderen Seite der Straße weiter unten ist, auch in flachen, steil nach unten abfallenden Gebäuden – ich bin im Bademantel und denke: »na, dann geh ich eben runter und schau selber nach«, steige aber außen die ziemlich steile, enge Zickzacktreppe runter und ziehe oben den Bademantel aus und werfe ihn auf eine ins Gras gesteckte Laterne, aber wie ich dann schon fast unten an der Straße bin, merke ich plötzlich, dass ich ja völlig nackt bin, und weiß gar nicht, wieso ich das gemacht habe, renne sofort wieder hoch und will mir den Bademantel anziehen, komme aber nicht richtig in den Ärmel rein, der sich beim Ausziehen verknuddelt hat, und genau in diesem Moment kommen drei Musliminnen in bunten Gewändern und weitgehend verdeckenden Kopftüchern auf die Terrasse des daneben etwas weiter unten liegenden Gebäudes, lehnen sich sofort an das Geländer, machen mit ihren blöden Kopftüchern rum und schielen zwar lächelnd, aber missbilligend zu mir hoch; ich versuche mich mit dem immer noch nicht ganz angezogenen Bademantel jedenfalls so weit zu verdecken, dass man meine Nacktheit nicht sieht, obwohl ich immer noch damit kämpfe, in meinen Ärmel reinzukommen, aber die Beine ragen raus und man kann erkennen, das ich ansonsten nackt bin, sie gucken betont halb weg {das Restaurant am Hang, an dem ich beziehungsweise wir außerhalb der normalen Holzterrasse an dem Tisch saßen; diese Gefechtssituation, in der ich mit dem Hubschrauber von den Gangstern wegkam und die Butter dabeihatte}, kichern verschämt, gucken aber extra dauernd wieder hin und dann kommen auch noch die ganzen türkischen Statistinnen von unten aus dem Setgebäude über die Straße, von der der rote LKW inzwischen weggefahren ist, und gehen auch auf diese Terrasse zu den anderen Musliminnen oder auf die andere Treppe, die auch im Zickzack hochgeht, und setzen sich dort auf das Geländer wie Vögel auf die Stange, wie Tauben im Schlag, und schauen alle demonstrativ zu mir und kichern, alle verschleiert mit ihren bunten Kopftüchern und alle gucken verschämt weg und doch hin, eine sagt: »so was will ich nicht sehen!«, ganz empört, und während ich es endlich schaffe, den Badenmantel einigermaßen wieder anzuziehen, sehe ich auf der Straße den mit vielen bunten Blumen bemalten alten VW-Bus der Türkinnen, der sogar eine türkische Nummer hat, und gehe die Treppe runter und freue mich so wegen Johnson, dass und wie er da so viel Erfolg hat beim Team und überhaupt den Leuten, wie beliebt er sofort ist, alle ihn witzig finden, und ich denke: »den kann man wirklich mitnehmen, den kann man wirklich herzeigen«, denke aber auch: »diese blöden Türkinnen machen da so ein Geschiss um ihre Religion beziehungsweise ihre verlogene Prüderie, aber bei so ’nem stinknormalen Film mitmachen und die Statistengage einstreichen, das wollen sie schon auch – dann aber noch trotzdem mit ihren blöden Kopftüchern und ihrer gezierten Geschichte da rummmachen: denken doch selber nur ans Ficken, sonst gar nichts!« • Schule, Wohnung, Ferienvorbereitung, bin ganz alleine, wenn alle weg sind, freue mich sehr drauf, meine endlich Ruhe zu haben, und auf der gegenüberliegenden Seite sind sie auch genervt von dem Fußballgedöns • ich habe ein großes Blatt Papier, auf dem alles draufsteht, und lege das in den offenen Wagen beziehungsweise auf den Sitz bei offener Wagentür, das Blatt steht aber ein wenig raus und ein Wort passt nicht überein mit dem Rest, dem Ganzen, also ein Satz, eine Zeile, das macht aber nichts und die Tür lässt sich trotzdem zu-machen, die ist so raffiniert gebaut, sozusagen nach außen hin ausgebeult, aber auch das Glas, denn das Blatt müsste eigentlich überstehen, steht aber nicht über – und dann ist da auch so eine Liste mit Lesungen, die an einem Schlüsselbrett hängt, an den Stiften, die da rausstehen, und das leuchtet dann auf, wie teuer die Fahrt dorthin ist, jede folgende ist immer etwas billiger, am Anfang kosten sie über dreihundert Euro, am Schluss unter zweihundert und ich denke: »das ist ja gut für mich!« – die Windschutzscheibe geht kaputt, aber es fällt alles so ins Auto rein, dass nichts passiert, es niemanden stört und es dadurch für diese gehbehinderte Frau viel leichter wird, dorthin zu kommen, als vorher, weil das alles irgendwie auf mein Auto geht – auf dem Statistenzettel muss ganz oben die Produktion geschrieben werden, also der Titel von dem Film, aber den weiß ich nicht, weswegen ich einfach »Umzug« schreibe, dann weiß man schon, was gemeint ist, drunter dann muss man Name, Adresse und alles in diese vorgedruckten Zeilen eintragen –

      – Fips kommt zu spät, weil die Frauen einen Aufstand machen, einen Streik gegen die unzulängliche Bezahlung und wir bieten Ebbys Frau – einer jungen, genervten Frau – an, in diesem Häuschen zu bleiben, bis wir das finanziert haben, weil das natürlich billiger ist, als von diesen zusammengesetzten Anteilen zu leben; sie hat schon was angespart von diesen ganzen Anteilen und greift oben in den Küchenschrank, wo das ist, um etwas davon rauszuholen • alle spielen mein Ende oder es ist auch echt, wenn man seine Sachen nicht organisiert hat – deswegen muss jeder sozusagen alles geregelt haben und dann ist es nur gespielt, aber die anderen glauben das alle nicht, vor allem die Afrikaner, weil es sowieso so ist und deswegen sind sie teilweise sauer, wenn ich das erwähne, und dann will ich eine Sitzbank erhöhen, indem ich auf die Bank zwei Pfosten – abgeschnittene Baumstämme – lege und ein Brett darüber, damit man da schon mal seinen Tee kochen kann, den malischen Tee und der Bruder von Jahas Rui sagt »nee« und dann zeige ich noch eine neue Variante, aber dann wird er langsam richtig sauer, dass wir dadurch mit viel mehr Leuten auf der Bank sitzen können, wenn man die so erhöht, und dann gebe ich nach • wir kommen und kommen nicht vom Fleck mit dem Haus von Ebby und müssen plötzlich das halbe Dach nochmal neu decken, aber es ist alles noch da, man sieht die Ziegel, die hinter einem Busch gestapelt liegen, und alles, was man neu machen muss, was in Ordnung gebracht werden muss, und man muss einzeln die alle suchen und neu einsetzen, zusammensuchen, von wo sie überall gelagert sind, es fehlt aber nur noch ein nicht allzu breiter Streifen, etwa zwei Ziegel breit – von oben nach unten am ganzen Dach – Geburtstag von einem Alten, wir sind alle in einem Restaurant und während eine Frau gerade etwas erzählt, kommt plötzlich einer rein und sie wird abgelenkt, zwei Frauen wechseln weiter hinten ihren Platz, stehen auf und gehen zu einem anderen Tisch, zu anderen Frauen, rechts von mir, ich kenne sie von irgendwoher,