Mit diesem sei, wie Hegel fortfährt, die zweite Form126 der Offenbarung des Geistes gegeben. Auf dieser Stufe stelle der Geist, der nicht mehr in das Außereinander der Natur (in Raum und Zeit, d. Verf.) ergossen sei, sich als das dar, was er für sich und sich offenbar ist gegenüber der bewusstlosen Natur, die den Geist ebenso verhülle wie sie ihn offenbare. Dieser mache sich die Natur zum Gegenstand, reflektiere über sie, nehme die Äußerlichkeit der Natur in seine Innerlichkeit zurück, idealisiere die Natur und werde so in seinem Gegenstand für sich. Aber dieses erste Fürsichsein des Geistes - Hegel meint offensichtlich den Geist der modernen Naturwissenschaften - sei selbst noch ein unmittelbares, abstraktes, noch nicht ein absolutes Fürsichsein; denn durch jenes abstrakte Fürsichsein werde der Geist in seinem Außersichselbstsein (also in der Natur, d. Verf.) noch nicht absolut aufgehoben (was erst in der Naturphilosophie geschieht, d. Verf.). Der erwachende Geist erkenne hier nämlich noch nicht seine Einheit mit dem in der Natur verborgenen, an sich seienden Geist (etwa den Selbstzweck, den inneren Sinn in der Natur, d. Verf.), stehe daher zur Natur in einer nur äußerlichen Beziehung, erscheine nicht als das, was alles in allem ist, sondern nur als die eine Seite des Verhältnisses. Zwar sei er in seinem Verhältnis zu dem Anderen (zur Natur, d. Verf.) in sich reflektiert und somit Selbstbewusstsein, lasse aber diese Einheit von Bewusstsein und Selbstbewusstsein noch als eine äußerliche, leere, oberflächliche Einheit bestehen.127 Deshalb fielen die beiden Formen des Bewusstseins noch auseinander, und der Geist, obwohl er bei sich selber sei, sei zugleich nicht bei sich selber, sondern bei einem Anderen; seine Einheit mit dem im Anderen (in der Natur, d. Verf.) wirksamen an sich seienden Geist werde nämlich noch nicht für ihn.128
Der Geist setze hier die Natur als eine Sphäre, die in sich reflektiert, seine Welt ist, er nehme der Natur die Form eines ihm gegenüber Anderen und mache das ihm gegenüberstehende Andere zu einem von ihm Gesetzten. Zugleich aber bleibe dieses Andere noch ein von ihm Unabhängiges, ein unmittelbar Vorhandenes, vom Geiste nicht Gesetztes, sondern nur Vorausgesetztes; das Andere bleibe also ein solches, das (als Gegenstand des analytischen Erkennens, d. Verf.) gesetzt wird und dem reflektierenden Denken vorausgeht. Dass die Natur durch den Geist gesetzt wird, sei auf diesem Standpunkt somit noch nicht als ein absolutes, sondern nur als ein im reflektierenden Bewusstsein zustande kommendes Gesetztsein zu verstehen. Die Natur werde daher noch nicht als nur durch den unendlichen Geist bestehend, als seine Schöpfung begriffen. Der Geist habe folglich hier noch eine Schranke an der Natur und sei eben durch diese Schranke endlicher Geist.
Diese Schranke werde nun im absoluten Wissen129 aufgehoben, das, Hegel zufolge, die dritte und höchste Form130 der Offenbarung des Geistes sei. Auf dieser Stufe verschwinde der Dualismus einer selbständigen Natur oder des in das Außereinander ergossenen Geistes einerseits und des Geistes, der erst beginnt, für sich zu werden, aber seine Einheit mit jenem noch nicht begreift, andererseits. Der absolute Geist erfasse sich als selber das Sein setzend, als selber sein Anderes, die Natur und den endlichen Geist (z. B. die normativen Ordnungen der Gesellschaft oder die Einzelwissenschaften d. Verf.) hervorbringend, so dass dieses Andere jeglichen Schein der Selbständigkeit ihm gegenüber verliere; es höre vollkommen auf, eine Schranke für ihn zu sein und erscheine nur als das Mittel, durch das der Geist zum absoluten Fürsichsein, zur absoluten Einheit seines Ansichseins und seines Fürsichseins, seines Begriffs und seiner Wirklichkeit, gelange.
Die höchste Definition des Absoluten sei, so Hegel, die, dass das Absolute nicht nur überhaupt der Geist, sondern dass es der sich absolut offenbare, selbstbewusste, unendlich schöpferische Geist ist, der soeben als die dritte Form des Offenbarens bezeichnet worden sei. Wie in der Wissenschaft von den erwähnten unvollkommenen Formen der Offenbarung des Geistes zur höchsten Form derselben fortgeschritten werde, so würde auch die Weltgeschichte eine Reihe von Auffassungen, die sich auf das Ewige beziehen, hervorbringen, an deren Schluss erst der Begriff der absoluten Freiheit hervortrete.131
Hegel wendet sich dann den verschiedenen, in der Weltgeschichte aufgetretenen Religionen zu. So blieben die orientalischen Religionen, auch die jüdische Religion, noch beim abstrakten Begriff Gottes und des Geistes stehen, was sogar die Aufklärung täte, die auch von Gott dem Vater wissen wolle. Gott der Vater für sich sei das in sich Verschlossene, Abstrakte, also der noch nicht wahrhaftige Gott. In der griechischen Religion habe Gott allerdings angefangen, auf bestimmte Weise offenbar zu werden. Die Darstellung der griechischen Götter habe zum Gesetz die Schönheit, die zum Geistigen gesteigerte Natur, gehabt. Das Schöne bleibe nicht ein abstrakt Ideelles, sondern sei in seiner Idealität vollkommen bestimmt, individualisiert. Jedoch seien die griechischen Götter zunächst nur für die sinnliche Anschauung oder nur für die Vorstellung dargestellt und noch nicht in Gedanken gefasst. Das sinnliche Element könne aber die Totalität des Geistes nur als ein Außereinander, als einen Kreis individueller geistiger Gestalten darstellen. Die diese Gestalten zusammenfassende Einheit bleibe daher eine den Göttern gegenüberstehende, unbestimmte fremde Macht. Erst durch die christliche Religion sei die in sich selber unterschiedene eine Natur Gottes, die Totalität des göttlichen Geistes, in der Form der Einheit offenbart worden. Diesen zunächst nur in der Form der Vorstellungvorhandene Inhalt habe die Philosophie in die Form des Begriffs oder des absoluten Wissens zu erheben, das die höchste Form der Offenbarung jenes Inhalts sei. Das absolute Wissen ist nach Hegel ein Wissen, in dem jegliche Gegenständlichkeit (oder Dingheit) aufgehoben ist. Es sei das allgemeine Selbstbewusstsein des Geistes oder der Menschheit, das erst auftreten könne, wenn sich der Weltgeist vollendet hat.132
3.2 Einteilung der Welt des Geistes133
Nachdem Hegel den Begriff des Geistes bestimmt hat, schreitet er zur Einteilung seines Gegenstandes fort. Danach bestehe die Entwicklung des Geistes darin, erstens, dass er in der Form der Beziehung auf sich selbst ist und darin, dass innerhalb seiner die ideelle Totalität der Idee zur Entfaltung kommt; das besage, dass das, was seinen Begriff ausmacht, auch für ihn wird und ihm sein Sein eben dies ist, bei sich und damit frei zu sein. Das ist für Hegel der subjektive Geist.
Die Entwicklung des Geistes bestehe zweitens darin, dass er in der Form der Realität134 eine Welt ist, die von ihm sowohl hervorzubringen als auch hervorgebracht ist und in der die Freiheit als eine vorhandene Notwendigkeit herrscht. Das ist für Hegel der objektive Geist.
Die Entwicklung des Geistes bestehe drittens darin, dass er in an und für sich seiender und ewig sich hervorbringender Einheit der Objektivität des Geistes und seiner Idealität, seines Begriffs, also der Geist in seiner absoluten Wahrheit ist. Das ist nach Hegel der absolute Geist, und er denkt dabei u. a. offensichtlich an die Philosophie, die sich als begreifendes Erkennen der Idee des Geistes am Ende selbst reflektiert.
Der subjektive Geist
Der Geist ist, wie Hegel hierzu in einem Zusatz erläutert, immer Idee.135 Zunächst sei er aber lediglich der Begriff der Idee oder die Idee in ihrer Unbestimmtheit, in der abstraktesten Weise der Realität, d. h. nur in der Weise des bloßen Seins.136 Am Anfang hätten wir es nur mit der ganz allgemeinen, unentwickelten Bestimmung des Geistes und nicht schon mit dem Besonderen desselben zu tun. Dieses bekämen wir erst, wenn wir von einem zu einem anderen (z. B. von der Seele zum Bewusstsein, d. Verf.) übergehen; enthalte doch das Besondere Eines und ein Anderes, ein Übergang, den wir zu Anfang noch nicht vollzogen hätten. Die Realität des Geistes sei also zunächst noch eine ganz allgemeine, noch nicht eine besonderte (abgesonderte, d. Verf.) Realität. Die Entwicklung dieser Realität werde erst durch die ganze Philosophie des Geistes vollendet. 137 Die noch ganz abstrakte, unmittelbare Realität, sei aber die Natürlichkeit, das noch Un-(Vor-)geistige. So sei das Kind noch in seiner Natürlichkeit gefangen, habe nur natürliche Triebe, sei noch nicht der Wirklichkeit, sondern nur der Möglichkeit oder dem Begriff nach ein geistiger