Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jacob Burckhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027213764
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verbündet sich mit ihm; Licinius verlobt sich mit Constantia, der Schwester Constantins. Darauf erhebt sich (312) der Krieg gegen Maxentius610. Dieser hatte sich inzwischen mit Maximin alliiert, zunächst gegen Licinius, welchem er die illyrischen Lande zu rauben gedachte; umsonst hatte Constantin sich ihm nähern wollen; Maxentius hatte den »Mörder seines Vaters« abgewiesen und gegen denselben gerüstet. Welchem von beiden dann der offene Bruch zuzuschreiben sei, mag unentschieden bleiben; Euseb nimmt dies Verdienst für Constantin in Anspruch, rühmt ihn deshalb ausdrücklich und spricht von seinem grossen Mitleid gegen das arme unterdrückte Rom; »das Leben hätte ihn nicht mehr gefreut, wenn er die Weltstadt länger hätte leiden sehen müssen«611. Dies zeichnet zwar schwerlich Constantins Denkart, aber dafür Eusebs Schreibart. Nun hatte Maxentius ganz ungeheure Streitkräfte beisammen612, die ihn auch im entscheidenden Augenblick nicht verrieten und ihm sicher zum Siege verholfen hätten, wäre er nicht strategisch unfähig und in feige Indolenz versunken gewesen. Constantins Streitkräfte dagegen lagen zwar nicht in den himmlischen Legionen unter der Anführung des seligen Constantius Chlorus, womit ihn die Schriftsteller beider Religionen613 beehren, auch nicht in der Sympathie der Christen – vielleicht nicht einmal in der Verzweiflung des zu Boden getretenen Italiens, denn die Bevölkerungen reden in diesem Kampfe überhaupt kaum614 mit –, wohl aber in der Kriegstüchtigkeit seiner etwa 100 000 Mann (Briten, Gallier und Barbaren) und in seiner eigenen Persönlichkeit. Wenn dieser Krieg nicht von so verdächtiger Seite gerühmt würde, so müsste man ihn vielleicht bewundern wie den italienischen Feldzug des jugendlichen Napoleon, mit dem er mehr als ein Schlachtfeld gemein haben mochte. Die Erstürmung von Susa, die Schlacht bei Turin, wo die schwere Reiterei der Feinde – Mann und Ross gepanzert615 – mit eisernen Keulen totgeschlagen wurde, der Einzug in Mailand, das Reitertreffen bei Brescia entsprächen dem Anfange des 1796er Feldzuges; dann möchten die furchtbaren Kämpfe Constantins um Verona wohl die Bezwingung von Mantua aufwiegen. Aber auch die Feinde würden der Vergleichung mit Napoleons Feinden nicht unwert sein; sie kämpften mit Mut und Ausdauer und liefen nicht zu Constantin über, so dass er zum Beispiel die ganze kriegsgefangene Besatzung von Verona in Fesseln schlagen musste, damit sie nicht wieder zu Maxentius entwiche. Sie zu töten, erlaubte weder die fortgeschrittene Humanität noch der wohlverstandene Vorteil des Reiches, und auf ihre Parole war, scheint es, nicht zu bauen; man musste ihre Schwerter zu Handfesseln umschmieden. Verona ergab sich aber erst, als ein anderer Teil der constantinischen Armee Aquileia und Modena mit Sturm genommen hatte616.

      Mit dieser Schlacht hatte nun das ganze Abendland seinen Herrn; auch Afrika und die Inseln fielen dem Überwinder zu. Zwischen zwei Illegitimen hatte das höhere Talent und die Entschlossenheit wie billig den Sieg entschieden. Constantin, bisher nur durch Grenzkriege bekannt, stand auf einmal im blendendsten Glanze des Heldenruhmes der öffentlichen Meinung gegenüber. Jetzt handelte es sich darum, diese neue Macht womöglich auf andere Grundlagen als auf die blosse Soldatengewalt zu stellen.