Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jacob Burckhardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027213764
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Massregeln einstweilen die Christen aus der Armee gestossen wurden. Es findet, vielleicht schon im Jahre 298565, oder auch früher, eine Musterung statt, bei welcher den christlichen Soldaten die Wahl gelassen wird, ob sie Heiden werden und ihren Dienst behalten oder denselben verlieren wollen, worauf die meisten ohne Besinnen das letztere vorziehen; einige sollen darob schon damals das Leben eingebüsst haben. – Es leuchtet ein, dass man zu einem solchen Schritte sich nur ungern und gezwungen verstand, indem gute Soldaten und Offiziere damals der höchste Besitz des Reiches waren. Ferner möchten wir den Schluss wagen, dass diese Säuberung des Heeres keine religiöse, sondern eine politische Grundursache gehabt habe, indem sonst ebensogut bei allen andern Ständen hätte begonnen werden können, zum Beispiel mit einer plötzlichen Verhaftung aller Bischöfe, wie sie dann später wirklich eintrat. Die Kaiser fühlen sich entweder unter christlichen Truppen nicht mehr persönlich sicher, oder sie glauben, sich auf deren Gehorsam im Kriege wie im Frieden nicht mehr verlassen zu können. Die Weigerung des heidnischen Opferns, wo sie als Grund der Verabschiedung angegeben wurde566, konnte nichts als ein Vorwand sein, nachdem anderthalb Jahrzehnte hindurch der Kriegsdienst der Christen sich durchaus von selbst verstanden hatte567. Man könnte zwar sagen, die Kaiser hätten aus teuflischer Bosheit das Heer epuriert, um es bei der bevorstehenden Verfolgung ohne Widerrede gegen die Christen brauchen zu können. Das Gegenteil hievon lässt sich um so weniger beweisen, als wir nicht einmal den Zeitraum genau kennen, welcher zwischen der Epuration und der Verfolgung lag. Verstrichen aber wirklich mehrere Jahre, so schwindet auch diese Probabilität ausserordentlich zusammen. Grosse Bluttaten mögen lange vorbedacht und vorbereitet werden, allein mit so auffallenden Rüstungen, wenn sie nichts als das sind, darf man doch erst im Augenblick vor der Ausführung ans Licht treten. Und am Ende handelt es sich hier um schwer zu unterscheidende Übergänge. Wenn Diocletian eine rein heidnische Armee wollte, so wollte er sie wegen des Gehorsams überhaupt, wahrscheinlich ohne sich genau Rechenschaft zu geben, wozu er sie eventuell in den äussersten Fällen gebrauchen würde. Merkwürdig genug, dass Diocletian doch seinen ganzen christlichen Hof bis in die Verfolgung hinein um sich behielt, vielleicht weil er hier auf ein altgewohntes persönliches Vertrauen erst so spät als möglich verzichten wollte.

      Nach der Publikation des Ediktes fiel als erstes Opfer ein angesehener Christ, der dasselbe abriss und zerfetzte, mit dem spöttischen Bemerken, es seien wieder einmal Goten- und Sarmatensiege angeschlagen gewesen. Er wurde verbrannt. Ein solcher Trotz wäre übrigens ganz sinnlos, wenn man nicht annehmen will, dass noch in jenem kritischen Augenblicke eine geheime Hoffnung auf allgemeinen Widerstand vorhanden war.

      Das Nächste, was erwähnt wird, ist die grausame Tortur und Hinrichtung mehrerer Palastbeamten und Pagen, von welchen Petrus, Dorotheus und Gorgonius mit Namen genannt werden. Euseb sagt zwar nur ganz kurz, sie hätten um ihrer Frömmigkeit willen gelitten, allein von dieser Seite hätte sich das Gesetz mit ihrer Degradation begnügt. Woher nun diese Grausamkeit gegen solche, die bisher trotz ihres bekannten Christentums von den Kaisern »wie Kinder des Hauses« waren behandelt worden? Die Kaiser glaubten offenbar einem Komplott auf der Spur zu sein.

      Bald darauf erfolgten die schon erwähnten christlichen Aufstände im Orient, welche das zweite Edikt, den Verhaftsbefehl gegen alle Vorsteher der Gemeinden, hervorriefen.

      Vielleicht empfindet der Leser ob dieser Untersuchung einigen Widerwillen. Sollte es nicht überaus unbillig sein, aus der Verfolgung auf eine