Ungleich schwieriger ist die letzte grosse politische Entscheidung Constantins zu erklären, nämlich seine Teilung des Reiches.
Von den Brüdern Constantins hatte Dalmatius zwei Söhne, Dalmatius und Hannibalian, und Iulius Constantius ebenfalls zwei, damals noch im Kindesalter, Gallus und Julian, derselbe, den die Nachwelt den Abtrünnigen genannt hat. Von diesen vier Neffen erhob Constantin den Dalmatius, der bereits (333) ein Konsulat bekleidet hatte, zwei Jahre vor seinem Tode zum Caesar (335). Er hatte schon dessen Vater, den altern Dalmatius649, besonders ausgezeichnet und ihn unter dem an sich nichtssagenden Titel eines Censors nach dem wichtigen und vielleicht gefährlichen Antiochien versetzt (332), ganz wie eine Generation später Constantius daselbst den Gallus stationieren liess, um die alte, zurückgesetzte Hauptstadt des Orients sowohl zu bewachen als zu begütigen; ja der ältere Dalmatius war sogar in der Folge (335) mit einer Art von Königtum über Kappadocien betraut worden. Dass sein gleichnamiger Sohn im gleichen Jahre Caesar wurde650, hatte vielleicht noch seinen besondern Anlass in der glücklichen Bändigung eines Aufstandes auf Cypern, wo ein Aufseher der kaiserlichen Dromedare, Calocerus, als Usurpator aufgetreten war651; Dalmatius der Jüngere bekam ihn in seine Hände und liess ihn zu Tarsus lebendig verbrennen »wie einen Sklaven und Räuber«.
Bald darauf aber, noch im Jahre 335, also zwei Jahre vor dem Tode Constantins, erfolgt eine eigentliche Reichsteilung, bei welcher Constantin II. die Länder seines Grossvaters Chlorus, Britannien und Gallien, nebst Spanien, erhielt, Constantius II. Asien, Syrien und Ägypten, Constans Italien und Afrika; dagegen sollte die ganze Ländermasse zwischen dem Schwarzen, Ägäischen und Adriatischen Meer, also Thracien, Macedonien, Illyricum und Achaia (mit Griechenland), an den Neffen Dalmatius fallen, ja selbst dessen Bruder Hannibalian, welcher sonst für keinerlei Taten oder Verdienste bekannt ist, bekam das Königtum über Römisch-Armenien, Pontus und die Umgegend, man weiss nicht, ob unbeschränkt oder unter der Oberherrschaft des Constantius II., und vermählte sich damals oder schon früher mit einer Tochter Constantins und Schwester seiner Miterben, Constantia. – Dieses Reichstestament war ohne Zweifel ein öffentliches, allbekanntes. Sein Inhalt ist aber nur beim zweiten Aurelius Victor richtig angegeben, während die übrigen Schriftsteller denselben verstümmeln oder aus guten Gründen beschweigen, wie Euseb.
Die erste Frage, welche sich aufdrängt, ist die: warum teilte Constantin überhaupt, nachdem um der Einheit des Reiches willen Hunderttausende hatten bluten müssen? Sodann erstaunt man billig darüber, dass er das Zentralland mit der neuen Hauptstadt dem Neffen und nicht den Söhnen gönnte. – Die Antwort liegt wahrscheinlich in dem Charakter dieser letztern. Es ist bei Euseb652 ein rührendes Kapitel über ihre Erziehung zur Gottesfurcht und allen Herrschertugenden nachzulesen, wovon unten noch einmal die Rede sein wird; in der Tat aber waren sie ein verworfenes Geschlecht ohne Treu und Glauben. Ernannte der Vater einen von ihnen zum Alleinerben, so war das Nächste, sobald er die Augen zudrückte, die Ermordung der übrigen Brüder und Verwandten; was sollte aber aus dem Reiche werden, wenn es einmal plötzlich gar keine Herculier und Constantier mehr gab? Constantin musste teilen, schon um die Dynastie zu schonen. Zwar sah er ohne allen Zweifel die Reichskriege seiner Söhne voraus, allein er konnte doch hoffen, dass aus drei bis fünf Fürstenhäusern seines Geschlechtes immer irgendein Erbe am Leben bleiben würde, wenn sie nur erst die Zeit gehabt hatten, sich durch Zeugung von Prinzen zu vermehren. Nicht umsonst sandte er noch bei Lebzeiten die Söhne weit auseinander in die ihnen bestimmten Provinzen.
Dass er aber die ganze illyrisch-griechische Halbinsel mitsamt Konstantinopel dem Neffen gab, geschah vielleicht nur deshalb, weil diese Perle des Reiches in den Händen eines der drei Söhne sofort der Gegenstand der grimmigsten Eifersucht werden musste, wie denn später auch geschah. Man könnte einwenden, dass dem Dalmatius damit eine sehr schlimme, bedrohte Stelle aufgenötigt wurde. Allein die Schutzmittel standen im Verhältnis zur Gefahr; wer die illyrischen Lande, ihre Feldherrn und Soldaten besass, konnte damals dem ganzen übrigen Reiche Trotz bieten.
Die Ausstattung Hannibalians endlich erscheint als einfache Konsequenz von derjenigen seines Bruders. Seine besondere Aufgabe an der nordöstlichen Grenze Kleinasiens können wir nicht näher beurteilen.
Man wird sich diesem Versuch einer Erklärung und Motivierung des dunkelsten Punktes in Constantins Geschichte nicht gerne anschliessen wollen, weil dabei so unnatürliche Feindschaften im kaiserlichen Hause vorausgesetzt werden. Ich glaube aber nicht einmal das Wahrscheinliche überschritten zu haben.
Vielleicht das einzige bessere Verhältnis in der Umgebung dieses grossen Constantin, »welcher verfolgte, was ihm nahestand, und erst den Sohn und Neffen, darauf die Gattin, dann eine Menge Freunde tötete653«, war das zu seiner Mutter Helena. Welches auch ihre Stellung bei Chlorus gewesen sein mochte, für die orientalische Anschauung war sie hinlänglich legitimiert, weil sie den Herrscher geboren hatte. Er soll ihrem Rate beständig zugänglich gewesen sein654; umgeben von sehr absichtlichen offiziellen Ehren655, brachte sie ihre letzte Zeit mit Werken der Wohltätigkeit, frommen Reisen und Kirchenstiftungen zu. Sie starb, über achtzig Jahre alt, wahrscheinlich nicht sehr lange vor ihrem Sohne. Nach ihr erhielt Drepanum in Bithynien den Namen Helenopolis.
Constantin selber wurde über den Rüstungen zu einem Verteidigungskriege gegen Sapor II. von Persien von tödlicher Krankheit befallen. Jetzt erst liess er sich in der Märtyrerkirche des besagten Helenopolis unter die Katechumenen aufnehmen und dann nach der Villa Achyrona bei Nikomedien bringen, wo er auch noch die Taufe empfing und am letzten Tage des Pfingstfestes 337 verschied.
Um seinen Leichnam herum, den die Soldaten nach Konstantinopel brachten und unter grosser Feierlichkeit in einer Halle des Palastes ausstellten, gingen alsbald die wunderlichsten Dinge vor, deren weiterer Verlauf sich noch bis in das folgende Jahr hinein erstreckt.
Die Erzählung beginnt mit der heftigsten Totenklage der Soldaten; die Gemeinen zerrissen ihre Kleider und jammerten, die Offiziere klagten, sie seien verwaist656. Dieser Schmerz war gewiss ein tiefer und aufrichtiger, namentlich bei den Germanen der Leibwache, die ihr Verhältnis zu den Kaisern als das einer persönlichen Treue auffassten. Der Verstorbene war ein grosser Feldherr gewesen und hatte für die Soldaten väterlich gesorgt657; – was ging sie das übrige an? Diese trauernden Soldaten sind aber zugleich in Abwesenheit der Erben diejenige Behörde, welche die nächsten Verfügungen trifft und zum Beispiel mit der Beerdigung des Kaisers zu warten beschliesst bis zur Ankunft eines der Söhne. »Inzwischen senden die Offiziere (und zwar speziell die Taxiarchen oder Tribunen) bewährte, ergebene Leute aus ihrer Mitte an die Caesaren mit der Trauernachricht. Und wie aus höherer Eingebung waren alle Heere eines Sinnes, nämlich niemanden zum Erben anzuerkennen als die Söhne. Darauf erachteten sie für gut, dass dieselben nicht mehr Caesaren heissen sollten, sondern Augusti. Die Heere sandten einander diese ihre Meinung schriftlich zu, und überall wurde zu gleicher Zeit die Eintracht der Heere bekannt.« Mehr zu sagen, findet Euseb nicht nötig.
Aber wo blieb Dalmatius? In seinem Reichsanteil, in seiner Hauptstadt lag die Leiche und herrschten die Soldaten; warum wird er nicht einmal genannt, während sie ihm das Reich absprechen? Statt seiner eilt Constantius herbei und