Er fragte sich, was Klaue aufgehalten hatte; er fürchtete, dass die Frau zu schnell das Bewusstsein wiedererlangte und schreiend aufwachen würde, bevor Klaue ankam. Wo war er nur?
Die Frau legte er auf den schmuddeligen Boden. Sie rollte auf die Seite. Langsam kam sie zu sich. Er wollte sie nicht erneut auf den Kopf schlagen, denn er hatte Angst, ein weiterer Schlag könnte sie töten. Klaue wollte, dass sie am Leben war, wenn er sie auseinanderriss.
Dann war Klaue mit ihm im Raum. Ovid hatte ihn nicht hereinkommen sehen. Es war erstaunlich, als würde er sich aus der schwarzen Leere um sie herum materialisieren.
»Wir brauchen Licht«, sagte Klaue, und es war, als würden die Worte durch ein merkwürdiges Telefon in seinem Hirn erklingen. Als erklängen sie von weit, weit weg.
»Das Licht könnte jemanden anlocken.«
»Licht«, befahl der andere.
»Okay, Licht.«
Ovid stellte eine kleine Taschenlampe auf, die er aus seiner Brusttasche fischte. »Wie ist das?«
»Besser.«
Er sah, wie Klaue seine glänzende, metallische, ein wenig wie eine Schere aussehende rechte Hand ausstreckte. Es war eine zerstörerische Waffe, die in dem schwachen Licht glänzte. Die spitzen Enden schienen nach Fleisch zu hungern. Klaue führte das rasiermesserscharfe, dreizackige Stück Metall über den Körper der Frau und schlitzte mit einem Wisch den Stoff ihres geblümten Baumwollkleides auf. Dann zerschnitt er den BH und das Höschen. Als Nächstes die Haut – Blut trat hervor. Aber Klaue war erst beim Vorspiel.
Ovid schluckte schwer, als er zusah, wie die Klaue langsam über dem hilflosen Opfer hin und her schwang.
»Willst du einen Bissen?«, fragte ihn Klaue.
»Ja, ich kann es kaum abwarten«, log Ovid, der durchaus noch warten konnte.
»Tu es. Tu es jetzt!«
Er biss ihr in die Kehle. Blut und Gewebe waren zwischen seinen Zähnen, als er sie zurückzog. Fast im gleichen Augenblick drang die Klaue in ihren Brustkorb ein und fuhr ihren Körper entlang nach unten, weiter und weiter. Der Schrei der Frau wurde erstickt, als Ovid ihr die Stimmbänder mit den Zähnen herausriss.
Klaue verbiss sich mittlerweile in ihrem Unterleib und riss ihr Fleischstücke aus dem Körper, ließ sie in seinem Mund hin und her gleiten, manche spuckte er aus, andere schluckte er.
Klaue drehte angesichts des immer noch zuckenden und sich windenden Körpers durch, vergrub sich wieder in ihr und riss Stücke heraus. Dann ein drittes Mal. Als er fertig war, bat er um die Augen. Sie wurden herausgeschnitten, ihm gereicht und er verschlang sie.
Erschöpft lag die Klaue neben der toten Frau und zerrte ihre Eingeweide heraus, legte sie dann vorsichtig neben den Leichnam, bevor er sie in Schlaufen und Ösen um die Gliedmaßen verteilte. Dann vergrub er sich erneut in sie, um Herz und Nieren zu entfernen. Beide waren leicht irritiert, als sie nur eine Niere finden konnten.
»Nimm, was wir haben«, sagte Klaue.
Er kramte die Plastiktüten aus der Werkzeugkiste. Das Herz wurde aus dem Körper getrennt und zuerst eingetütet. Dann die linke Niere.
»Die Leber essen wir noch hier«, sagte ihm Klaue.
»Okay, okay.«
»Ich will den Kopf«, sagte Klaue.
»Was? Was meinst du?«
»Den Kopf.«
»Du willst den Kopf mitnehmen?«
»Ja, verdammt.«
»Wofür?«
»Für später.«
»Okay, okay.« Mit einem Teppichmesser, das man normalerweise benutzte, um Linoleum zu schneiden, schlitzte er ihren Hals ringsherum auf. Er konnte spüren, wie der Kopf nachgab, der nun nur noch von der Halswirbelsäule gehalten wurde. Mit dem Teppichmesser war diese letzte Verbindung schnell durchtrennt. Der Kopf rollte vom Körper, als wollte er sich aus dem Staub machen. Er griff danach und sofort schnappte Klaue ihn sich. Er baumelte am Ende der Klaue.
Das augenlose Gesicht wurde weiter von der Klaue verstümmelt, während sich Ovid über die rohe Leber hermachte, aber plötzlich hörte er draußen ein Geräusch.
»Das Licht!«
Ovid machte es aus. Jemand kam die steinernen Stufen hinab und war direkt vor der Tür. Wer immer es war, sah das aufgebrochene Schloss und hatte den merkwürdigen Lichtschein im Inneren gesehen, hatte dann fallenlassen, was immer er oder sie trug und war davongeeilt.
»Das Werkzeug, sammle alles ein, alles!«, schrie Klaue.
Ovid erledigte es so schnell und sorgfältig, wie er konnte und als er sich umdrehte, fand er sich allein mit dem enthaupteten, verstümmelten Leichnam wieder. Klaue war mit leeren Händen gegangen. Er würde den Kopf zurücklassen müssen und hoffen, dass er sich mit seinen Werkzeugen und den beiden Organen in der Werkzeugkiste davonmachen konnte.
Er rannte nach draußen in die Dunkelheit. Von Klaue war nichts zu sehen.
Der Neuling, den Tyler Davis ausbildete, sagte ihm, dass sie einen Funkspruch bekommen hatten, als er gerade den Kaffee geholt hatte. »Was für ein Anruf?«
»Einen normalen 10-22, Sergeant Davis.«
Tyler war schon seit elf Jahren ein ausbildender Sergeant und die Neulinge erstaunten ihn immer wieder. »An einem 10-22 ist absolut nichts normal. Wenn Sie mit dieser Einstellung auf einen 10-22 reagieren, Officer Chase, dann kriegen Sie das verdammte Gehirn rausgeblasen, wenn Sie an einer Tür klingeln. Ist schon passiert.«
»Vielleicht nur ein Stadtstreicher«, sagte Bryan Chase zu seinem ausbildenden Sergeant und zuckte die Achseln.
»Funksprüche wie der gehören zu den riskantesten. Dann mal los. Haben Sie die Adresse?«
Chase schaltete die Sirene ein und fädelte sich im selben Moment in den Verkehr, in dem Davisʼ breiter Hintern auf dem Sitz saß, wobei er seinen Kaffee verschüttete, was ihn nur noch mehr aufbrachte. Nachdem er aufgehört hatte zu fluchen, trocknete sich Tyler Davis mit einem Taschentuch ab. Dann sagte er langsam und ruhig zu Chase: »Wenn Sie einen 10-30 reinkriegen, dann wissen Sie, was passiert. Wenn Sie einen 10-11 bekommen, können Sie ziemlich sicher wissen, wohin die Reise geht. Die Scheiße hier könnte ein gerade stattfindender Einbruch sein, klar. Könnte ein Einbruch aus einer Reihe an Gründen sein. Eifersüchtiger Freund oder ein Ehemann, der seine Frau schlägt. Könnte auch ein Mann mit einer Pistole sein.«
Der Funkstreifenwagen hielt vor einer alten Klinkervilla, wo sich drei Leute – zu dieser Nachtzeit und in dieser Gegend quasi eine Menschenmenge – versammelt hatten. Das stroboskopartige Blaulicht auf dem Funkstreifenwagen zog noch mehr Publikum und neugierige Jugendliche an. Der Hausmeister des Gebäudes sagte ihnen, er hatte angerufen, als einer der Mieter an seine Tür gerannt kam und ihm gesagt hatte, im Wäscheraum im Keller ginge etwas Furchtbares vor sich. Der Hausmeister ging voran.
Die hintere Kellertür stand offen und das finstere Innere wirkte wie der Schlund einer Höhle. Davis hatte seine Taschenlampe mitgenommen und durchschnitt die Dunkelheit mit einem dünnen Lichtstrahl, wobei er rief: »Kommen Sie raus, und zwar alle! Hier ist die Polizei. Kommen Sie mit erhobenen Händen raus!«
Es gab keine Antwort.
»Gibtʼs hier einen Lichtschalter?«, fragte er den Hausmeister.
»Sicher, in der Mitte des Raums hängt eine Kette.«
Der Lichtstrahl der Taschenlampe wurde von der stumpfen Oberfläche einer Waschmaschine und eines nicht dazu passenden Trockners reflektiert. »Sieht ja hier aus wie in Kalkutta«, murmelte Davis. »Und irgendwas riecht merkwürdig.«
»Ich rieche nichts«, erwiderte Bryan Chase.
Davis war in Vietnam Sanitäter