DIE KLAUE - Der Kannibale von New York. Robert W. Walker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert W. Walker
Издательство: Bookwire
Серия: Die Fälle der Jessica Coran
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353800
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die Gedanken durcheinander. »Ich versteh' das nicht, Carl.«

      »Sie sind der beste Mann für den Job.«

      »Bin ich das?«

      »Wir sind uns da alle einig. Das heißt, der Bürgermeister und alle aus seinem Umfeld.«

      Stallings mischte sich ein. »Der Bürgermeister hat eine Menge Leute unter die Lupe genommen und Sie sind ganz oben auf der Liste gelandet, Captain Rychman. Es ist ein wichtiger Fall; das wird Ihnen auch mit Sicherheit helfen, wenn Sie eines Tages für ein politisches Amt antreten – vielleicht nicht unbedingt dieses hier.«

      Eldritch und Stallings lachten, aber Morris blieb ernst.

      »Was ist mit Morris?«, fragte Rychman, der sich nicht sicher war, ob er eine solche Taskforce leiten wollte. Eine Taskforce zu leiten war zermürbend, man arbeitete unglaublich lange und er war sich noch nicht ganz klar, was Eldritchs Motivation war.

      »Morris kann Ihre Pflichten auf der Dienststelle übernehmen, solange Sie in der Taskforce sind«, erklärte Carl Eldritch.

      »Ich verstehe.«

      »Ich hielt es für naheliegend, dass Sie die Führung übernehmen, Alan. Schließlich sind Sie ja ursprünglich mit der Idee zu mir gekommen, wenn Sie sich erinnern.«

      »Ja, daran erinnere ich mich.«

      »Sie waren derjenige, der das FBI hinzugezogen hat. Die schicken jemanden. Sie haben von Anfang an mit diesem Fall zu tun, seit dem ersten Mord. Es schien nur natürlich, dass Sie da weitermachen«, fuhr Eldritch fort.

      Stallings sprang wieder ein: »Und Sie waren die erste Wahl des Bürgermeisters, Alan.«

      Rychman sah Lowell Morris an, der schweigend den Blick erwiderte.

      »Ich nehme an, dann ist es wohl politisch korrekt, den Posten anzunehmen. Und wenn ich mir den Auflauf im Flur ansehe, dann gehe ich mal davon aus, dass Sie eine Pressekonferenz abhalten wollen.«

      »Soll das heißen, Sie nehmen an?«, fragte Stallings.

      Rychman fühlte sich in der Falle, ein Teil von ihm wollte wegrennen und ein anderer Teil wollte, dass er sich der größten Herausforderung seines Berufslebens stellte. Er murmelte: »Ich sollte mal meinen Kopf untersuchen lassen. Eine Sache noch, Carl. Ich will nicht, dass irgendwer – wer auch immer – meine Anordnungen in Zweifel zieht oder meine Autorität untergräbt. Verstanden?«

      »Absolut. Das werden Sie nicht bereuen, Alan.«

      »Irgendwie«, sagte Rychman, »bin ich da nicht so sicher.«

      Eldritch informierte ihn, dass man im Gebäude bereits einen Beweismittelraum und Büros für die Taskforce einrichtete. Rychman erwiderte, er wisse das bereits, er kenne sogar schon die Zimmernummern.

      »In einer Polizeistation kann man einfach keine Geheimnisse haben.«

      »Ich weiß nicht, es war eine ziemliche Überraschung, dass ich in diese Taskforce berufen wurde.«

      Alle schüttelten sich die Hände und Ken Stallings sagte: »Der Bürgermeister will, dass Sie sofort loslegen, Alan. Verstehen Sie?«

      »Sicher, er will, dass die Klaue lieber gestern als heute weggesperrt ist.«

      Stallings lächelte. Sein Grinsen sah aus wie die Ausgießlippe eines großen Kruges. Die drei Cops sahen dem davoneilenden Mann im Brooks-Brothers-Anzug hinterher.

      »Ich dachte, er hält vielleicht noch eine kleine Motivationsrede für die Taskforce«, sagte Rychman.

      »Zum Glück nicht«, erwiderte Eldritch.

      Morris stand auf, steckte sich eine Zigarette in den Mund, die er aber nicht anzündete, und verkündete: »Ich kümmere mich um Ihre Leute, Alan.«

      »Ich weiß, dass Sie das tun, Lowell, und viel Glück.«

      Morris verschwand.

      »Sie werden die besten Männer zur Verfügung haben, Alan«, sagte Eldritch, als sie allein waren. »Die besten aus jedem Bereich und die meisten haben bereits an einem oder mehreren der Fälle gearbeitet. Handverlesen, alles gute Männer.«

      »Wann wurde all das ausgeheckt? Gestern Abend hatte ich noch kein Wort davon gehört. Und jetzt …«

      »Wir haben schon alle vorher an Bord geholt, als Sie weg waren. Dann schien es, als hätten die Morde aufgehört … na ja, und dann der von letzter Nacht. Ach, was macht das jetzt noch für einen Unterschied?«

      »Ich hätte vielleicht gern mein Team selbst zusammengestellt.«

      »Hey, Alan, wir sind doch alle im selben Team, oder nicht? Davon abgesehen, Sie kennen die meisten der Männer, die unter Ihnen Dienst tun werden.«

      Rychmans Augen durchbohrten Eldritch. »Die meisten, aber nicht alle, ist nicht gut genug, Carl.« Rychman wusste, dass es im Team mindestens ein oder zwei Maulwürfe geben würde, die direkt dem Polizeichef berichteten.

      Zumindest ging Eldritch transparent vor, dachte er.

      Rychman trat in den Beweismittelraum der Mordkommission, der aller Vermutung nach für einige Zeit sein Zuhause werden würde.

      Fotografien der Opfer aus allen möglichen Winkeln stachen einem sofort ins Auge. Mehrere Großaufnahmen zeigten die Grausamkeiten, die den toten Frauen angetan worden waren. In diesem Raum standen nun der Taskforce die wenigen Beweise zur Verfügung, die in den verschiedenen Bezirken gesammelt worden waren – die zerfetzte Kleidung der Opfer; ihre Schuhe; eine erbärmliche Handtaschensammlung, deren Inhalt einst um ihre Leichen herum verstreut gelegen hatte; ein paar Papierfetzen; ein Gipsabdruck einer Fußspur, der in einer matschigen Gasse gesichert worden war; Polizeiberichte; Dossiers über die Opfer, ihre Freunde und Verwandten; detaillierte, langweilige forensische Berichte darüber, wie jede der Frauen genau gestorben war – all das lag auf einer Reihe billiger Klapptische. Rychman hatte das Gefühl, dass jeder Beweisgegenstand ihm seine Bedeutung entgegenschrie, es aber niemand hören konnte. Lippenstifte, Schlüssel und kleine Schlüsselanhänger, wie von Kindern, Geldbörsen mit Fotos darin, verstreute Nagelfeilen und Make-up-Sets. All die sogenannten Beweise waren nichts weiter als Gegenstände der Opfer, nichts Besonderes, und alle erzählten höchstens etwas über die Opfer und nicht über den Verbrecher. Frustration machte sich bereits breit, noch bevor die Taskforce die Arbeit aufgenommen hatte.

      Eldritch hatte ihn in der Ansammlung von Polizeibeamten zurückgelassen, die aus den fünf verschiedenen Polizeibezirken versammelt worden waren. Carl musste bei einer Pressekonferenz sein, wo er verkünden wollte, dass Alan Rychman die neu gebildete Taskforce leiten würde. Sobald Eldritch verschwunden war, ging Rychman zur Stirnseite des Raums, nahm den kleinen Hammer, der dort lag, und klopfte damit auf den Tisch, um für Ruhe zu sorgen. Einige der Gesichter, die ihn ansahen, kannten ihn von früheren Fällen, manche kannte er nicht und andere kamen gerade erst.

      Unter den Nachzüglern waren Leute, die Rychman nicht kannte, und er hatte Sorge, dass sich die Presse einschleichen könnte. Er verlangte, dass alle ihren Ausweis zeigen mussten, die hereinkamen. Einem seiner Detectives wurde diese Ehre zuteil. Dann wurde Rychmans Aufmerksamkeit, zusammen mit der aller anderen, von einer großen, langbeinigen und beeindruckend schönen Frau in einem grauen Anzug gefangen genommen. Ihre haselnussbraunen Augen waren klar, groß, intelligent und wirkten neugierig, dachte Rychman. Sie hatte einen Stock und humpelte leicht. Vielleicht gehörte sie zur Presse. Auf jeden Fall kannte er sie nicht, aber er kannte schließlich nicht jeden Detective oder Cop in der Stadt. Sie konnte genauso gut eine Polizeipsychologin sein, jemand, der beim Profil des Killers helfen sollte, das sie erstellen mussten. Sein Mann an der Tür, der sich ein wenig Zeit ließ, ihren Ausweis zu checken, nickte. Anscheinend war alles okay. Die hübsche Fremde hinkte nur ein paar Meter in den Raum, dann stand ein Detective auf und bot ihr einen Platz in der vorderen Reihe an.

      Rychman räusperte sich, um das Gemurmel zu übertönen, und bat alle, sich zu setzen.

      »Gentlemen … Ladies … Detectives … Leute!« Über Rychmans Kopf, an der Rückseite des Raumes, starrten die