Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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      Wahrscheinlich hatte er sich die geholt, als er vom Wagen heruntergerutscht war. Es war ja mehr ein harter Fall als ein sanfter Rutsch gewesen...

      Trotzdem, er wurde das Bild nicht los: Ein staubiges großes Stiefelpaar, bewehrt mit riesigen goldenen Sternradsporen. Sporen, wie er sie bisher nur bei einem einzigen Menschen gesehen hatte.

      *

      Tulassy war eine kleine Stadt, die heute längst wieder vom Erdboden verschwunden ist. Vierzig Jahre später fand hier der Bostoner Pferdehändler Austin Leverhot Öl. Da mußte die Stadt weichen, in der einmal heißes, wildes, abenteuerliches Leben pulsiert hatte. Man könnte ein ganzes Buch über die heute versunkene Texas-Stadt Tulassy schreiben. Aber uns interessiert nur der Tag, an dem unser Freund sie streifte.

      Natürlich – er streifte die Stadt nicht nur, denn es war hier so wie fast überall, wo Wyatt seinen Fuß hinsetzte. Es geschah etwas. Viel später würde er einmal sagen: »Weiß der Teufel, wie es kam, daß überall da, wo ich hinritt, ein Abenteuer zu warten schien. Ich habe es niemals gesucht...«

      Uns mutet sein Aufenthalt in Tulassy abenteuerlich an.

      Der Tag aber, der den zerschlagenen, todmüden und ausgedörrten Missourier in die Stadt brachte, war ein trauriger Tag, an den er sich selbst nie gern erinnerte. Er war einfach hoffnungslos und unsagbar müde. Am liebsten hätte er sich in einem Boardinghouse, in einem jener blendendweiß gekalkten Hotelhäuser, ein Zimmer gemietet und drei Tage geschlafen.

      Aber als er in der Cantina des Mexikaners Florio Gusepat ein kräftiges Mahl verzehrt und einen Becher Tampicos geleert hatte, war ihm schon erheblich wohler.

      Was jetzt?

      Er brauchte ein Pferd.

      Ein Mann ohne Pferd war in diesem Land weniger als ein halber Mann.

      Der Mexikaner empfahl ihm, den

      Mietstall von Lewt Colemans aufzusuchen.

      Wyatt folgte dem Rat und fragte hier gleich nach dem Sternsporenreiter.

      »Nein, einen Reiter, auf den Ihre Beschreibung paßt, habe ich hier nicht gesehen«, erklärte der Händler.

      Also hatte der Indianer gelogen? »Gibt es noch einen Mietstall hier?«

      »Nein.«

      Damned, er hätte darauf geschworen, daß die Rothaut die Wahrheit gesagt hatte.

      Wyatt betrachtete die Pferde in der schlecht überdachten Stallung.

      Dann deutete er auf einen Fuchs. »Wieviel?« fragte er nur.

      »Siebzig Dollar.«

      Wyatt schüttelte den Kopf. Dabei war der Fuchs das einzige Tier gewesen, dem er es zugetraut hätte, daß es den Heimritt hätte überstehen können.

      Und er mußte heim. Was sollte er hier? Auf einem drittklassigen Gaul weiter durch dieses öde verbrannte Land reiten, um dem Mörder zu folgen?

      Der Gedanke an den Sternsporenreiter ließ die alte Willenskraft wieder in Wyatt aufflammen. Er untersuchte den Fuchs eingehend, und plötzlich schlug das Gespräch zweier Männer an sein Ohr, die auch zwischen den Pferden standen, sich über den Kauf eines Schimmels unterhalten hatten und plötzlich vom Preisschießen sprachen, das am Nachmittag vor der Stadt vonstatten gehen sollte.

      »Den Gaul möchte ich gewinnen. Es ist ein schwarzer Hengst von der D-Ranch, ein Prachttier...«

      Wyatt richtete sich auf und dachte an die wenigen Dollars, die er noch in der Tasche hatte. Wenn er sich diesen Fuchs kaufte, war seine Barschaft so jämmerlich zusammengeschmolzen, daß er nicht wußte, wie er über die lange Strecke heimkommen sollte. Eine Bahnverbindung nach Norden gab es nicht. Und die Postkutsche fuhr westlich, östlich und sogar südlich. Nicht aber nach Kansas hoch.

      Preisschießen.

      Wyatt stand reglos neben dem Händler zwischen den Pferdeleibern und überlegte. Er hatte schon einmal an einem Preisschießen teilgenommen. Damals eigentlich aus Spaß am Schießen. Und er hatte gewonnen.

      Aber was waren das für Schützen gewesen, die anderen? Wenig ernstzunehmende Leute. Hier in Texas sah so etwas jedenfalls ganz anders aus. Die Bedingungen würden härter sein. Und konnte er sich einen solchen Aufenthalt überhaupt leisten?

      Aufenthalt, ging es ihm durch den Kopf. Wieso war es eigentlich ein Aufenthalt? Er brauchte ein Pferd!

      Wyatt schob grußlos an dem verdutzten Händler vorbei aus dem Stall.

      Auf der Straße fand er am nächsten Store das Plakat, das er heute schon einige Male gesehen, aber nicht beachtet hatte.

      Großes Preisschießen um den Preis von Tulassy. Jeder kann teilnehmen. Einsatz ein Dollar.

      Wyatt stampfte los.

      Und jetzt erst begriff er, weshalb die Straßen so still und menschenleer waren: Draußen am Westrand der Stadt hatte sich eine vielhundertköpfige Menschenmenge eingefunden.

      Wyatt zwängte sich zwischen den Leuten hindurch. Und er war gerade an der Barriere zum Schießstand, als ein schnauzbärtiger Mann das Klappholz senkte. »Schluß. Es sind zwanzig Leute!«

      Wyatt preßte die Zähne zusammen und blickte auf die Männer, die sich am Jurytisch versammelten.

      Es waren lauter harte, rauhe Typen, Cowboys und sicher auch Leute, die den Revolver besser zu benutzen verstanden als ihr Hirn, Revolvermänner, die von ihrem Schießeisen auf eine mehr oder weniger gesetzliche Weise lebten.

      Jeder von ihnen hatte ein Gewehr in der Hand.

      Das Schießen begann. Es wurde auf eine weiße Scheibe geschossen, die sehr weit weg stand. Wyatt schätzte, daß es über hundert Yards waren.

      Wyatt, der die Schützen durchzählte, kam immer wieder auf die Zahl neunzehn.

      Dann rief er den Obmann an. »He, Mister – könnt ihr nicht zählen, oder schießen Sie auch mit?«

      »Ich – wieso?«

      »Das sind doch bloß neunzehn Leute!«

      Der Mann ging hin, tippte beim Zählen jeden der Schützen an und kam dann zurück. »Es sind neunzehn! Noch einer also!«

      Neben Wyatt blieb alles ruhig.

      Da schob sich der Missourier an der erhobenen Barriere vorbei.

      Der Obmann warf einen Blick auf seine Winchester. »Damit wollen Sie die Scheibe treffen?«

      »Ich will’s versuchen.«

      »Sie ist zu weit. Sie müssen ein größeres Gewehr haben!«

      »Laß ihn zufrieden, Jim!« brüllte einer aus der Menge. »Und mach deine Glotzaugen auf. Das Ding ist eine 73er. Wenn er schießen kann, trifft er die Scheibe damit so gut wie die anderen.«

      Wyatt war der letzte im ersten Durchgang.

      Der beste Schuß saß im vierten Ring.

      Wyatt Earp trat an den weißen Strich.

      Er nahm das Gewehr hoch, zielte ganz kurz und schoß.

      Hinter der Scheibe tauchte der Mann aus dem Deckungsloch auf, steckte den Kopf an das weiße Feld – und jeder sah, daß er sich durch die Augen wischte und noch mal hinsah.

      Dann setzte er sich.

      By gosh, der Bursche setzte sich hin, nahm seinen Hut ab und warf ihn auf den Boden. Dann sprang er plötzlich auf und rannte los auf den Jurytisch zu. »Zwölf!« rief er bellend. Brüllend kamen die Leute zurück.

      »Es ist tatsächlich eine Zwölf! Ein Glücksschuß, Mister!«

      Die anderen drängten auf den zweiten Durchgang.

      Wyatt schoß eine Zwei.

      Der beste der anderen schaffte eine Sieben.

      »Das Ziel ist zu weit!« meuterten