Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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wobei ihm der Schweiß in großen Perlen von der Stirn rann. »Aber ich werde meine Pflicht als Marshal nicht verletzen!«

      »Dann stirb!« Donegan feuerte einen zweiten Schuß ab.

      Ein metallischer Aufschlag – und der alte Mann kippte nach vorn über den Körper des Richters hinweg gegen das Gitter.

      Der Verbrecher griff durch die Stäbe und riß den Marshal zu sich heran. Mit einiger Mühe brachte er den Zellenschlüssel an sich und öffnete das Gitter.

      Er ging hinaus, sah sich nach allen Seiten um und näherte sich dem Stall, der zum Sheriff-Office gehörte.

      Da stand sein Tier. Er sattelte den Fuchs mit raschen Griffen, sprang auf – und stieg langsam wieder ab.

      Er hatte dem anderen Pferd bis jetzt keinen Blick geschenkt. Nun aber stach ihm der Grauschimmel in die Augen. Donegan warf ihm einen Sattel auf und nahm ihn an den langen Zügel.

      Als er mit den beiden Pferden den Stall verließ, war die Straße ruhiger geworden.

      Aber niemand achtete auf den Reiter mit den beiden Pferden.

      *

      Als Wyatt Earp seinen Brandy getrunken hatte, wollte er die Schenke verlassen.

      An der Tür trat ihm ein kleiner blaßgesichtiger Mann entgegen. Er hatte sichelkrumme Beine und ein Spitzmausgesicht. Sein Anzug war grau und abgetragen. Nur in seinen Augen war Glanz und Leben.

      »Hallo, Mr. Earp. Gut, daß ich Sie treffe.«

      Wyatt blickte den Kleinen ruhig an. »Tag, Mr. Hyanney!«

      »Ich hatte Sie schon im Office gesucht. Rooster meinte, daß Sie vielleicht einen Brandy trinken gegangen wären.«

      Wyatt nickte. »Ja, das bin ich.«

      Der kleine Mann nahm eine dickbauchige Zigarre aus der Tasche und bot Wyatt auch eine an. »Seit drei Wochen verschwinden bei mir unentwegt Rinder, ich habe alles mögliche unternommen. Meine Boys waren tagelang unterwegs, oben in den Bergen, drüben auf den Plains. Nichts; die Rustler müssen sich verdammt gut hier auskennen.«

      Wyatt nickte wieder. »Doch, das denke ich auch; sonst hätten Ihre Leute ja wenigstens eine Spur von ihnen finden müssen.«

      »Eben, das stimmt mich bedenklich. Ich vermute…«

      James Hyanney vermutete nicht mehr und nicht weniger, als daß seine eigenen Leute das Vieh weggetrieben hatten. Der kleine Rancher war vom Mißtrauen völlig zerfressen. Mehr als siebenhundert Rinder hatte er in der kurzen Zeit von drei Wochen verloren. Einen Sohn hatte er nicht – und dem Vormann mißtraute er wie allen anderen.

      Wyatt blickte auf seine staubbedeckten Stiefel. »Es ist gut, Mr. Hyanney, ich reite mit.«

      Die verhängnisvolle Zeit, die Wyatt mit diesem Ritt verlor, brachte dem Richter John Gennan den Tod, warf den Marshal um und ließ den dreifachen Mörder und Pferdedieb Jack Donegan entkommen.

      *

      Wyatt hatte beim Blacksmith sein Pferd abgeholt. Es war nur ein Huf locker gewesen. Deshalb hatte er das Tier gleich mitnehmen können. Er war mit Hyanney geritten, neun Meilen weit, auf die kleine Ranch. Es war nicht viel dabei herausgekommen. Slim McIntosh, der Vormann, hatte den Rancher ausgelacht, als der ihm seinen schweren Verdacht in Gegenwart des Hilfsmarshals entgegengeschleudert hatte.

      Und doch ahnte Wyatt, daß die Cowboys es waren, die den Rancher bestohlen hatten. Sie machten allesamt einen merkwürdig verworrenen Eindruck. Wyatt beschloß, sie insgeheim zu beobachten.

      Als er in die Stadt zurückkam, war es Nachmittag.

      Er brachte sein Tier in den Stall, tränkte es und ging dann ins Office hinüber.

      Der Raum war leer.

      Ehe Wyatt sich der Tür zum Gefängnistrakt zuwandte, flogen seine Augen zu dem Haken an der Wand, wo Jack Donegans Waffengurt gehangen hatte.

      Wyatt nahm den Colt in die Hand, stieß die Tür auf und – sah die beiden Männer am Boden vor der offenen Zelle liegen.

      Wyatt sprang hinzu, riß die leblose Gestalt des Marshals hoch und sah, daß der Alte die Augen öffnete. »Mr. Rooster, was ist passiert?«

      Der Alte stierte benommen um sich. Dann sah er den Richter neben sich liegen. »Gennan! John Gennan! Donegan hat ihn erschossen – und dann hat er mich…« Rooster griff mit zitternder Hand nach seinem Herzen.

      Wyatt richtete John Gennan auf. Er blickte in die starren Augen eines Toten. »Wer ist das?« fragte er.

      »John Gennan.«

      »Der Richter aus Sheridan?«

      »Yeah«, keuchte der Alte. »Aber was ist mit mir?« Er hielt seine Hand krampfhaft auf die linke Brustseite gepreßt.

      Wyatt riß die Jacke des Alten auf. Als er auch das Hemd öffnen wollte, hielt er inne und betrachtete den fünfzackigen Metallstern. »He, Marshal. Der Stern hat Ihnen Glück gebracht. Die Kugel hat ihn eingebeult –«

      Rooster stand schwankend auf und hielt sich am Gitter fest. Dann deutete er auf die leblose Gestalt Gennans. »Ist er… ist er tot?«

      Wyatt nickte. »Ja, ins Herz getroffen. – Wie ist denn das alles passiert?«

      Der Marshal berichtete.

      Wyatt stand auf und ging ins Office hinüber.

      Rooster folgte ihm mit schleppendem Schritt.

      Wyatt nahm seine Winchester aus dem Gewehrschrank, prüfte seinen BuntlineRevolver, steckte sich Reserve-Munition ein und ging zur Tür. »Ich werde ihn suchen.«

      *

      Zu diesem Zeitpunkt hatte der Mörder mehr als fünf Stunden Vorsprung. Er ritt die ganze Nacht hindurch und wechselte die Reittiere dauernd. So kam er schnell vorwärts.

      Der Mörder Jack Donegan tat das, was ein vernünftiger Mensch niemals getan hätte: Er blieb am Fluß, er blieb im Land, er ritt nach Westen, auf die Stadt Dodge City zu.

      Und sein Verfolger ahnte es.

      Wyatt wußte nicht genau, wieso er auf den Gedanken gekommen war, nach ­Dodge City zu reiten. Jedenfalls war es sein Ziel. Obgleich es naheliegender gewesen wäre, zur Grenze hinaufzureiten, nach Nebraska. Nur blieb Wyatt Earp nicht am Fluß. Er blieb nicht auf der großen Straße hinauf nach Raymond. Schon vor Hutchinson überquerte er den Arkansas und ritt über St. John nach Kinsley. Da erreichte er den Fluß wieder.

      Es waren nicht ganz fünf Tage vergangen, als Wyatt Earp in den Straßen der verrufensten Stadt des Westens, in Dodge City, einritt.

      Schon von weitem hatte er die gewaltigen Staubwolken gesehen, unter denen die herangetriebenen, riesigen Viehherden standen. Dodge war die Endstation des berühmten Santa Fé Trails. Und was die zahllosen Viehtreiber, die die Stadt unsicher machten, nicht geschafft hatten, das erreichten sie zusammen mit den Pelztierjägern, die vom Norden herunterkamen. Hier in Dodge City sammelten sich also nicht nur vom Süden und Südwesten her die großen Herden, es war nicht nur der Viehumschlagsplatz und die Hauptniederlassung des Büffelhauthandels, auch die Pelztierjäger aus Montana und Colorado hatten die Stadt als ihr Endziel erkoren.

      Der Sheriff war ein harter Bursche. Er hieß Masterson und hatte es verstanden, sich Respekt zu verschaffen. Aber was vermochte er gegen die ständigen Schießereien, gegen die dauernden Schlägereien und all das, was sich sonst in dieser Stadt ereignete, zu unternehmen?

      Es hatte sich längst bis weit in den Osten hinein herumgesprochen, daß in Dodge City der Teufel los war. Die Saloons wuchsen wie Pilze aus der Erde. In Ed Haringstons berühmter Bar tanzten jeden Abend zwanzig hübsche Mädchen, die angeblich aus Paris gekommen waren.Und nebenan bei Myrna Livey sollten es sogar fünfundzwanzig sein. Das war indes keine Attraktion für die Stadt, denn gegenüber in Old Barrys Casino wurden bei roter Beleuchtung Südseetänze gezeigt, und Ken Harpers Saloon bot Dinge, die sicher nicht erlaubt waren. Saloon neben Saloon. Und überall herrschte Hochbetrieb,