Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740936938
Скачать книгу
seinen Pelzanzug. »Ich mache mich auf den Weg. Immerhin sind es bis zu Red hundert Jahre. Eine ganz schöne Entfernung.«

      *

      Längst hatte der Geisterdetektiv darauf verzichtet, auf die Uhr zu sehen. Den Wechsel von Tag und Nacht gab es nicht. Auch die hellen und

      dunklen Zeiten innerhalb von ›Charly‹ waren durch die Zerstörung der meisten Anlagen ausgefallen.

      Rick hatte sich einigermaßen ausgeruht, ehe es ganz schlimm losgegangen war. Das mußte genügen. Er ahnte schon jetzt, daß er bis zum Abschluß dieses Falles keine Atempause mehr bekommen würde.

      Das Wetter hatte sich wieder verschlechtert. Es schneite in dicken Flocken. Wenigstens wehte noch kein Sturm.

      Durch den heftigen Schneefall war die Sicht behindert. Rick verzichtete auf seine Schneebrille. So konnte er trotz des weißen Schleiers vor seinen Augen wenigstens einigermaßen seine Umgebung erkennen.

      Ehe er sich dem geborstenen Eisblock näherte, umrundete er ›Charly‹ einmal. Er wollte sich vergewissern, daß während seiner Abwesenheit der Station keine unmittelbare Gefahr drohte.

      Überall waren die Spuren der Mumie zu sehen. Rick schauderte noch nachträglich. An zahlreichen Stellen war die Außenwand der Station eingebeult. Hinter den Fäusten des Untoten hatte die Kraft einen Dampfhammers gesteckt. Es grenzte beinahe schon an ein Wunder, daß die Mumie nicht früher in die Station gelangt war.

      Die Beulen waren für ›Charly‹ nicht das schlimmste, auch nicht der zerstörte Notausgang, den die Wissenschaftler inzwischen wieder einigermaßen hingekriegt hatten. So leicht drang hier niemand in ›Charly‹ ein. Wirklich schlimm war im Moment die Versorgungslage. Rick fürchtete nämlich, daß Mervin Sanders und Lilian Harper untertrieben hatten, um keine Panik aufkommen zu lassen.

      Er verstand einiges von Technik. Seiner Meinung nach würde ›Charly‹ nicht mehr tagelang durchhalten können, auch nicht, wenn sich die Besatzung auf das Nötigste beschränkte. Es herrschten so extreme Temperaturen, daß allein die Heizung schon ein unüberwindliches Problem darstellte. Dazu kam der Mangel an geeigneter Nahrung. Die meisten Lebensmittel froren in der ungeheizten Station ein und wurden dadurch ungenießbar. Sie hatten nicht mehr die Möglichkeiten, die Speisen heiß zu machen, nicht einmal, sie aufzutauen. Rick hoffte nur, daß Mervin mit seiner Prophezeiung recht hatte. Wenn die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit wirklich so wichtig waren, mußte ein Hilfskommando schon unterwegs sein.

      Wenn es nur rechtzeitig eintraf! dachte der Geisterdetektiv und beendete seinen Rundgang. Er hatte nichts Verdächtiges bemerkt und wandte seine Aufmerksamkeit dem Eisblock zu.

      Er wollte die Grundfläche des geborstenen Blocks betreten, um in die Vergangenheit zu gelangen. Red hatte es ebenso gemacht.

      Zwischen ›Charlys‹ Hauptschleuse und dem Eisblock lag nur eine kurze Strecke. Der dichte Schneefall verhinderte jedoch, daß Rick schon von seinem jetzigen Standort aus sein Ziel sehen konnte.

      Der Geisterdetektiv watete durch den tiefen Schnee. Er konnte den haushohen Block gar nicht verfehlen, wenn er immer geradeaus ging.

      Er verfehlte ihn auch nicht. Insofern klappte sein Unternehmen. Doch als er davor stand, vergaß er vor Überraschung sekundenlang zu atmen.

      Der mächtige Eisblock befand sich an derselben Stelle, aber wie hatte er sich verändert.

      Er war wieder zu einem einzigen Block zusammengewachsen und so unversehrt, als wäre er nie gespalten gewesen.

      Durch das bläulich schimmernde Eis hindurch entdeckte der Geisterdetektiv eine hohe Gestalt, die mit ausgebreiteten Armen in dem Block eingeschlossen war.

      Es war die Mumie, der Untote, der in sein ursprüngliches Gefängnis zurückgekehrt war und dadurch jeden Weg zu Red in der Vergangenheit versperrt hatte.

      *

      Rick Masters versuchte alles mögliche. Er schlug mit den Fäusten gegen die glatte Eisfläche. Er trat dagegen. Er schoß seine Pistole ab. Er schlug mit der Silberkugel gegen den Eisblock.

      Es half alles nichts. Er teilte sich nicht noch einmal. Auch der Untote im Eis zeigte keine Wirkung.

      Niedergeschlagen kehrte Rick zur Hauptschleuse zurück und gab das vereinbarte Klopfzeichen.

      Mervin Sanders kam ihm an den Eingang der Station entgegen. Er sah Rick fragend an.

      »Hoffnungslos«, sagte der Geisterdetektiv. »Die Mumie steckt wieder im Eis, der Block hat sich geschlossen. Es gibt keinen Zugang zu Red.«

      Sanders schüttelte erschüttert den Kopf. »Ehrlich gestanden, ich mochte diesen Red nicht. Aber daß er auf diese Weise umkommen soll… Das möchte ich natürlich nicht. Können wir denn gar nichts dagegen unternehmen?«

      Der Geisterdetektiv überlegte ein paar Sekunden lang konzentriert. Niemand störte ihn dabei.

      »Noch lebt Red«, murmelte Rick. »Wir haben vorhin gesehen, daß er sich der Expedition in der Vergangenheit angeschlossen hat. Nehmen wir an, daß sie noch unterwegs sind. Sie steuern ein uns unbekanntes Ziel an. Auf der Rückkehr werden sie die Küste nicht mehr erreichen, sondern ganz in unserer Nähe ums Leben kommen – praktisch vor den Toren von ›Charly‹.«

      »Ach so.« Mervin Sanders nickte eifrig. »Wir haben ja ihre Leichen vor ›Charly‹ gesehen. Ich begreife.«

      Rick gab ihm durch Handzeichen zu verstehen, daß er schweigen sollte. Er war mit seinem Gedankengang noch nicht am Ende.

      »Angenommen, daß alle wieder zurück zum Ausgangspunkt kommen«, fuhr er fort. »Dann müßte auch Red leben, wenn die Expedition erneut hier auftaucht. Wenn es mir dann gelingt, Red rasch in die Station zu bringen, wäre er gerettet.«

      »Möglicherweise jedoch in einem schrecklichen Zustand«, fiel Lilian Harper ein. »Denken Sie daran, wie erschöpft die anderen unmittelbar vor ihrem Tod waren.«

      »Sie haben recht!« rief der Geisterdetektiv verzweifelt. »Ich möchte auch verhindern, daß Red solche Strapazen durchmachen muß. Aber haben Sie einen brauchbaren Vorschlag?«

      »Wir müßten den Eisblock sprengen, dann ist der Zugang wieder frei.« Lilian sah Rick erwartungsvoll an.

      »Haben Sie Sprengstoff?« erkundigte sich der Geisterdetektiv.

      Daraufhin schüttelte die Biologin den Kopf. Rick zuckte entmutigt die Schultern.

      »Es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen vorläufig abwarten«, entschied er und ließ die Wissenschaftler stehen.

      Es tat ihm leid, doch er konnte keine rettende Idee erzwingen. Er ging in seine Unterkunft, streckte sich auf dem Bett aus und versuchte zu schlafen. Er würde seine Kräfte brauchen, wenn die Mächte des Bösen zum nächsten Schlag ausholten.

      Er kam jedoch nicht zur Ruhe. Immer wieder kreisten seine Gedanken um Red und eine Lösungsmöglichkeit. So lag er ein paar Stunden da, zwischen Schlafen und Wachen schwankend. Gelegentlich ging seine Phantasie mit ihm durch und gaukelte ihm Bilder einer Expedition vor, die sich durch den Winter der Antarktis vorkämpfte. Dann wieder überlegte er klar und logisch und sann auf eine Methode, den Eisblock zu spalten.

      Dieser Zustand wurde erst unterbrochen, als ein schwaches Geräusch an seine Ohren drang. Im ersten Moment glaubte der Geisterdetektiv, es wären wieder die Schallwellen, die von einem gewaltigen Gong zu stammen schienen und einen Blick in die Vergangenheit ankündigten.

      Als jedoch die erwarteten heftigen Wellen ausblieben, die Menschen von den Beinen reißen konnten, lauschte er aufmerksamer. Plötzlich wußte er auch, was es war.

      Er sprang vom Bett und stürmte auf den Korridor hinaus. Die übrigen Besatzungsmitglieder von ›Charly‹ hatten es ebenfalls gehört und richtig gedeutet.

      »Ein Schiff!« schrie jemand. »Sie sind durchgekommen! Ein Schiff ist da!«

      Da erklang wieder die Schiffsirene, klar und deutlich. Rick Masters erreichte das Schott. Niemand dachte mehr an