Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740936938
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dem Jenseits zu finden.

      »Am besten wäre es, ich könnte mich in die Vergangenheit versetzen«, sagte Rick mehr zu sich selbst als zu seinem Begleiter. »Dann könnte ich vielleicht feststellen, wodurch die Expedition gescheitert ist.«

      »Bei allem Respekt, Masters, aber es wird Ihnen kaum gelingen, um hundert Jahre in die Vergangenheit zu wandern.«

      Reds spöttischer Ton störte den Geisterdetektiv. Er sagte jedoch nichts, sondern ging auf den geborstenen Eisblock zu, aus dem der Untote gekommen war. Hier versprach er sich am ehesten eine heiße Spur.

      Die beiden Hälften des Eisblocks lagen noch immer unverändert neben ›Charly‹ im Schnee. Es sah aus, als hätte ihn jemand mit einem riesigen Messer in der Mitte auseinandergeschnitten. Solche Ausmaße besaßen die Teile, daß der Vergleich mit einem Haus angebracht war.

      Beeindruckt blieb Red vor dem Trümmerhaufen stehen. Scharfkantige Eisstücke, die an der Bruchfläche abgesprungen waren, lagen herum.

      »Hier hat eine unvorstellbare Kraft gewirkt«, sagte der Agent des Secret Service. »Wenn ich nur wüßte, was es war.«

      »Ein übersinnliches Phänomen«, antwortete Rick gedankenverloren.

      Red bückte sich und nahm einen Eisklumpen auf. »Was hat Eis mit Übersinnlichem zu tun?« fragte er und schleuderte den ungefähr kopfgroßen Brocken von sich.

      Er landete genau im Mittelpunkt des einstmals geschlossenen Eisblocks – und war im nächsten Moment verschwunden.

      *

      Sekundenlang standen die beiden Männer verblüfft da. Sie starrten auf die Stelle, an der sich der Eisklumpen scheinbar in nichts aufgelöst hatte.

      »Was war denn das?« rief Red endlich aus, bückte sich und warf ein zweites Stück hinterher.

      Das gleiche passierte. Wieder beschrieb der Eisklumpen deutlich sichtbar einen Bogen durch die Luft, schlug auf dem Boden auf und war gleich darauf verschwunden.

      »Die reinste Hexerei!« rief der Geheimdienstmann.

      »Das ist auch Hexerei«, erwiderte Rick. »Ich meine das jetzt nicht nur als Redensart, sondern genauso, wie ich es sage.«

      »Hören Sie auf! Das ist eine optische Täuschung, sonst nichts. Sie können mir nicht einreden…«

      »Haben Sie etwas bei sich, wovon Sie sich trennen können?« fragte Rick dazwischen.

      Red sah ihn verblüfft an. »Ja, meinetwegen können Sie mein Taschentuch haben.« Er zog ein leuchtend rotes Tuch aus der Kombination.

      Rick hob einen faustgroßen Eisklumpen auf. Diesen band er in das Tuch ein, damit es das nötige Gewicht bekam.

      Mit einem kräftigen Schwung warf er das Taschentuch genau in das Zentrum des Eisblocks. Das leuchtende Rot hob sich von dem blendend weißen Hintergrund viel besser ab als vorher die glitzernden Eisstücke.

      Mit angehaltenem Atem verfolgte der Geisterdetektiv den Flug. Im Moment der Berührung mit dem Boden war das rote Tuch weg.

      »Eine optische Täuschung?« fragte er und trat bis an den Rand der Bruchfläche heran. Weiter wagte er sich nicht vor.

      »Das muß ich sehen!« rief Red.

      »Halt, stehenbleiben!« schrie Rick auf.

      Doch der Geheimagent achtete nicht auf seine Warnung. Er drängte sich an dem Geisterdetektiv vorbei. Rick krallte sich an seinem Arm fest.

      »Nicht weitergehen! Es ist lebensgefährlich, wenn Sie…«

      Red riß sich los und tat den entscheidenden Schritt über die Bruchkante hinaus.

      Kaum hatte er seinen Fuß auf den Boden gesetzt, als er sich in nichts auflöste.

      Er war spurlos verschwunden – wie vor ihm die Eisklumpen und das rote Taschentuch.

      Rick prallte zurück. Er hatte Red vergeblich gewarnt.

      Der Geisterdetektiv war sicher, daß der Geheimagent an demselben Ort angekommen war, an dem sich die Eisklumpen und das Taschentuch befanden.

      Die Frage war nur, wo dieser Ort lag…

      *

      Rick Masters stand vor einer schweren Entscheidung. Was sollte er tun?

      Er konnte den Geheimagenten nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Zudem war er davon überzeugt, daß sich Red nicht von allein befreien konnte – vorausgesetzt, er lebte überhaupt noch. Es bestand natürlich auch die Möglichkeit, daß er bei dem Verschwinden getötet worden war. Rick wollte diese schlimmste Version jedoch ausschalten.

      Red war also in den Bann einer magischen Kraft geraten. Rick mußte ihn zurückholen.

      Er hätte den gleichen Schritt wie Red tun können. Der Geisterdetektiv zweifelte nicht daran, daß er innerhalb des geborstenen Eisblocks unverzüglich zu Red gestoßen wäre.

      Doch da war wieder die Frage, wo er landen würde. In einem anderen Land? In einer völlig anderen Welt? Vielleicht gar im Reich der Geister und Dämonen? Oder in einer anderen Zeit?

      Vorläufig erschien es Rick als zu großes Wagnis, ohne Vorkenntnisse diesen gefährlichen Weg zu gehen. Zu leicht hätte es ein Schritt ohne Wiederkehr werden können.

      Rick entschloß sich, in die Station zurückzugehen. Wenn Red bis jetzt das Einwirken der magischen Kräfte ausgehalten hatte, konnte er auch noch eine Weile durchstehen.

      Rick mußte in erster Linie für die Sicherheit der Besatzung von ›Charly‹ sorgen. Und er mußte Mervin Sanders von dem Vorfall berichten.

      Daß das Leben der neunundzwanzig Mitglieder der wissenschaftlichen Besatzung noch immer in Gefahr war, hörte Rick gleich darauf. Sobald er sich wieder auf seine Umgebung konzentrierte, vernahm er die dumpfen Schläge der Mumie. Der einzige Pluspunkt bestand darin, daß der Untote es stur an derselben Stelle versuchte. Seine Angriffe waren offensichtlich nicht gesteuert. Er handelte wie eine Maschine, die den Befehl zum Vernichten erhalten hatte.

      Der Geisterdetektiv hastete zu der Schleuse und gab das vereinbarte Klopfzeichen. Sekunden später öffnete sich die Tür, ein Beweis dafür, daß die Wächter auf ihn gewartet hatten.

      Er betrat die Schleuse, und als sich gleich darauf die innere Tür öffnete, fand er die Mannschaft vollzählig versammelt. Es fehlten nur jene drei Personen, die am Noteingang Wache standen. An Schlaf dachte in dieser Nacht niemand.

      Der Begriff ›Nacht‹ bezog sich dabei nur auf den Zeitablauf innerhalb der Station. Hier hielten sich die Mitarbeiter streng an die Uhr. ›Abends‹ wurden die Lichter gedämpft, ›morgens‹ wieder auf volle Stärke gedreht. Im Freien herrschte ständig das gleiche Licht.

      Rick Masters schilderte in knappen Worten, was zuerst mit den Eisklumpen, danach mit dem roten Taschentuch und zuletzt mit Red geschehen war.

      Seine letzten Worte wurden abrupt von der Alarmsirene abgeschnitten.

      *

      Der Geisterdetektiv bewies seine Reaktionsschnelligkeit. Er lief als erster los. Es war wieder das Signalhorn, das sie am Notausgang installiert hatten. Daher wußte der Geisterdetektiv sofort, wohin er sich wenden mußte.

      Kaum hatte er die nächste Gangkreuzung erreicht, als zusätzlich die allgemeine Sirene aufjaulte. Die beiden Alarmanlagen veranstalteten ein ohrenbetäubendes Konzert.

      Ricks Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Der Hauptalarm brauchte gar nichts mit dem Zwischenfall an dem Notausgang zu tun zu haben. Trotzdem behielt er die Richtung bei. Es hatte keinen Sinn, wenn er sich jetzt lange auf die Suche nach der Ursache für den Hauptalarm machte. Erst mußte er sehen, was an dem zweiten Eingang passiert war.

      Er ließ sich gegen die Korridorwand fallen, die zu dem gefährdeten Schott führte, und erfaßte mit einem Blick die Situation.

      Mit der Mumie mußte eine schauerliche Veränderung vor sich gegangen