Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740936938
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würde er wie alle anderen Mitglieder dieser Gruppe – und wie Red – am Ende eines langen, beschwerlichen Marsches erfrieren.

      *

      Chefinspektor Hempshaw fuhr mit einem erschrockenen Ausruf hinter seinem Schreibtisch hoch. Verwirrt blinzelnd starrte er zur Tür seines Büros, die schwungvoll aufgeflogen und gegen die Wand geknallt war.

      »Halten Sie den Hund fest!« rief der Chefinspektor. Es war überflüssig. Diesmal dachte Hazel Kent an Hempshaws Hose. »Müssen Sie mich eigentlich so erschrecken?«

      Hazel Kent rang sich ein Lächeln ab und hielt Dracula auf ihrem Arm fest. Als der kleine Hund drohend knurrte, klopfte sie ihm mahnend auf die Schnauze. Sie hatte jedoch nicht die geringste Hoffnung, daß Dracula deshalb dem Chefinspektor freundlicher gegenübertrat.

      »Um Ihre Frage zu beantworten, Mr. Hempshaw, ich muß Sie nicht erschrecken, und ich habe es auch nicht absichtlich getan. Aber ich habe auch nicht damit gerechnet, daß Sie hinter Ihrem Schreibtisch dösen.«

      »Eins zu Null für Sie, Mrs. Kent«, sagte Hempshaw seufzend und bot ihr Platz an. »Sie haben recht, ich habe sogar geschlafen. Kein Wunder. Ich sitze hier bereits seit Ricks Ankunft in der Antarktis.«

      »Tatsächlich?« Hazel sah ihn erstaunt an. »Ich habe ja schon Gerüchte gehört, daß Sie praktisch im Yard wohnen, aber das hätte ich doch nicht erwartet.«

      »Ich mache mir Sorgen«, gestand der Chefinspektor ein. »Ich habe Ihnen schon am Telefon gesagt, daß die Verbindung mit ›Charly‹ wieder unterbrochen sei. Diesmal liegt der Schaden in der Forschungsstation. Niemand kann sich erklären, was dort passiert ist. Die zuständige Stelle hat mir erklärt, daß das Funkgerät eigentlich gar nicht ausfallen könne. Es sei nämlich für die Arbeit der Wissenschaftler so wichtig, daß es doppelt und dreifach gesichert ist.«

      »Eine Katastrophe?« fragte Hazel atemlos.

      Der Chefinspektor hob die Schultern. »Keine Ahnung«, erwiderte er und unterdrückte ein Gähnen. »Vielleicht ist es Ihnen ein Trost, daß bereits ein Schiff unterwegs ist.«

      »Das ist mir überhaupt kein Trost.« Hazel runzelte die Stirn. »Wieso ein Schiff? Ein Flugzeug wäre viel schneller.«

      »Kann aber wegen schlechter Witterung nicht landen. Wir müssen abwarten, was die Schiffsbesatzung herausfindet.«

      »Und wie lange wird dieser Kahn unterwegs sein?« fragte Hazel mit bösen Vorahnungen.

      »Ich weiß es nicht.« Hempshaw schlug wütend mit der Faust auf den Schreibtisch, daß sogar Dracula erschrocken zusammenzuckte. »Auf alle Fälle viel zu lange. Am liebsten würde ich mich in die nächste Maschine setzen und in die Antarktis fliegen.«

      Hazel drückte Ricks Hund an sich. In diesem Moment war Dracula für sie sozusagen ein Teil von Rick.

      »Ich würde sogar das Flugzeug kaufen, wenn es nur landen könnte«, flüsterte sie.

      *

      »Mr. Masters!« Einer der Wissenschaftler, dessen Namen Rick sich nicht gemerkt hatte, kam auf ihn zugelaufen. Er hielt die geschlossene Faust hoch. »Mr. Masters!«

      »Soll das ein neuer Gruß sein?« fragte der Geisterdetektiv in einem Anflug von Galgenhumor.

      Der Wissenschaftler blieb verblüfft stehen und betrachtete seine Faust. Dann schüttelte er lachend den Kopf.

      »Hier!« Er streckte Rick die Hand entgegen und öffnete die Finger. Auf seiner Handfläche lag die Silberkugel. »Ich habe sie bei den Aufräumungsarbeiten am Notschott gefunden.«

      Rick griff hastig nach seiner einzigen wirksamen Waffe gegen das Böse und verstaute sie in seiner Tasche. Nachdem er sich bedankt hatte, sah er sich nach Mervin Sanders und Lilien Harper um. Er mußte den beiden sagen, was er vorhabe und daß sie sich notfalls allein durchschlagen müßten.

      Er fand den Leiter und seine Stellvertreterin in der Zentrale. Sie überprüften gerade den Stand der Reparaturarbeiten.

      »Wie sieht es aus?« erkundigte sich der Geisterdetektiv.

      »Bescheiden«, antwortete Mervin mit einem verzerrten Lächeln. »Ich bin zwar eben erst hereingekommen, aber auf den ersten Blick sehe ich schon, daß es nicht gut läuft. Wir müssen weiter auf Sparflamme laufen. Verbindung zur Außenwelt können wir höchstens mittels Rauchzeichen aufnehmen. Die Funkanlage ist für alle Zeiten hinüber. Der Untote hat ganze Arbeit geleistet.«

      »Wir können froh sein, daß er sich aufgelöst hat«, bemerkte Lilian Harper und blickte den Geisterdetektiv an. »Sie haben doch etwas vor, Mr. Masters. Ich sehe es Ihnen an. Mittlerweile habe ich gelernt, in Ihrem Gesicht zu lesen.«

      »Sie eignen sich zur Hellseherin.« Rick ging auf ihren scherzhaften Ton ein. In ihrer Lage könnte eine kleine Auflockerung nicht schaden. Ich habe vorhin Red gesehen.«

      Lilian winkte ab. »Mervin hat es mir erzählt. Und was schließen Sie daraus?«

      Rick setzte den beiden auseinander, was er unternehmen konnte und wollte. »Falls ich aber in der Vergangenheit steckenbleibe oder mit den übrigen Expeditionsmitgliedern umkomme, müßt ihr hier allein weitermachen.«

      »Das wäre nicht das schlimmste«, erklärte Mervin. »Wir halten schon ein paar Tage durch, wenn wir nicht noch einmal angegriffen werden. Und ich gehe jede Wette ein, daß bereits Hilfe unterwegs ist. Unsere Station ist einfach zu wichtig, als daß unsere geliebten Vorgesetzten länger als nötig damit warten. Ich will ihnen durchaus nicht absprechen, daß sie sich um uns Sorgen machen. Vor allem aber wollen und müssen sie unsere bisherigen Ergebnisse bergen. Wir sind also wirklich nur zweitrangig. Viel wichtiger ist, was aus dir wird.«

      »Ich halte überhaupt nichts von Ihrer Idee«, sagte Lilian offen. »Das ganze ist ein Kamikaze-Unternehmen. Ich bin nicht für blindes Heldentum.«

      »Ich auch nicht, das kann ich Ihnen schriftlich geben.« Rick wurde sehr ernst. »Ich würde das alles nicht unternehmen, hätte ich nicht dabei die Chance, Red und die Besatzung von ›Charly‹ zu retten.«

      »Wie groß ist die Chance?« erkundigte sich Lilian nüchtern.

      Rick zuckte die Schultern. »Klein, aber sie ist vorhanden. Ich habe meine Silberkugel, und ich habe meine Pistole. Wenn ich zum Beispiel mit der Pistole den Leiter der Expedition daran hindere, mit seinen Leuten aufzubrechen, kann nichts mehr passieren…«

      »Einen Moment!« fiel ihm Mervin ins Wort. »Du widersprichst dir. Vorhin sagtest du, du könntest auf vergangene Ereignisse keinen Einfluß nehmen. Also wird diese Expedition umkommen, ganz gleich, was du tust.«

      Rick blickte ihn erstaunt an. »Du hast recht«, räumte er ein. »Aber irgend etwas wird mir schon einfallen. Vielleicht halte ich auch nur Red auf.«

      »Ich dachte, Sie würden Waffengewalt verabscheuen?« sagte Lilien Harper, der sehr daran gelegen schien, Rick von seinem Plan abzubringen. »Plötzlich wollen Sie Ihre Pistole einsetzen, um jemanden zu zwingen?«

      »Erstens würde ich damit Menschenleben retten«, fuhr der Geisterdetektiv sie an, »und zweitens könnte ich die Pistole gar nicht verwenden. Diese Leute würden in einer anderen Zeit leben als ich, auch wenn ich mich auf derselben Zeitebene befinde wie sie.«

      »Aber Red wäre in Ihrer Zeitebene und würde gleichzeitig mit Ihnen leben«, sagte Lilian scharf. »Ihn könnten Sie treffen.«

      »Hören Sie auf!« schrie Rick Masters. »Sie machen mich verrückt mit Ihrem Wenn und Aber. Was wollen Sie? Mich unsicher machen?«

      Von Lilian Harper kam nicht die erwartete energische Antwort. »Ich will nicht«, sagte sie leise, »daß Sie in Ihr Verderben laufen.«

      Rick sah sie lange an. Um ihre Mundwinkel zuckte es. Das kühle Auftreten war nur mehr eine mühsam gewahrte Maske.

      »Danke, Lilian«, sagte er. »Es tut gut, wenn man weiß, daß sich jemand Sorgen macht.«

      »He, ich mache mir auch Sorgen«, fiel Mervin Sanders ein.