Der Geisterjäger Staffel 2 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740936938
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Notbeleuchtung ist so ziemlich das einzige, was noch funktioniert«, berichtete sie. »Alles andere ist entweder restlos zerstört oder kann nur mit Mitteln repariert werden, die wir nicht haben. Einige kleinere Reparaturen können wir selbst ausführen. Sie werden Stunden dauern. Damit können wir die Beheizung auf einem Minimum aufrechterhalten, einige Grade über Null. Atemluft und Strom bekommen wir aber nicht mehr. Keine Chance.«

      Rick nickte ihr dankbar zu. Einen so präzisen Bericht hatte er schon lange nicht erhalten. Jetzt wußte er, daß die Zeit drängte. Das gefiel ihm zwar nicht, weil er nicht gern unter Druck handelte, aber er hatte keine andere Wahl. Die Geister und Dämonen der Antarktis, die Eisdämonen, ließen ihm keine andere Wahl.

      *

      Unter Lilian Harpers Anweisung machten sich die Wissenschaftler sofort daran, die gröbsten Schäden auszubessern. Rick war im Moment überflüssig, und dafür war er dankbar. Er mußte sich eine Methode ausdenken, wie er dem Spuk ein Ende bereiten konnte. Das war gar nicht so einfach, weil es keine handfesten Anhaltspunkte gab. Er mußte sich da mehr auf sein Gefühl und seine reiche Erfahrung mit ähnlichen Fällen verlassen.

      Während er langsam durch die Gänge der Station schlenderte, sah er die einzelnen Gruppen bei der Arbeit. Niemand schonte sich. Alle wußten, daß es ums Überleben ging.

      Die Funkstation war erwartungsgemäß ausgefallen. Sie konnten nicht um Hilfe rufen. Sicher würde es in der Relaisstation auffallen, daß die routinemäßigen Meldungen von ›Charly‹ ausblieben, aber bis die Rettungsaktion anlief, verging bestimmt viel Zeit.

      Und gerade das hatten sie nicht. Zeit. Sie arbeitete gegen die Menschen in der Antarktis. Kälte, Energiemangel, dazu die Bedrohung durch die Eisdämonen. Das alles drängte zu einer raschen Entscheidung.

      Auf seinem Rundgang traf Rick auf Mervin Sanders. Sein Freund wollte ihm ausweichen, aber Rick rief ihn an.

      »Warum versteckst du dich vor mir?« fragte der Geisterdetektiv verwundert. »Was ist denn in dich gefahren?«

      Mervin rang mit sich. Er fuhr sich durch die ungezügelte Haarmähne. »Ich habe versagt«, murmelte er heiser. »Im Augenblick der Gefahr habe ich die Nerven verloren und bin weggelaufen. Anstatt alles in die Hand zu nehmen, bin ich weggelaufen.«

      »Das ist schon in Ordnung«, versicherte der Geisterdetektiv. »Soweit man das in dieser Lage überhaupt behaupten kann. Es ist niemandem etwas passiert, nur weil du für ein paar Minuten…«

      »Schon gut, du willst mich nur trösten!« Mervin winkte ab. »Das ist zwar nett von dir, ändert aber nichts daran, daß…«

      »Hör auf!« fuhr Rick seinen Freund an. »Du schwimmst in Selbstmitleid, du badest förmlich darin. Geh in die Zentrale zu Lilian und versuche, gemeinsam mit ihr die Station zu retten!«

      Mervin blickte ihn überrascht und schockiert an. Nur allmählich sickerten Ricks Worte in seine Gedanken.

      »Ich glaube, du hast recht«, sagte er nach einer Weile erleichtert. »Dieser Rüffel hat mir gutgetan.«

      Er wollte Ricks Rat befolgen und in die Zentrale laufen, als etwas Unvorhergesehenes passierte.

      Der übersinnliche Gong erschütterte wieder die Station, diese Schallwellen, die ohne erkennbaren Grund entstanden und alle zu Boden warfen.

      Sie waren genauso stark wie beim ersten Mal, doch diesmal konnte sich Rick Masters bereits darauf einstellen. Sie waren für ihn nicht mehr neu.

      Er nahm seine ganze Selbstbeherrschung zusammen und war schon auf den Beinen, bevor der Gong abgeklungen war. Unter den Schallwellen schwankend lief er zur Hauptschleuse. Die Wachen knieten hilflos auf dem Boden. Rick öffnete selbst die Tore.

      Wie erwartet sah er in eine längst vergangene Zeit, als auch die Außentür aufschwang. In der Bucht lag das Dampfschiff, zwischen ›Charly‹ und dem Meer bewegten sich die Mitglieder der Expedition, die vor hundert Jahren umgekommen war.

      Schon glaubte Rick, alles wäre wie beim ersten Mal, als ihm eine Veränderung auffiel. Er kam nicht gleich dahinter, was es war.

      Nun musterte er die einzelnen Gestalten aufmerksamer. Sie wirkten so echt, als würden sie sich tatsächlich dicht vor ›Charly‹ bewegen. Rick mußte sich ins Gedächtnis rufen, daß es nur eine Vision war.

      Er kam nicht dahinter! Etwas war anders, und es war wichtig. Sein sechster Sinn schlug Alarm.

      »Rick, was ist…«

      Die Stimme von Mervin Sanders störte den Geisterdetektiv in seiner Konzentration. Rick winkte heftig ab und ließ seine Blicke über die Schneefläche gleiten. Er mußte es herausfinden, und er mußte sich beeilen, bevor die Vision wieder verschwand.

      Und dann sah er es. Eine der Gestalten war anders gekleidet, nicht besonders auffällig, aber bei genauerem Hinsehen waren die Unterschiede doch deutlich.

      Der Mann trug wie die anderen einen dichten Pelz, der auch den Kopf verhüllt und nur einen schmalen Schlitz für die Augen freiließ. Die Schneebrille verdeckte das restliche Gesicht.

      Es war eine moderne Kombination. Rick warf einen Blick auf die Stiefel. Auch sie stammten nicht aus der Zeit von vor hundert Jahren.

      Eine Ahnung überkam Rick, wer dahinter stecken mochte. Ehe er noch den Gedanken zu Ende geführt hatte, schlug der Mann für einen Moment die Kapuze zurück.

      »Red!« schrie der Geisterdetektiv auf.

      Er brüllte so laut, daß ihn der Geheimdienstmann unbedingt hören mußte. Trotzdem reagierte Red nicht.

      Rick wollte sich auf seinen Kollegen stürzen. Er tat einen Schritt aus der Station und taumelte mit einem Aufschrei zurück. Er war mit voller Wucht gegen eine unsichtbare und steinharte Wand geprallt und rieb sich jetzt die schmerzenden Stellen.

      »Red, hier bin ich, Red!« Rick gab noch nicht auf. Er winkte und schrie sich heiser.

      Es nützte alles nichts. Red unterhielt sich mit den übrigen Expeditionsnehmern, die vor hundert Jahren gelebt hatten, als hätte er sie schon immer gekannt. Zuletzt schwangen sich alle auf die Hundeschlitten und verschwanden in einer Schneewolke.

      Erschöpft wartete Rick Masters auf die Vision vom Ende dieser unglücklichen Expedition. Sie kam nicht. Statt dessen veränderte sich das Bild vor ›Charly‹. Die Landschaft nahm wieder die heutige Form an. Nichts deutete mehr auf die rätselhaften Phänomene hin, die vor ganz kurzer Zeit hier noch gewirkt hatten.

      »Sie werden sich erkälten«, sagte jemand zu Rick und zog ihn mit sanfter Gewalt in das Innere der Station.

      Der Geisterdetektiv lehnte sich gegen die Wand und versuchte, sich zu sammeln. Dieses unerwartete Wiedersehen mit Red hatte ihn erschüttert. Es hatte ihm die Bestätigung für gewisse Befürchtungen geliefert.

      Dadurch, daß Red in den geborstenen Eisblock eingedrungen war, hatte er sich um hundert Jahre zurückversetzt. Er war nun Mitglied der Unglücks-Expedition, und er schien nicht einmal zu begreifen, daß er gar nicht in diese Zeit gehörte. Für ihn schien es das Natürlichste auf der Welt zu sein, daß er mit diesen Leuten aufbrach.

      Keiner dieser Männer ahnte, daß er nicht mehr lebend zurückkommen würde, Red eingeschlossen.

      Rick Masters erkannte, daß es nur ein einziges Mittel gab, um das Unheil von seinem Kollegen abzuwenden. Er mußte sich ebenfalls um hundert Jahre zurückversetzen und Red daran hindern, an der Expedition teilzunehmen.

      Für die übrigen Mitglieder der Gruppe kam allerdings jede Hilfe zu spät. Ihr Schicksal hatte sich schon vor hundert Jahren erfüllt.

      Stöhnend griff sich Rick Masters an die Stirn. Dieses Durcheinander der Zeiten machte sogar ihm zu schaffen, obwohl er schon mit Zeitverschiebungen zu tun gehabt hatte. Es war kompliziert, den Überblick zu behalten.

      Vor allem war ungewiß, ob Ricks Rettungsaktion überhaupt Aussicht auf Erfolg hatte. Auf jeden Fall war es ein lebensgefährliches Unternehmen.

      Was passierte, wenn er sich um