SURVIVAL INSTINCT. Kristal Stittle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kristal Stittle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958350250
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kraulte. »Jemand hat unsere Kiste geklaut; das ist heute echt nicht mein Tag.«

      Alec verriegelte sein Auto so gut wie nie. Es war eine Rostlaube, an der man schon so viel repariert und ausgewechselt hatte, dass er sich gar nicht mehr an ihren ursprünglichen Zustand erinnern konnte. Zudem lag definitiv nichts drin, was einen Diebstahl wert gewesen wäre, ganz zu schweigen davon, dass kaum jemand damit hätte fahren können. Er hatte es selbst auf seine Bedürfnisse hin umgebaut, damit sein Stuhl hineinpasste, und Gas wie Bremse ließen sich per Handzug bedienen. Nicht jeder konnte ohne weiteres eine Spritztour damit machen.

      Alec zog sein Handy und rief die Polizei an.

      »Hier ist der Notruf, was kann ich für Sie tun?«, meldete sich eine Telefonistin.

      »Mein Wagen wurde gerade gestohlen – auf dem Parkplatz von Freeman's an der Ecke July und Sparrow Road.« Alec achtete darauf, ruhig zu bleiben.

      »Sir, im Moment herrscht hier hoher Betrieb aufgrund mehrerer dringender Notfälle. Bitte rufen Sie später wieder an; dann werden wir Ihre Anzeige aufnehmen.«

      »Was? Jemand hat meinen Wagen geklaut!« Damit hatte sich seine Ruhe erledigt. »Wie soll ich mit meinen Einkäufen nach Hause kommen?« Zu spät; sie hatte bereits aufgelegt. Alec wartete ungefähr eine Minute, bis er es erneut versuchte. Theoretisch war das später.

      Diesmal meldete sich eine andere Stimme. »Rufen Sie wegen einer Tätlichkeit oder ärztlicher Hilfe an?«

      »Was? Nein, mein Auto wurde gestohlen.«

      »Wir sind zu sehr ausgelastet, um Ihre Beschwerde zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufzunehmen.« Der Mann legte ebenfalls auf.

      Alec sparte sich einen erneuten Wutausbruch, denn er begriff, dass etwas Außergewöhnliches im Gange sein musste. »Komm, Rifle, wir fahren wieder in den Laden.«

      Er führte seinen Partner zurück in den Supermarkt. Auf dem Weg versuchte er, seinen Schwager anzurufen, doch dieser war weder zu Hause noch in der Werkstatt oder seinem Büro. Alec hinterließ an allen drei Orten eine Nachricht. Sonst gab es niemanden, den er hätte verständigen können.

      Im Laden brachte er jemanden dazu, Freeman selbst zu rufen, der heute zufälligerweise Dienst als Marktleiter hatte. Der vornehm wirkende Schwarze, dessen Anzug viel zu edel für ein Lebensmittelgeschäft aussah, kam und nahm sich Zeit für Alec.

      »Mr. McGregor.« Freeman bot ihm eine Hand an.

      Der Rollstuhlfahrer schüttelte sie. »Guten Tag. Ich würde Sie gern um einen Gefallen bitten.«

      »Worum geht es?« Der Marktleiter schien misstrauisch zu sein.

      »Na ja, mein Auto wurde gerade gestohlen, also kann ich die ganzen Nahrungsmittel und den anderen Kram nicht nach Hause bringen. Deshalb dachte ich, Sie könnten die Sachen irgendwo verstauen und darauf aufpassen, bis ich meinen Bruder erreiche.« Alec sprach oft so von ihm, obwohl er der Bruder seiner Frau war. Die beiden Männer standen einander sehr nahe, besonders nachdem Alecs Frau gestorben war. Gegen Ende ihrer Schwangerschaft hatte es schwere Komplikationen gegeben.

      »Wie viel davon muss kühl gelagert werden?«, fragte Freeman und schaute in den Einkaufswagen.

      «Zwei Taschen voll mit Kühlware, eine Tasche fürs Gefrierfach.« Alec zeigte jeweils darauf.

      »Hmm, ich glaube, das bekomme ich hin.« Freeman drehte sich um und ging zu seinem Büro zurück.

      Alec wusste, dass er ihm folgen sollte. Er hatte sich mehrmals mit Freeman überworfen, nachdem Rifle zum ersten Mal mit in den Laden gekommen war. Obwohl es sich um einen außerordentlich gut erzogenen Hund handelte, beschwerten sich die Kunden eben, und Mr. Freeman hatte sich ihrer mehrmals persönlich angenommen. Ein andermal war Alec mit einem Mann ins Gehege geraten. Dieser hatte seine Frau geschlagen und daraufhin Prügel von Alec bezogen. Wegen seines Knies war er ins Krankenhaus eingeliefert worden, hatte später aber auf eine Anzeige verzichtet, damit sein Fall von ehelicher Gewalt unbemerkt blieb. Obwohl sie einander häufig unter schlechten Vorzeichen begegneten, hatten Alec und Freeman eine in gewisser Weise angespannte Freundschaft entwickelt. Alec vermutete, es hing damit zusammen, dass Anton seinetwegen besser spurte. Der Junge machte seine Arbeit jetzt viel gewissenhafter, und Freeman hatte irgendwie herausgefunden, dass dies an Alec lag. Scharfsinniger Mann.

      Alec rollte hinter Freeman her. Rifle blieb wie üblich vor der Bürotür stehen, doch diesmal forderte sein Herrchen ihn auf, den Karren hineinzuziehen. Rifle betrat den kleinen Raum geduckt und auf der Hut ob des unvertrauten Ortes, der bis zuletzt tabu für ihn gewesen war. Alec nahm seine Leine vom Wagen, während sich Freeman in dem dick gepolsterten Sessel hinterm Schreibtisch niederließ.

      »In meinem Kühlschrank ist bestimmt Platz genug für alles.« Er zeigte auf das Gerät in einer Ecke.

      Alec bugsierte sich selbst sowie den Karren hinüber und fing an, die Sachen in den Schrank zu legen, die gekühlt beziehungsweise gefroren bleiben mussten. Freeman bot ihm keine Hilfe an, aber darüber war Alec froh. Während er auslud, fiel ihm ein Fernseher in der anderen Ecke des Büros auf.

      »Haben Sie Kabelanschluss hier?«, fragte er.

      »Warum?« Der Schwarze verschränkte die Finger auf der Schreibtischplatte. Er war stets unheimlich vorsichtig und strahlte Macht aus, die weit über das Maß seiner Position als schlichter Ladenbesitzer hinausreichte. Alec spekulierte oft über seinen tatsächlichen Werdegang; vermutlich hatte Freeman wie er selbst in dieser oder jener Form eine Militärlaufbahn eingeschlagen.

      »Ich rief die Polizei an und versuchte, den Diebstahl zu melden, doch dort sagte man mir, es gebe zu viel zu tun – zweimal«, erläuterte Alec. »Falls also irgendetwas Besonderes los ist, berichten die Nachrichten davon, schätze ich.«

      Ohne Worte öffnete Freeman eine Schublade und nahm eine Fernbedienung heraus. Als er anschaltete, erschienen die Einstellungen mehrerer Überwachungskameras im Geschäft. Nachdem er ein paar Tasten gedrückt hatte, wechselte das Gerät in den Kabelmodus, und er wählte einen Nachrichtensender. Dort war das Luftbild eines Hubschraubers über dem Marble Keystone Park in der Innenstadt zu sehen, aus dem Konzertbesucher in alle Richtungen flohen. Gerade wurde live übertragen, wie ein Feuerwehrauto durch eine der Steinmauern raste.

      »Können Sie lauter machen?« Die Frage erübrigte sich, da Freeman es bereits tat, ehe Alec zu Ende gesprochen hatte.

      Ein Reporter kommentierte die Szenen: »…–stone Park, wo gerade ein Wohltätigkeitskonzert stattfand. Bislang bleibt ungewiss, warum es stadtweit zu Ausschreitungen gekommen ist. Polizei und Rettungsdienste sind mit dem Chaos überfordert. Der öffentliche Verkehr setzt in der gesamten Stadt aus. Die Bürger sind gebeten, 911 nur in lebensbedrohlichen Notfällen zu wählen.«

      »Das hab ich schon kapiert«, brummte Alec leise.

      Die Regie blendete über auf einen Mann hinter einem Pult. »Falls Sie gerade erst eingeschaltet haben: Berichten zufolge ist es im gesamten Stadtgebiet zu Straßenschlachten und gewaltsamen Übergriffen gekommen, die in vielen Fällen Schwerverletzte und Todesopfer gefordert haben. Sie sind dazu aufgefordert, Ihre Häuser nur im äußersten Notfall zu verlassen, und wie bereits erwähnt: Rufen Sie die 911 nicht an, außer Ihr Leben oder jemand in Ihrer Nähe schwebt in Gefahr. Die Behörden versuchen immer noch, die Gründe für diese Vorfälle herauszufinden, während nach und nach Informationen aus allen Stadtteilen durchsickern. Die Telefonleitungen sind überlastet, allerorts kam es zu Verkehrsunfällen mit hohem Schadensaufkommen, gebietsweise ist das Stromnetz zusammengebrochen. Wir schalten nun zu Valerie, die vor Ort bei Krawallen an der Ecke Walsten und Island bereitsteht.«

      »Das ist nur ein paar Blocks von hier entfernt.« Alec sah Freeman an. Dessen Gesichtsausdruck ließ sich nicht deuten. Er gab nach wie vor nichts von sich preis, aber Alec bildete sich ein, der Kiefer des Mannes verkrampfte ein ganz klein wenig. Als er sich wieder zur Mattscheibe umdrehte, zeigten die Kameras immer noch den Nachrichtensprecher.

      »Anscheinend gibt es technische Probleme, weshalb wir Valerie momentan nicht erreichen können«, erklärte der Mann nach einigen Augenblicken der Stille. »Die Regierung muss