Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie-Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740927233
Скачать книгу
hat gewußt…«, brachte sie mühsam hervor.

      Das Kosewort schnitt Karina ins Herz, doch sie zwang sich, auf Erikas angedeutete Frage zu antworten.

      »Papa hat ihn gefragt, ob ich während der Semesterferien in der Klinik arbeiten dürfte.« Dann legte sie impulsiv eine Hand auf Erikas Arm. »Papa hat mir erzählt, was geschehen ist. Es tut mir so leid, Erika. Ich weiß besser als jede andere Frau, wie Sie sich jetzt fühlen müssen.«

      Erika wandte sich ab, dann brach sie in Tränen aus, und ohne zu zögern nahm Karina sie tröstend in die Arme. Was sie in diesem Augenblick empfand, überstieg alles, was sie bisher für eine Frau gefühlt hatte. Es war, als würde sie ihre allerbeste Freundin im Arm halten, nicht aber ihre Rivalin um die Gunst eines faszinierenden Mannes.

      »Wein dich nur aus, Erika«, flüsterte Karina ihr zu und ging dabei ganz zwanglos zum vertrauten Du über. Irgendwie schien es ihr passender zu sein, diese zutiefst verzweifelte Frau zu duzen.

      »Es tut so weh«, brachte Erika hervor, als ihr Schluchzen endlich ein wenig verebbte. »Als ich die Schmerzen fühlte… und das Blut sah… mir war, als müßte ich sterben.«

      »Ich weiß, wie das ist«, entgegnete Karina leise, »auch wenn ich das alles damals erst viel später durchlitten habe. Weißt du, zum Zeitpunkt meiner Fehlgeburt wußte ich gar nicht, daß ich schwanger war… besser gesagt, ich habe diesen Gedanken verdrängt, weil es zwischen Jean und mir zu jener Zeit einen tiefen Riß gegeben hatte.« Daß Wolfgang der Grund für diesen Riß gewesen war, verschwieg sie lieber. Wahrscheinlich wußte Erika das ohnehin, denn schließlich hatte sie Karina damals im Krankenhaus besucht und ganz offen mit ihr über ihre unglückliche Liebe zu Wolfgang gesprochen. Dann war auch eine Art Freundschaft zwischen ihnen entstanden, die jetzt offenbar ihren Höhepunkt erlebte, obwohl sich Karina noch immer nicht von ihrer unseligen Liebe hatte lösen können.

      »Wolfi ist sehr lieb zu mir«, erklärte Erika und riß Karina damit aus ihren Gedanken. »Er versucht mich zu trösten, obwohl er selbst auch sehr unter dieser Fehlgeburt leidet.« Sie blickte auf, und in ihren Augen lag dabei ein ganz eigenartiger Ausdruck. »Ich habe Angst, ihn zu verlieren.«

      Verständnislos schüttelte Karina den Kopf. »Aber warum denn, Erika?«

      »Ich fühle mich, als hätte ich versagt«, gestand sie offen. »Was bin ich denn für eine Frau, wenn ich es nicht einmal schaffe, eine Schwangerschaft durchzustehen? Wenn Wolfi nun genauso über mich denkt? Wenn er sich eine Frau sucht, die ihm das geben kann, wozu ich nicht in der Lage bin?« In ihrem Blick konnte Karina lesen, daß Erika sie für diese Frau hielt, aber noch bevor sie etwas darauf erwidern konnte, fuhr Erika auch schon fort: »Wolfi ist meine ganze Welt… mein Leben. Wenn ich ihn verlieren würde, dann… dann könnte ich genausogut tot sein.« Die letzten Worte hatte sie nur noch geflüstert.

      Erschüttert hatte Karina zugehört.

      »Erika, ich bin doch keine Gefahr für dich«, erklärte sie jetzt eindringlich. »Wolfgang liebt dich, und daran wird diese Fehlgeburt nichts ändern – ganz im Gegenteil. Ich bin sicher, dieses Schicksal wird euch noch viel mehr aneinanderketten. Abgesehen davon würde Wolfgang sogar dann den Weg zu mir nicht finden, wenn er sich tatsächlich von dir abwenden würde.« Sie schwieg einen Moment. »Und selbst wenn er es tun würde – glaubst du allen Ernstes, ich würde dir den Mann stehlen? Mag sein, daß ich Wolfgang immer noch liebe – so genau weiß ich das ja selbst nicht…« Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Aber niemals würde ich versuchen, Wolfgang jetzt noch für mich zu gewinnen. Er liebt dich und ist mit dir verheiratet, also ist er für mich tabu!«

      *

      Gabriela Köster saß erschöpft im Ärztezimmer. Die letzte Operation hatte sie total mitgenommen.

      »Du bist unkonzentriert, liebe Gabi.« Die leise, drohende Stimme von Dr. Harald Stein ließ sie erschrocken hochfahren, doch da fuhr er auch schon fort: »So etwas kann in unserem Beruf gefährlich sein… für die Patienten sogar lebensgefährlich.«

      »Hör endlich damit auf, Harry!« fuhr Gabriela ihn an. »Ich weiß genau, was du erreichen willst, aber ich schwöre dir, daß es dir nicht gelingen wird!«

      »So?« Er beugte sich zu ihr vor – so nah, daß sie das gefährliche Glitzern in seinen Augen sehen konnte. »Wenn du keinen Fehler begehen solltest, dann werde vielleicht sogar ich selbst das für dich erledigen.«

      Verständnislos starrte Gabriela ihn an. »Was willst du für mich erledigen?«

      Harald zeigte ein gemeines Grinsen, dann wurde er wieder ernst. »Stell dir vor, jemand würde an den Geräten im OP manipulieren. Danach würde eine harmlose Operation stattfinden, die für den Patienten tödlich endet. Und die Schuld an diesem plötzlichen Tod könnte zweifelsfrei der jungen, aufstrebenden Anästhesistin nachgewiesen werden, deren Onkel zudem noch Direktor der Klinik ist.« Ein überlegenes, beinahe schon teuflisches Lächeln zeigte sich auf Haralds Gesicht. »Einer Ärztin, die am Tod eines Patienten schuld ist, wird die Approbation entzogen, und die Klinik, in der es diesen spektakulären Todesfall gegeben habe, wäre ebenfalls am Ende, oder glaubst du etwa nicht?«

      »Du bist wirklich ein Teufel, Harry!« stieß Gabriela entsetzt hervor, dann schlug sie die Hände vors Gesicht. »Meine Güte, werde ich von dir denn niemals erlöst sein?«

      »Doch, Gabi«, entgegnete er. »Zumindest von meinen bestimmt nicht leeren Drohungen kannst du dich befreien – und zwar, indem du mich heiratest. Alles läuft dann so, wie ich es von Anfang an geplant hatte. Ich werde Chefarzt, und wenn der liebe Onkel Toni einmal das Zeitliche segnen sollte, dann werden wir beide gemeinschaftlich diese wunderbare Klinik leiten.«

      Wütend sprang Gabriela auf. »Niemals wird das geschehen! Lieber gebe ich meinen Beruf auf, als dir die Klinik in die Hände zu spielen! Und ohne mich würdest du auch gegen Onkel Toni keine Handhabe mehr haben!«

      Damit hatte Gabriela zweifellos recht, abgesehen davon, daß Harald zur Durchführung seines gemeinen Planes ohnehin nicht mehr viel Zeit blieb, denn Prof. Köster war nicht blind. Er hatte bemerkt, wie sehr Harald Gabriela zusetzte, und ihm daraufhin nahegelegt, die Klinik zum nächsten Ersten zu verlassen.

      Jetzt kniff Harald die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.

      »Das wirst du nicht tun«, erklärte er. »Du bist mit Leib und Seele Ärztin, also…«

      »Sei dir da nur nicht so sicher«, fiel Gabriela ihm ins Wort. »Um die Klinik zu retten, würde ich beinahe alles tun.«

      Bereits am nächsten Tag mußte Harald erkennen, wie bitter ernst Gabriela ihre Worte gemeint hatte. Bei der morgendlichen Besprechung war die junge Anästhesistin nicht zugegen, und auch bei den späteren Operationen übernahm ein anderer Anästhesist ihre Aufgaben. Unmittelbar nach dem letzten Eingriff machte sich Harald auf den Weg zu Prof. Köster.

      »Wo ist Gabi?« fragte er ohne Umschweife und in einem Ton, wie ihn der Direktor normalerweise nicht geduldet hätte. Aber Haralds Tage hier in der Klinik waren ja ohnehin gezählt.

      »Weg«, antwortete Prof. Köster daher ebenso knapp.

      »Weg? Was heißt das?«

      Der Professor stand auf. »Gabriela hat die Konsequenzen gezogen und ihre Heimat verlassen, um irgendwo ganz von vorn anzufangen – fern von deinen üblen Drohungen und sonstigen zweifelhaften Anträgen.«

      Diese Auskunft traf Harald wie ein Schlag, denn er wußte, daß ihm damit der Wind aus den Segeln genommen war. Selbst wenn er die Klinik zum nächsten Ersten hätte verlassen müssen, wäre er immer noch in der Lage gewesen, sowohl Gabriela als auch der Klinik irgendwie zu schaden. Ohne sie hatte er aber keine Macht mehr, die er ausspielen konnte.

      »Wo ist sie?« wollte er wissen.

      Prof. Köster zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Niemand weiß es.« Er schwieg kurz. »Aber selbst wenn ich es wüßte, dann wärest du mit Sicherheit der Letzte, dem ich ich es sagen würde.«

      *

      Obwohl sich Karina