Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie-Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740927233
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mich also. Und das sogar schon vor der Ehe.« Abrupt wandte sie ihm den Rücken zu. »Geh, Harry!«

      »Aber, Liebes, das ist doch nichts von Bedeutung!« Harald versuchte zu retten, was noch zu retten war. »Es war… na ja, sie himmelte mich so an, und ich… ich bin doch auch nur ein Mann.« Er wollte Gabriela in die Arme nehmen, doch sie entwand sich ihm. »Es war ein kurzes Abenteuer, Gabi, aber du bist doch die einzige Frau, die ich wirklich liebe!«

      Da drehte sich Gabriela zu ihm um. Der Ausdruck ihrer sonst so warmen, dunklen Augen war kalt.

      »Ich habe dir am Anfang unserer Beziehung bereits gesagt, daß ich dir alles verzeihen könnte – nur einen Seitensprung nicht«, erklärte sie eisig. »Das gilt auch heute noch.« Sie streifte ihren Verlobungsring ab. »Gleichgültig, was zwischen dir und dieser Frau vorgefallen ist, oder noch immer besteht – mit uns beiden ist es jedenfalls aus.«

      Entsetzt starrte Harald sie an. Gabriela selbst war ihm ja vollkommen gleichgültig, nicht jedoch der Reichtum, der hinter ihr stand.

      »Gabi, das ist doch nicht dein Ernst!« rief er, und seine Stimme überschlug sich dabei.

      Gabriela hielt seinem Blick stand, und ihr verschlossener Gesichtsausdruck gab nicht preis, wie sehr ihr Herz in Wahrheit blutete.

      »Doch, Harry, es ist sogar mein voller Ernst«, entgegnete sie. »Und jetzt verlaß meine Wohnung.« Sie wies auf das Feuerzeug. »Das hier und deinen Anzug kannst du gleich mitnehmen. Alles andere, was noch von dir so herumliegt, holst du bitte, wenn ich nicht zu Hause bin. Außer auf beruflicher Ebene will ich dir nicht mehr begegnen.«

      *

      Frau Dr. Erika Metzler, die Anästhesistin der Waldsee-Klinik und Ehefrau des dortigen Chefarztes, war zum Umfallen müde, als sie aus dem Dienst nach Hause kam. Mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich auf das gemütliche Sofa im Wohnzimmer sinken. Schon seit ein paar Wochen fühlte sie sich völlig ausgelaugt.

      Sie warf einen prüfenden Blick auf ihre Armbanduhr. Es wäre im Moment noch früh genug, um Dr. Daniels Praxis aufzusuchen. Mit ihrem Mann konnte sie vor acht Uhr abends ohnehin nicht rechnen. Als sie vorhin kurz mit ihm gesprochen hatte, hatte er gemeint, daß er bestimmt noch ein paar Stunden in der Klinik festsitzen würde.

      Erika seufzte noch einmal, dann stand sie entschlossen auf und verließ das kleine Vorgebirgshäuschen, das sie und Wolfgang seit ihrer Eheschließung bewohnten. Die Luft war kühl, trotzdem ließ Erika das Auto in der Garage stehen und ging den knappen halben Kilometer bis zu Dr. Daniels Praxis zu Fuß. Der zum Schluß doch recht steile Weg, der zu der stattlichen weißen Villa hinaufführte, brachte Erika zum Keuchen, und so mußte sie erst ein paar Minuten verschnaufen, bevor sie die letzten Meter zurücklegen konnte. Dann stand sie endlich vor der schweren eichenen Eingangstür.

      Dr. Robert Daniel, Arzt für Gynäkologie stand auf dem großen Messingschild, und darunter waren die Sprechzeiten verzeichnet. Erika zögerte noch einen Moment, dann drückte sie auf den Klingelknopf neben dem Schildchen Praxis. Mit einem dezenten Summen sprang die schwere Eichentür auf, und Erika gelangte in ein modern eingerichtetes Vorzimmer, wo ihr die junge Empfangsdame Gabi Meindl mit einem freundlichen Lächeln entgegensah.

      »Guten Tag, Frau Doktor«, grüßte sie höflich. »Sie wollen den Chef hoffentlich nicht in die Waldsee-Klinik entführen. Wir brauchen ihn hier in der Praxis nämlich auch dringend.«

      Erika lächelte. »Das kann ich mir schon vorstellen, Fräulein Meindl.« Sie schwieg einen Moment. »Ist Dr. Daniel gerade sehr beschäftigt? Ich wollte ihn eigentlich nur kurz sprechen.«

      »Nun ja, im Wartezimmer sitzen noch vier Patientinnen«, entgegnete Gabi. »Eine knappe Stunde wird’s also schon dauern. Könnten Sie so lange warten?«

      Erika nickte. »Selbstverständlich, Fräulein Meindl.« Und dabei wußte sie die Freundlichkeit der Empfangsdame durchaus zu schätzen, denn normalerweise war Gabi Meindl nicht sehr erfreut, wenn Patientinnen unangemeldet in die Praxis kamen, aber bei der netten Anästhesistin drückte sie natürlich gern ein Auge zu.

      Jetzt betrat Erika das ausgesprochen wohnlich eingerichtete Wartezimmer und setzte sich so hin, daß sie durch das Fenster den majestätischen Kreuzberg sehen konnte. Sie war so verzaubert von diesem Anblick, daß sie gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Daher sah sie überrascht und fast ein bißchen erschrocken hoch, als sie von der Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau aufgerufen wurde.

      »Erika, das ist aber eine Überraschung«, meinte Dr. Daniel und kam ihr mit einem herzlichen Lächeln entgegen, dann betrachtete er sie genauer. »Sie sehen ziemlich blaß aus. Fühlen Sie sich nicht wohl?«

      Erika seufzte. »Ja und nein. Ach, Robert, ich weiß selbst nicht, was zur Zeit mit mir los ist. Ich bin ständig müde, habe keinen Appetit, und seit ein paar Tagen machen mir auch noch Kreislaufprobleme zu schaffen.«

      »Haben Sie mit Wolfgang schon darüber gesprochen?«

      Erika schüttelte den Kopf. »Er hat doch ohnehin so viel um die Ohren. Außerdem…« Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht vergeht es ja auch von allein wieder.«

      »Daran glauben Sie ja wohl selbst nicht«, meinte Dr. Daniel. »Sonst wären Sie sicher nicht zu mir gekommen.« Er überlegte kurz. »Am besten wird es wohl sein, wenn ich als erstes eine Blutuntersuchung vornehme. Vielleicht ergibt sich dabei ja schon etwas Aufschlußreiches.« Wieder schwieg er einen Moment. »Wenn Sie einverstanden sind, könnten wir die Auswertung von Gerrit machen lassen, dann würden wir das Ergebnis nämlich heute noch bekommen. Und er müßte ja nicht unbedingt erfahren, von wem die Blutprobe ist.«

      Erika zögerte einen Augenblick, dann nickte sie. »Einverstanden.«

      Dr. Daniel hob den Telefonhörer ab, wählte die Nummer der Waldsee-Klinik und ließ sich dann mit dem Oberarzt Dr. Scheibler verbinden.

      »Hallo, Gerrit, hier ist Robert«, gab sich Dr. Daniel zu erkennen. »Stehen Sie gerade sehr im Streß?«

      »Nicht mehr als sonst«, meinte Dr. Scheibler, und an seiner Stimme erkannte Dr. Daniel, daß er lächelte. »Worum geht’s denn?«

      »Ich habe hier eine Blutprobe, die dringend auszuwerten wäre. Nichts Außergewöhnliches, nur so das Übliche. Würden Sie das heute noch schaffen?«

      »Natürlich«, meinte Dr. Scheibler. »Ich bin sowieso gerade im Labor beschäftigt.«

      »Fein. Dann bin ich bis in einer Viertelstunde bei Ihnen.«

      »Das heißt, daß Ihre Sprechstunde jetzt zu Ende ist.« Dr. Scheibler seufzte. »So schön wie diese niedergelassenen Ärzte möchte ich es auch einmal haben.«

      »Nicht so vorlaut, junger Mann«, entgegnete Dr. Daniel scherzhaft, weil er genau wußte, daß Gerrits Worte spaßhaft gemeint waren. »Schließlich haben einige dieser niedergelassenen Ärzte auch noch andere Verpflichtungen wie beispielsweise die eines Klinikdirektors.«

      Dr. Scheibler lachte. »Ich weiß schon, Herr Direktor, Sie stehen meistens noch mehr im Stress als ich.«

      »Hören Sie mir bloß mit dem Direktor auf«, knurrte Dr. Daniel. »Es reicht, wenn mir die gute Frau Bergmeier den Titel ständig um die Ohren haut.« Er seufzte. »Sie ist ja eine erstklassige Sekretärin und hat sich auch als Mädchen für alles bestens bewährt, aber sobald ich auch nur einen Fuß in die Klinik setze, schallt mir schon der erste ›Herr Direktor‹ entgegen.«

      Wieder mußte Dr. Scheibler lachen. »Sie sind eben einfach zu bescheiden, Robert. Jeder andere würde bei dieser Anrede doch vor lauter Stolz platzen.«

      »Kann schon sein«, murmelte Dr. Daniel, dann wechselte er spontan das Thema. »Also, Gerrit, wir sehen uns gleich.«

      Dr. Daniel legte auf und sah Erika an. »Sie haben es ja gehört. Ich werde jetzt die Blutabnahme machen und die Probe dann gleich persönlich in die Klinik bringen.« Er lächelte die junge Frau an. »Keine Sorge, Erika, niemand wird erfahren, daß die Blutprobe von Ihnen ist. Und vielleicht stellen sich Ihre Beschwerden ja als harmlos heraus.«

      *