Adolescentia Aeterna. Bettina Kiraly. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina Kiraly
Издательство: Автор
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783961731985
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zu sagen.«

      »Du wirkst …« Jul griff nach ihrer Hand und drückte sie. »Ich weiß nicht, wie ich das Gefühl beschreiben soll. Da ist so eine Unruhe, die dich umgibt, wann immer du dich unbeobachtet glaubst.«

      Eva blickte auf ihre verschränkten Hände. »Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht.«

      Juls Gesichtsausdruck wurde ernst. »Du willst die Regeln ändern.«

      Sie sah auf und nickte.

      »Du hast nicht mit mir darüber gesprochen.«

      Und das hatte seine Gründe. »Ich weiß, dass du nicht begeistert bist.«

      »Das stimmt nicht. Ich dachte nur, dass du mit mir als deinem Partner -«

      »Ich werde nicht darüber diskutieren. Änderungen sind notwendig.« Sie unterdrückte das erste Aufflammen von Verärgerung.

      »Das verstehe ich. Trotzdem wäre es schön gewesen, von deinen Plänen vor allen anderen zu erfahren. Nicht, weil ich vor dir der Älteste war, sondern weil wir uns lieben.«

      Die Traurigkeit in seinen Augen weckte ihre Schuldgefühle. »Du hast recht. Es tut mir leid. Ich habe befürchtet, dass du versuchst, mir die Sache auszureden.«

      Er schüttelte den Kopf. »Ich vertraue dir.«

      Drei Worte. So schlicht und doch so wahrhaftig. Sie bedeuteten mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte. Er stand hinter ihr und ihren Entscheidungen. Ohne zu wissen, wie sie aussahen. In dem festen Glauben, dass sie das Richtige tat. Bedingungslose Liebe.

      »Die Zeit der Zweifel ist vorbei«, meinte Jul.

      Sie verlor den Boden unter ihren Füßen. Sie fiel in die Tiefe, doch seine Liebe schenkte ihr Flügel. »Ich werde dich nicht enttäuschen.« Wie sehr sie hoffte, dieses Versprechen niemals zu brechen.

      »Dann lass uns loslegen … Ich meine: Leg los.«

      Noch einmal küsste sie ihn. Ließ sich Zeit, seinen Geschmack, das Gefühl seiner Lippen auf ihren, das Begehren, den Rausch zu genießen. Als sie sich von ihm löste, lächelte sie. »Komm, mein König.«

      Obwohl sie vorgehabt hatte, ihm die Gelegenheit zum Ausruhen zu geben, erhob sie sich mit ihm und blickte in die Runde. Sie zapfte die Macht an. Einer nach dem anderen wandte sich ihr zu.

      »Ich danke euch für euer Kommen. Auch wenn viele von euch nicht an die Geburt Jesu Christi glauben. Bevor ich euch das Geschenk zeige, das ich für euch habe«, sie lächelte über die Freude in den Augen der Brüder, »möchte ich eine Ankündigung machen.«

      Das Fallen einer Nadel wäre in diesem Augenblick so laut wie eine Bombenexplosion gewesen. Niemand rührte sich.

      »Die Neuordnung von Adolescentia Aeterna, meine … Inthronisation, kann nicht ohne Folgen bleiben. Ich will die Bruderschaft in minimalem Ausmaß öffnen. Aber ihr einundzwanzig werdet immer zum inneren Kreis gehören.«

      Leises Gemurmel setzte ein.

      »Ich spreche bewusst von euch zwanzig UND Jul. Die Voraussetzung dafür, dass ich meine neue Position behalte, ist Juls Behandlung als Bruder. Irgendwelche Einwände?«

      Zwanzig Köpfe wurden geschüttelt.

      »Bei den Änderungen will ich eure Meinung nicht außer Acht lassen. Ich werde meine Vorschläge schriftlich zusammenfassen. Sollte die Mehrheit von euch gegen die Neuerungen sein, werde ich euch meinen Willen nicht aufzwingen.«

      Eine Welle der Erleichterung schwappte ihr entgegen. Die Macht ließ sie die Gefühle der Brüder wie ein Hintergrundrauschen wahrnehmen.

      Narcissus räusperte sich. »Das bedeutet de facto, dass wir die gleichen Rechte haben wie du?«

      Eva nickte.

      »Und wir Brüder sind gleichgestellt?«

      Noch einmal nickte sie. Narcissus wirkte zufrieden.

      »Und was ist mit deinen Freundinnen?«, verlangte Lukas zu wissen. »Sollen sie von der Ewigen Jugend profitieren? Ohne Mitglieder von Adolescentia Aeterna zu sein?«

      Eva zuckte mit den Schultern. »Für mich sind sie das. Diese Frauen sind meine Familie.«

      »Das bedeutet, dass die Freundinnen von Julian UND Aleksander Teil der Bruderschaft sind«, fuhr Lukas fort.

      »Wenn man es so sehen will«, bestätigte Eva.

      »Dann kann man nicht von Gleichberechtigung sprechen.«

      Sie seufzte. »Was ist dein Problem? Hast du vielleicht eine Freundin, die ebenfalls aufgenommen werden soll?«

      Lukas biss sich auf die Unterlippe. »Katherina hat sich als sehr … engagiert erwiesen.«

      »Du bist tatsächlich verliebt? In eine Frau namens Katherina?« Eva grinste, doch das Lachen verging ihr sofort wieder. »Moment mal. Doch nicht Katherina Schönberg, meine Chefin?«

      »Hast du etwa ein Problem damit?«, gab Lukas ihre Frage zurück.

      Feliz Navidad verklang, aber kein neues Lied startete. Mimi, die den DJ machte, interessierte es offensichtlich nicht.

      »Ich weiß nicht«, murmelte Eva. Linus war eine Beziehung mit seiner 67-jährigen Nachbarin eingegangen. Die beiden waren glücklich, obwohl sie Vorurteilen aufgrund ihres scheinbaren Altersunterschiedes ausgesetzt waren. Eva wünschte jedem einzelnen Bruder das Glück, eine Seelenverwandte zu finden. Aber musste es bei Lukas unbedingt ihre Chefin sein?

      »Du hast gesagt, dass wir alle gleichberechtigt sind«, meinte Jul amüsiert. »Du musst wohl zu deinem Wort stehen.«

      Eva knurrte. »Ich arbeite mit dieser Frau jeden Tag zusammen!«

      »Dann ist es doch von Vorteil, dass du dich nicht mehr verstellen musst.«

      »Kling nicht so zufrieden«, befahl Eva in Juls Richtung. »In Ordnung, Lukas. Sollte sie die Hilfe der Macht benötigen, bekommt deine Katherina ihren Anteil davon. Mehr Zugeständnisse gibt es nicht.«

      »Ich halte das für keine gute Idee«, murmelte Anun.

      »Es wird trotzdem so passieren, Dad. Katherina wird Kraft erhalten, wenn es ihr irgendwann schlecht gehen sollte. Aber sie darf über die Wahrheit über Adolescentia Aeterna nicht Bescheid wissen. Sonst noch irgendwelche Einwände? Von irgendjemandem?«

      »Wenn wir alle vollwertige Mitglieder von Adolescentia Aeterna sind, dann solltest du zwischen uns nicht unterscheiden.« Fabianus hatte die Arme vor der Brust verschränkt und hielt den Blick auf den Boden gerichtet.

      »Was soll das bedeuten?«

      »Dass du einige von uns bevorzugst.«

      Dieser unverschämte Kerl wagte nicht, sie anzusehen, deutete aber solchen Schwachsinn an? Sie spürte, dass ihre Augen sich schwärzten und die Wut ihren Verstand zu umnebeln begann. »Was behauptest du da gerade?«

      Fabianus hob den Blick. »Wir wissen von dem, was du mit Manus geteilt hast.«

      Darauf lief es hinaus? »Und?«

      »Ich will das auch.«

      »Damit steht er nicht alleine da«, verkündete Jonas.

      Jul machte einen Schritt nach vorn. »Das kommt nicht infrage.«

      »Es war nicht als Bonus geplant und wird hoffentlich von Manus auch nicht so gesehen.« Eva wartete nicht, dass der Bruder diese Behauptung bestätigte. »Es war eine Ausnahme.«

      »Trotzdem entsteht dadurch bei uns ein Gefühl von Minderwertigkeit«, stellte Jonas klar.

      Die Männer benahmen sich eifersüchtiger als Kindergartenkinder. »Ich sagte bereits, dass in der Bruderschaft keine Unterschiede mehr gemacht werden.«

      »Dann darf uns Brüdern nicht die Macht verwehrt bleiben, die durch dieses Erlebnis in Manus gewachsen ist.«