Manus grinste. »Sie fällt auch in mein Beuteschema, aber ich habe seit heute Nachmittag bereits eine Verabredung.«
»Dann gratuliere und danke ich dir«, meinte Jul ohne Worte. Er konzentrierte sich auf die Frau und zog sie auf seinen Schoß. »Wie heißt du, Süße?«
»Kunigunde, edler Herr.«
»Was hältst du von der Idee, später an diesem Abend zu mir in mein Zelt zu kommen?« Er blickte in ihr hübsches Gesicht und schenkte ihr diesen Blick. »Ich fühle mich ziemlich einsam heute.«
Die Frau nickte. »Sehr gerne.«
»Schön. Und jetzt mach weiter deine Arbeit.« Jul schob sie von sich und versetzte ihr einen Klaps auf den Po.
Als er der kichernden Magd hinterherblickte, bemerkte er den schockierten Ausdruck auf Gottfrieds Gesicht. »Hättet Ihr sie gerne gehabt?«
»Ich bezweifle, dass sie mir so schnell folgen würde wie Euch.«
»Soll ich Euch eine andere besorgen?«
Gottfried riss die Augen auf. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, danke. Auch wenn ich aus irgendeinem Grund das Gefühl habe, dass Ihr dazu fähig wärt.«
Jul lachte. Er leerte den Krug mit Bier, der auf dem Tisch vor ihm stand. Während er sich mit der Hand über den Mund wischte, knallte er das Gefäß auf dem Holztisch ab. »Ich glaube, jetzt ist es Zeit für die Schlägerei.«
»Das … das war nur ein Scherz«, meinte Gottfried. »Ich wollte mich nicht mit Euch schlagen.«
»Jul lässt sich keine Gelegenheit entgehen, sich mit anderen zu messen«, erklärte Manus grinsend. »Ihr solltet Euch schnell eine Ablenkung überlegen.«
»Eine Ablenkung?«
»Etwas, das seine überschüssige Energie in eine andere Richtung lenkt.«
Gottfried blickte von einem zum anderen. »Etwas wie eine Wette?«
Jul grinste und zuckte mit den Schultern. »Kommt auf den Einsatz an.«
»Wir könnten wetten, wer im nächsten Tjost als Sieger hervorgeht.«
»Zu langweilig.«
»Wer am Ende des Jahres mehr Gegner besiegt hat?«
»Nein. Wie wäre es mit dem Test, wer im Laufe des Jahres mehr Frauen erobern kann?«, schlug Jul vor.
Gottfrieds Ohren wurden glühend rot. »Diese Wette kann ich nicht gewinnen.«
»Ich werde Euch einen Vorsprung zugestehen.«
»Und der Einsatz?« Gottfried betrachtete eingehend seine Finger. »Ihr müsst wissen, dass meine Familie nicht allzu wohlhabend …«
»Verstanden. Es wird keinen Einsatz geben. Wichtig ist nur der Spaß, den wir zwei und die Frauen natürlich auch haben werden.« Die Röte, die Gottfrieds Gesicht nun zur Gänze überzog, amüsierte Jul.
»In Ordnung«, murmelte der junge Mann.
Jul klopfte Gottfried einmal kräftig auf die Schulter. »Das klingt, als würde es ein tolles Jahr werden.«
»Wir werden sehen.« Manus hob eine Augenbraue. »Ich habe den Eindruck, dass es für mich jede Menge zu tun geben wird. Wer sonst soll die gebrochenen Herzen, die ihr hinterlassen werdet, von den Straßen kratzen?«
»Für dich werden nicht nur gebrochene Herzen übrig bleiben, Bruder«, versprach Jul.
Gottfrieds Stirn runzelte sich. »Bruder? Seid Ihr verwandt?«
»Eine Redewendung.« Jul lächelte. »Wir kennen uns so lange, wie es sonst nur Geschwister tun. Aber jetzt lasst uns die Krüge erheben auf einen spannenden, fairen Wettkampf.«
»Sonderlich fair wird er vermutlich nicht ausfallen«, brummte Gottfried. »So unverschämt gut, wie Ihr ausseht. Ich habe gemerkt, wie die Frauen Euch anstarren.«
»Wenn es sein muss, werde ich Euch unter die Arme greifen. Es gibt nichts, was ich außer unfairen Wettkämpfen so sehr hasse wie mangelnde Herausforderung.« Jul winkte Kunigunde für eine neue Runde Bier heran.
Den Rest des Abends tranken und unterhielten sich die drei Männer. Bald zogen Jul und seine Gefährten gemeinsam mit Gottfried und seinen Begleitern von Turnier zu Turnier. Der beeindruckend stolze und tapfere Gottfried wurde Juls erster Freund außerhalb der Bruderschaft.
8. Kapitel
»Wirklich großartig, dass Sie innerhalb von zwei Wochen eine passende Wohnung gefunden haben«, meinte Herr Wieser mit einem breiten Lächeln.
»Ich kann Sie und Ihre künftige Verlobte ja nicht auf der Straße stehen lassen. Das Objekt, das ich für Sie ausgesucht habe, befindet sich übrigens im obersten Stock dieses Hauses.« Eva deutete nach oben zu zwei Giebeln mit großen Fenstern.
Ihr Kunde legte wie Eva den Kopf in den Nacken. Von ihrem Standort aus konnte man nicht viel erkennen.
»Das Objekt hat knapp hundert Quadratmeter Wohnnutzfläche«, erklärte sie und seufzte. »Die Straße hinter uns ist wenig befahren. Gleich um die Ecke befindet sich eine U-Bahn-Station. Im Hinterhof des Hauses gibt es einen kleinen Grünstreifen. Ich bin guter Hoffnung, dass ich die richtige Wohnung gefunden habe.«
Herr Wieser legte den Kopf schief. »Sie klingen aber nicht begeistert.«
»Tut mir leid. Ich habe schlecht geschlafen.« Wie jede Nacht, seit Jul Wien verlassen hatte. Die leere Seite des Bettes erschien ihr wie ein Mahnmal. Selbst wenn sie sein Gesicht auf dem Bildschirm ihres Computers sah, brannte ihr Herz. Sie setzte ein Lächeln auf. »Lassen Sie uns nach oben gehen.«
Seite an Seite betraten sie das Gebäude und stiegen in den Lift. Sofort beim Betreten der Wohnung stieß Herr Wieser einen begeisterten Laut aus. »Ich liebe diese beige-braunen Wände! Anna wird begeistert sein.«
Eva führte ihren Kunden in das Wohnzimmer. »Es ist größer als in der letzten Wohnung. Es müsste Ihren Vorstellungen entsprechen.«
»Ebenfalls mit einem Kamin! Schön! … Die Wohnung übertrifft meine Hoffnungen.« Herr Wieser drehte sich im Kreis. Dann stoppte er. »Da fällt mir ein, dass ich Ihnen noch etwas zeigen wollte.«
Sie beobachtete, wie er in die Innentasche seiner Jacke griff. Ihr Herz schlug sehnsüchtig schneller, als er eine Schachtel herauszog. »Sie haben einen Verlobungsring gekauft?«
»Natürlich. Sie haben mich in meiner Entscheidung bekräftigt. Deshalb bin ich auf Ihre Meinung gespannt.« Mit erwartungsvollem Blick betrachtete er Eva, während er den Deckel aufklappte.
»Er ist wunderschön«, murmelte Eva beim Anblick des dicken Diamanten ehrfürchtig. »Sollte mir ein Antrag gemacht werden, würde ich mir genau so einen Ring wünschen.«
»Ihr Tag wird kommen. Bestimmt. Der Mann, der sich eine Frau wie Sie entgehen lässt, wäre furchtbar dumm.«
Ein nettes Kompliment. »Dankeschön. Soll ich Ihnen jetzt die Küche zeigen?«
Herr Wieser nickte und verstaute den Ring wieder in seiner Jackentasche. Dabei fiel seine Geldbörse zu Boden.
Eva bückte sich danach. »Bitte schön.« Sie reichte ihm die Lederbörse. Als ihre Sicht verschwamm, griff sie ins Leere.
»Alles in Ordnung, Frau Monden? Sie sind ganz blass.« Herr Wieser schnappte sich ihren Arm.
»Nur ein wenig schwindelig. Ich scheine zu schnell aufgestanden zu sein.« Sie klammerte sich an Herrn Wiesers Hand und blinzelte mehrmals. Der Schleier vor ihren Augen verschwand auch nicht, als sie den Kopf schüttelte.
»Sind Sie sicher?«
Eva nickte und begann wieder zu schwanken. »Ja … das heißt …« Übelkeit wallte in ihr auf. »Entschuldigen Sie mich bitte.«