Die Frauen von Schloss Summerset. Ed Belser. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ed Belser
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287097
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      Margaret hatte zugesehen, halb entsetzt, halb belustigt, als sie erkannte, dass der Mann einigermaßen unversehrt davongekommen war. Der Wirt hatte von den Tischen einige leere Gläser an ihren Henkeln zusammengerafft, kam zurück zur Theke und sagte: "Ich zeige dir dein Zimmer, sobald du bezahlt hast."

      Das Zimmer, wie es der Wirt nannte, war ein Hinterraum, in dem sich bereits zwei weitere Frauen für die Nacht eingerichtet hatten. Margaret wusste, dass es klüger wäre ihr Gepäck nicht alleine zu lassen, deshalb suchte sie sich eine Pritsche, legte ihre Taschen zwischen sich und die Wand, suchte sich selbst und suchte ihren Schlaf.

      Noch vor dem Morgengrauen trieb es sie hinaus; sie wollte an die frische Luft, wollte das Wasser eines Brunnens, wo sie noch niemand beobachtete, zum gierigen Trinken und zum Waschen. Als sie zurück zum Wirtshaus kam, sah sie auf der anderen Straßenseite den Mann vom Vorabend. Er saß am Boden, seinen Kopf zwischen den Knien.

      Er sah auf, als sie sich näherte.

      "Guten Morgen. Ausgeschlafen?"

      Als er sie erkannte, schoss er auf, doch fiel sofort wieder auf die Knie, wahrscheinlich war ihm schwarz vor Augen geworden. Langsam erhob er sich, und Margaret folgte dem Blick seiner Augen von unten bis sie zu ihm hoch schauen musste.

      Sie lächelte. "So groß habe ich dich gar nicht in Erinnerung. Wie heißt du?"

      "Finn O'Brian, ich bin Ire."

      "Das habe ich auch so bemerkt", antwortete sie auf Gälisch.

      "Oh, ich dachte du seist Engländerin."

      Sie musterte seinen weißblonden Schopf. "Was tust du hier?"

      "Ich warte, bis ich wieder klar im Kopf bin."

      "Und dann?"

      "Ich suche eine Überfahrt."

      "Wohin?"

      "Amerika."

      "Da komme ich gerade her."

      Finn sah sie verwundert an.

      "Offensichtlich fehlt dir das Geld dafür."

      "Das hast du gut erkannt."

      "Was gedenkst du zu unternehmen?"

      Finn strich sich die Haare aus der Stirn. "Weiß nicht … arbeiten?"

      Margaret musterte ihn von Kopf bis Fuß. Finn war nicht nur groß, sondern auch stark gebaut. Ein idealer Leibwächter. "Du trägst die Stiefel und die Hosen der Armee. Ich kenne das von Amerika, da tragen die englischen Soldaten das Gleiche. Hat es dir in der Armee nicht gefallen?"

      "Ja, das ist so … er klopfte den Staub von seinen Kleidern, " … wie heißt du eigentlich?"

      "Margaret."

      "Verzeih, aber du passt gar nicht hier her, weder in diese Stadt noch in diese Kneipe, was … "

      Margaret unterbrach ihn: "Suchen wir uns etwas zu essen, aber nicht hier. Ich sterbe vor Hunger! Komm mit!"

      Zwei Stunden später hatten sie ihre Vereinbarung besiegelt. Finn würde drei Pferde und genügend Proviant beschaffen, Decken für die Nacht, kleine Pistolen die sich gut verstecken ließen, falls sie auf englische Patrouillen stießen, er würde seine blonde Mähne kurz schneiden und eine Mütze tragen. Seine Entschädigung sollte genügen, ihm später seine Schiffsreise zu finanzieren, doch würde er zwei Drittel davon erst erhalten, wenn sie am Ziel der Reise, der Blair Mhor Distillery ankämen. Als Erstes müsste außerdem ein Platz auf einem Fischerboot gefunden werden, groß genug auch für drei Pferde, das sie von Greenock so weit wie möglich in den Norden brachte. Margaret hatte alles so kalkuliert, dass ihr Geld bis ans Ziel, aber kaum einen Tag darüber hinaus reichen würde.

      "Was sucht du da eigentlich?", fragte er fast wie nebenbei.

      Margaret sah ihn nachdenklich an. "Gehen wir hin — alles Weitere zeigt sich dann."

      4

      Einige Wochen zuvor auf Schloss Blackhill:

      Das Schloss strahlte eine Hitze aus, die sich mehr und mehr ausgedehnt hatte, und die Männer um John Dougal zurückweichen ließ. Das Feuer in den oberen Stockwerken hatte alles Brennbare weggefressen, einige Mauern waren von der Burgzinne her eingestürzt und über allem hatte beißender Rauch gehangen, der sich im ganzen Schlosshof ausbreitete. Das Erdgeschoss des Schlosses, mit dicken Mauern, war vom Feuer beinahe unversehrt geblieben. Dougal und seine Leute hatten mit Leitern die größeren Fenster des ersten Stockwerkes erreicht und ihre Brandfackeln dort hinein geworfen. Der Brand hatte sich nach oben ausgebreitet, doch musste die Hitze auch im Erdgeschoss ungeheuer gewesen sein.

      Es war kaum eine oder zwei Stunden her, seit Dougal mit Ronald MacAreagh die Wachen am Schlosstor überrumpelt und sie so die verhassten Besetzer um Alan MacLennoch überrascht hatten. Ihr Überfall war in alter Highlandmanier durchgeführt worden, mit ohrenbetäubendem Geschrei und schwingenden Säbeln — unaufhaltsam und todbringend. Die Überlebenden hatten sich in den umliegenden Häusern versteckt oder im Erdgeschoss des Schlosses verbarrikadiert. Dort befanden sie sich nun und schmorten in der Hitze. Dougal war sich klar darüber, dass sie keine Zeit hatten die Gegner so lange zu belagern, bis sie aufgeben würden. Er und seine Männer waren auf der Flucht vor den heranrückenden Engländern, die ihnen nach der verlorenen Schlacht im Moor von Culloden auf den Fersen waren.

      MacAreagh hatte sein eigenes Schloss wieder in Besitz nehmen wollen. Wenn es ihm gelungen wäre, es unversehrt zurückzuerobern, hätten sie eine Bastion gegen die Engländer bilden können. Doch als er selbst befohlen hatte das Schloss anzuzünden, um seine Widersacher auszuräuchern, hatte Dougal erkannt, dass MacAreagh nicht mehr daran glaubte gegen die Engländer bestehen zu können. Es ging ihm nur darum, seinen Widersacher MacLennoch zu vernichten.

      Und dann war plötzlich dieser Cremor aufgetaucht und hatte MacAreagh herausgefordert. Cremor, den sie alle tot geglaubt hatten, und der sich nun mit MacLennoch verbündet hatte. MacAreagh hatte ihn zusammen mit dem tierischen Quentch, seinem Leibwächter verfolgt, während der Kampf noch im Gange war. Sie hatten Cremor in die Fechthalle des Schlosses getrieben und waren bisher nicht wieder aufgetaucht.

      Dougal verschaffte sich eines der herrenlosen Pferde. Er sah sich um und vergewisserte sich, dass alle seine Männer auf ihrem Posten waren. Dabei sah er in das ungläubige Gesicht eines Soldaten, der mit offenem Mund nach oben starrte. Er folgte seiner Blickrichtung. Weit oben, an der Kante der Burgzinne stand ein Mann, den Rücken ihnen zugewandt, mit einem Arm rudernd. Sein Arm wirbelte noch immer, als er nach hinten kippte. Dougals Blick folgte dem fallenden Körper. Kurz bevor er vor ihm aufschlug und sein Pferd sich vor Schreck aufbäumte erkannte er ihn. Ronald MacAreagh.

      Dougal bändigte sein Pferd, und musste sich zwingen, abzusteigen, und zu dem Toten hinzugehen. Er warf nur einen kurzen Blick auf die Leiche. Die Wasserpfützen hatten sich blutrot gefärbt. Er eilte um das Schloss herum zum Fechtraum. Dort stieß er auf die von Quentch erschlagenen Soldaten MacLennochs, ein Durcheinander von qualmenden Balken und Leichen, mittendrin Alan MacLennoch selbst. Immerhin haben sie ihn auch erwischt, dachte Dougal. Aber wo war Cremor? Quentch war auch verschwunden, sicher hatte er Cremor noch stellen können, oben auf der Zinne. Er konnte sich aber nicht vorstellen, dass von dort eine Flucht durch die Trümmer und das Feuer noch möglich gewesen war, wer immer auch den Kampf überlebt hatte.

      Er verließ den Fechtraum und suchte sich einen Weg zwischen den qualmenden Balken zur Rückseite des Schlosses. Er hatte die Mauerecke gerade hinter sich, als er die beiden erblickte. Er zuckte zurück, duckte sich und ergriff seine Pistole. Cremor und Maggie lagen im Gebüsch bei der Schlossmauer, hustend, beide mit zerrissenen Kleidern, offensichtlich völlig erschöpft. Dougal legte sich langsam auf den Boden, nahm seine Pistole in beide Hände, stützte sie auf einem Balken ab und zielte auf den nun kauernden Cremor. Die Entfernung war ziemlich groß für eine Pistole, aber irgendwo würde er ihn bestimmt treffen. Dann konnte er abrechnen mit dem Verräter, der sich auf die Seite von MacLennoch geschlagen hatte. Er spannte den Hahn und versuchte Pistolenlauf und Ziel zur Übereinstimmung zu bringen und sich