Die Frauen von Schloss Summerset. Ed Belser. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ed Belser
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287097
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her, um ihre Pachtzinsen einzutreiben oder sie für ihre Schulden zu plagen. Als der alte MacAreagh verstarb, demonstrierte er seine Macht als neuer Clan-Chief; das war ihm wichtiger als das Geld, das er seinem Schatzmeister zur Verwaltung überließ. Er war jedem Pomp abhold, verabscheute jeglichen Zierrat und war meistens barfuß unterwegs.

      Morvin hatte von nun an seinen Frieden. Seine Tochter war versorgt. Seine Frau hatte eine Sorge weniger. Es blieb ihm mehr Zeit, seine Fischer Tag und Nacht zur Arbeit anzuhalten und ihre Söhne, kaum waren sie dem Knabenalter entwachsen, auf die Nachfolge ihrer meist früh versterbenden Väter vorzubereiten.

      Als Ronalds Bruder bei einem der zahlreichen Scharmützel mit den MacLennochs sein Leben lassen musste, war die Beerdigung pompöser als seine eigene Hochzeit. Immerhin ließ er Margaret in der Villa in Ruhe und sie konnte sich jeden Wunsch erfüllen. Der Schatzmeister war angewiesen, das Geld dafür zur Verfügung zu stellen und Ronald fragte keinen Moment nach dessen Verwendung. Seine Währung waren Bauern, geknechtet um ihre Zinsen zu bezahlen; Pferde, am liebsten jene, die er von seinen Nachbarn vereinnahmt hatte, und Soldaten — Soldaten, je mehr je besser, jeder Knecht und Bauer, sei er kaum erwachsen oder Mann an der Altersgrenze, kam für seine willkürlichen Einberufungen infrage. Ronald stapfte baren Fußes über jedes Hindernis, seien es seine Gegner, widerspenstige Bauern, Disteln oder Kuhdreck.

      Die weiße Villa wurde zur Oase und Margaret war darin die Gefangene. Sie baute sich eine umfangreiche Bibliothek auf, las jedes Buch von Anfang bis zum Ende — sei es auf Englisch oder Französisch — wurde Lehrerin der Kinder der Obrigkeiten auf dem Schloss und gab Einladungen für deren Frauen. Sie war einsam und wusste nicht was Liebe und Erfüllung bedeuten konnten. Sie machte sich Vorwürfe, dass sie sich auf diese Heirat eingelassen hatte, beschönigte es jedoch wieder: Ich hatte keine andere Wahl. Sie kannte die Alternativen nicht. Sie wusste gar nicht, dass es solche geben könnte. Auch dass Leben als Schlossherrin hatte sie sich anders vorgestellt: an der Seite ihres Mannes, im Schloss, mit Zofen und Dienern und mit Gesellschaften, großen Essen, Einladungen in andere Schlösser, Besuche bei ihren Untertanen, Reisen nach Edinburgh. Doch das düstere Schloss war vollgepfercht mit Soldaten, und mit Ausnahme von ein oder zwei großen Empfangsräumen einer Kaserne ähnlicher. Da waren die Ausritte auf dem weiträumigen Schlosshof mit Duffy, dem Reitlehrer, beinahe die einzige Abwechslung zum Leben in der Villa. Die Oase war undurchdringlich geworden, ein Gefängnis, das nicht erobert werden konnte und aus dem keine Flucht denkbar war.

      Im Jahre 1712 kam ihre Tochter Shauna auf die Welt. Mit schmalen Hüften schwer geboren, eine Tortur für Mutter und Tochter. An der Grenze zwischen Leben und Tod. Shauna kam durch. Sie war von Anfang an Mittelpunkt im Leben der weißen Villa. Doch Margaret lullte sie nicht ein in die Gefangenschaft ihrer einsamen Mutterliebe. Sie nicht so wie ich. Früh lehrte sie Shauna selbstständig zu handeln, selbstständig zu denken, brachte ihr Lesen und Schreiben bei, sorgte für Lehrer, die ihr Englisch vom gälischen Tonfall befreiten, die sie in Französisch und Mathematik unterrichteten.

      Trotzdem war auch Shauna gefangen auf Schloss Blackhill. Margaret übertrug die Aufgaben des Reitlehrers auf ihre Tochter. Duffy wurde Shaunas treuer Diener, so treu, wir er ihr gegenüber gewesen war. Duffy war von Ronald gut ausgewählt worden. Perfekt als Reiter, als Kenner der Pferde, selber einem solchen beinahe ähnlicher im Gesicht als einem Menschen, riesiges Gebiss, überkrumme Beine. Und weder von seinem Wissen noch sonst irgendeine Versuchung für Margaret. Doch Duffy wurde von MacAreagh vergessen; er übertrug seine Treue auf Margaret und später auf Shauna.

      Dazu kam Morton, der Oberbutler, der jeden Schritt von Mutter und Tochter überwachte und jede Abweichung vom Tageslauf seinem Herrn berichtete. Margaret war in dieses Leben hingezogen und aufgesogen worden, es war ihr einziges, sie kannte kein anderes, und sie begann sich darin einzurichten, so wie ein Gefangener seine Zelle einrichtet. Doch für Shauna sollte stets eine Flucht möglich sein. Irgendwann würde die Trennung kommen. Der Gedanke daran fiel Margaret schwer.

      Plötzlich tauchte dieser Söldner auf, von Frankreich kommend. Fast schwarze Augen, wie ein Spanier, trotzdem ein Landsmann, versehen mit den Fähigkeiten eines Wundarztes und ein Meister des Säbels, beauftragt, die Mannen von MacAreagh zu fähigen Soldaten zu machen. Da trafen sich zwei Paar Augen, Punkt auf Punkt, zündeten Stürme, die sich ausbreiteten über Gesicht und Körper, die ruhende Sinne in Aufruhr versetzten, Duft und Berührung der Hände … und plötzlich war der Raum um sie leer gefegt und nur noch ausgefüllt von ihrer beider überwältigender Gegenwart. Sie und Cremor, die gleichen einsamen Seele fanden zusammen und zweifelten keinen Augenblick, dass sie auf immer und ewig miteinander verbunden sein sollten.

      Die Wochen waren für Margaret die Offenbarung ihres Lebens. Niemand hatte sie darauf vorbereitet, da gab es keine Geschichten, keine Erzählungen, keinen Rat ihrer Mutter — nichts; nur Erleben, als ob sie der erste Mensch gewesen wäre, der solches erfahren hätte. Erst jetzt fand sie zu sich selbst. Jetzt erst nahm sie sich als Herz und Geist und Körper wahr und nicht als treibendes willfähriges Wesen.

      Shauna wurde immer unbändiger. Auf ihrer Suche nach Freiheit hatte sie den einzigen Fluchtweg aus der weißen Villa entdeckt und ihn für ihre Streifzüge außerhalb der dicken Schlossmauern eingerichtet — mithilfe von Cremor, der damit den ebenso geheimen Zugang zu Margaret gefunden hatte.

      Sie planten eitel für die gemeinsame Zukunft, weit weg von Schloss Blackhill, vielleicht in Edinburgh, vielleicht gar in London. Doch ihre Liebe wurde verraten. MacAreagh kannte keine Gnade. Er war oberster Gerichtsherr seines Clans, ob irgendein ein Bauer oder seine Frau; wer da gegen selbst ungeschriebene Gesetze verstieß, dem gab es keine Gnade und keine Berufung gegen sein Urteil. Der Söldner sollte hängen, Verbannung für Margaret — Shauna auf der Flucht vor den Schergen ihres Vaters, der sich sein wertvolles Pfand für die Mehrung seiner Macht nicht nehmen lassen wollte.

      3

      Es folgten lange Jahre der Verbannung für Margaret in einem fremden Land, zwar mit vielen Landsleuten, doch letztlich einsam und heimatlos. Mühsam sparte sie das Geld für eine Reise zurück in ihre Heimat zusammen, eine Reise, die für sie eine Heimkehr sein sollte, voller Hoffnung, zusammen mit dem treuen Andy Sullivan als Beschützer, die verzweifelte Suche nach ihrer Tochter, doch es gab nur die schreckliche Erkenntnis, dass sie tot war; sie hatte vor ihrem Grab gestanden — bei der alten Brücke zur zerfallenen Mühle. Es gab keine Möglichkeit Cremor zu finden, nicht einmal eine Spur von ihm. So war sie resigniert nach New Brunswick zurückgekehrt, im Herzen die leise Hoffnung, dass er trotzdem noch leben könnte.

      Sie war wiederum von allen willkommen geheißen worden, kaum war sie zurück; man hatte ihr jeden Weg offengelassen.

      Wieder vergingen Jahre, und stets waren ihre Gedanken bei Cremor, selbst dann, als sie sich in der geruhsamen Verbindung mit Scott eingerichtet hatte. Scott, der Sheriff, war stets für sie da gewesen, schon damals, bei ihrem ersten Schritt auf das neue Land. Es hatte nur sein Kopfnicken gebraucht, und der Bürgermeister war einverstanden gewesen, ihr den Aufbau der Schule anzuvertrauen.

      Dann endlich: ein zufälliges Signal. Die ersten Zeitungen, die Amerikas Kolonien erreichten. Ein zerknülltes Exemplar, der Bericht über die Blair Mhor Brennerei. Lucas Creamore. Er lebte! Da gab es für Margaret kein Halten mehr. Sie verließ ihren Ehemann und die Menschen, die sie gebraucht hätten — sie verließ letztlich jenes Gefängnis, das ihr bisheriges ersetzt hatte.

      Andy Sullivan hatte eine neue Heimat gefunden, war glücklich mit ihrer ehemaligen Zofe, und so hatte sie sich allein auf den Weg machen müssen, zum zweiten Mal zurück über den Ozean.

      Margaret hatte die Ankunft sehnlichst erwartet, doch als die Küste in Sicht kam und sie sich Greenock näherten, wäre es ihr lieber gewesen, die Reise hätte noch angedauert.

      Die Caroline legte an, das Fallreep wurde heruntergelassen und Kapitän Garcia begleitete sie an Land, gefolgt von einem Diener, der ihre zwei Taschen trug. Ihre Bücher hatte sie auf dem Schiff zurückgelassen.

      "Es tut mir im Herzen weh, dich hier einfach alleine zu lassen, Margaret. Alles was ich tun kann ist, dir viel Glück zu wünschen." Er umarmte sie. "Ich weiß, dass du wegen eines Mannes diese Gefahr auf dich nimmst. Ich glaube, sonst hätte ich