Die Frauen von Schloss Summerset. Ed Belser. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ed Belser
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287097
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Scott

      Sheriff und Sohn schottischer Einwanderer in Brunswick, North-Carolina, Amerika. Einige Jahre verheiratet mit Margaret bis 1746.

       Andy Sullivan

      Ire. Treuer Beschützer von Margaret in der Verbannung und während ihrer ersten Reise zurück nach Schottland auf der Suche nach ihrer Tochter und Cremor. Verheiratet in Brunswick mit Margarets ehemaliger Zofe Arbella.

Kapitel I

      1

      Kapitän Jose Garcia hatte Margaret wie eine alte Bekannte begrüßt. Sein Schiff, die Caroline, roch unvermindert nach Terpentinöl, Pech und Teer. Für Margaret war es ein vertrauter Geruch. Das Schiff verfügte über zwei sehr hohe Masten mit schlanken Segeln über einem langen und dick gewölbten Schiffsbauch, der im Unterdeck mit Fässern und Säcken bis unter den letzten Spant gefüllt war. Auch das halbe Zwischendeck war vollgepfercht mit Zuckersäcken, die andere Hälfte diente der kaum zwei Dutzend Mann starken Besatzung als Unterkunft. Im Laufe der Zeit hatte Margaret gelernt, deren Gesichter auseinanderzuhalten und erfahren, wer etwa aus Spanien, Frankreich, Portugal oder Kuba stammte.

      Kapitän Garcia hatte es gar nicht gerne gesehen, wenn sie mit den Matrosen sprach. "Es ist gefährlich für dich und schlecht für die Disziplin. Sie machen sich zu viele Gedanken dabei. Wir sprechen nur mit ihnen, wenn wir etwas zu befehlen haben."

      Sie hatte die gleiche Kajüte wie bei ihrer ersten Reise nach Schottland, und das Ziel war das gleiche. Im Heck des Oberdecks war nur wenig Platz für die Kajüte des Kapitäns sowie drei weitere, noch enger, für die Offiziere; eine davon für Margaret. Sie war der einzige Passagier und natürlich die einzige Frau an Bord; der Kapitän und seine beiden Offiziere wetteiferten um ihre Gunst. Jeder hatte stets ein Auge auf sie und anfangs hatte sie sich kaum getraut einzuschlafen, ohne einen Stuhl unter den Türgriff zu stellen. Doch bald hatte sie bemerkt, dass eigentlich immer jemand wach war, der auf seinen Nachbarn aufpasste.

      Auf beiden Seiten des Rumpfes zeigten je vier Kanonen aufs Meer hinaus, das vom Mastkorb aus stets von einem der Matrosen überwacht wurde.

      Kapitän Garcia hatte ihre Bewunderung für die Kanonen etwas gedämpft: "Wir wären leichte Beute für ein Freibeuterschiff. Die haben ein Vielfaches davon. Unser Ausguck wird uns hoffentlich rechtzeitig warnen."

      Margaret war doch etwas erschrocken. "Was tun wir dann?"

      Garcia verzog seine Mundwinkel. "Wir hauen ab. Unsere Reise könnte dann vielleicht etwas länger dauern."

      "Und wenn sie uns trotzdem erwischen?"

      "Dann verhandeln wir. Meistens sind sie mit der Hälfte der Ladung zufrieden und ziehen wieder ab. Vielleicht haben wir auch Glück, und ein Schiff der Königlichen Marine ist in Sichtweite."

      Margaret schluckte leer und erwiderte das Lächeln von Garcia. Doch auch so würde es einige Wochen dauern, bis sie wieder Festland sähen.

      Bei ruhiger See saß Margaret meistens auf einer der zahlreichen, mit Stricken festgezurrten Holzkisten und las in ihren wenigen Büchern, die sie aus ihrer zurückgelassenen Sammlung ausgewählt und mit auf die Reise genommen hatte. Zu den Mahlzeiten traf man sich, wenn immer es der Dienstplan zuließ in der Messe und Margaret lauschte den Geschichten der Offiziere.

      Garcia wusste inzwischen Bescheid über die Reisepläne von Margaret und machte aus seinen Bedenken kein Hehl: "Du solltest diese Reise nicht allein machen. Du bist des Weges nicht kundig und Schottland ist in Aufruhr, besonders dort wo du hinwillst."

      Margaret wusste, dass er recht hatte. "Ich habe keine andere Möglichkeit. Vielleicht finde ich ein paar nette Kerle wie euch, die mich begleiten."

      Jose sah sie mit erhobenen Augenbrauen an. "Da sind nur Fischer und Seeleute, die haben andere Pläne, als dich in die Highlands zu eskortieren." Immerhin nahm er sich Zeit anhand der Angaben von Margaret eine Karte zu zeichnen, die den Weg von Greenock auf dem Wasser ins Innere des Landes und von dort nach Blair Mhor skizzierte. "Du wirst ein Boot brauchen, das dich hinbringt, und nachher ein oder zwei Pferde."

      "Dessen bin ich mir bewusst", antwortete sie mit fester Stimme und versuchte ihre eigenen Befürchtungen zu überwinden.

      Die Tage wurden für Margaret länger und länger. Stürmische See mit bedrohlichen Wolkentürmen wechselten mit trägen Flauten bei endlos blauem Himmel, hektische Aktivitäten der Offiziere und Matrosen mit langweiligem Schaukeln des Schiffes. Oft sah man sie an der Reling stehen, manchmal ihre Arme aufgestützt; sie schien die Windseite zu suchen, als ob sie in die Vergangenheit zurückblickte. Sie ließ sich auch von unruhiger See nicht abhalten, im Gegenteil: sie verankerte ihre Füße, fasste die Reling fest mit beiden Händen und atmete die salzige Luft. Manchmal schüttelte sie heftig den Kopf und machte sich Vorwürfe, dass sie sich in Amerika mit Scott eingelassen und ihn sogar als Ehemann an ihrer Seite geduldet hatte, versuchte eine Brücke zu schlagen zwischen der unsicheren Zukunft und ihrer Vergangenheit …

      2

      Der Vater von Margaret war mit seinem Nachbarn MacAreagh lediglich in einer Sache gleicher Meinung gewesen: in ihrem Hass gegen die Engländer insgesamt und in ihrer Ablehnung der Anfang des Jahrhunderts beschlossenen Union zwischen Schottland und England im Besonderen. Da konnten sie zusammen bechern und schimpfen, was jedoch meistens nicht lange dauerte, denn die Beschimpfungen zielten über kurz oder lang auf den anderen und man musste sie voneinander abhalten, damit sie nicht an Ort und Stelle mit dem Schwert aufeinander losgingen.

      In jenem Jahr war Margaret noch ein Mädchen, hoch aufgeschossen zwar und mit leichter Stupsnase, doch wer sie ansah, spürte das Versprechen zukünftiger Schönheit. Für ihren Vater Morvin war sie das kostbarste Gut überhaupt. Ihr älterer Bruder, vorbestimmt als Erbe, hatte sein Leben vorzeitig in einem der zahllosen Zwiste mit ihren mächtigeren Nachbarn verloren.

      Der kleine Ronald MacAreagh sah seinen Vater selten und meistens aus der Ferne, wenn er seines Amtes als Clan-Chief waltete. Ronald war Teil der Kinderschar auf Schloss Blackhill. Ihre Mütter, eine von ihnen seine leibliche, versorgten sie — jede nach ihrer Zeit und ihrer Zuneigung — mit dem, was ein kleiner Junge brauchte. Doch bald war er in der Gemeinschaft von Gleichaltrigen, angeführt vom Ältesten, kaum ein paar Jahre älter als er. Sie wetteiferten stets untereinander und trugen ihre Kämpfe aus. Ronald war der Wildeste unter ihnen und bald war er der Herrscher über die halbwüchsige Gruppe.

      Den Platz an der Seite seines Vaters hatte er sich erkämpfen müssen. Dieser hatte ihm die Feindbilder frühzeitig eingeimpft: zu allererst der Clan der MacLennochs im Süden, dann der Nachbar im Westen, angeführt von Margarets Vater Morvin. Ronald war sich schon früh bewusst, dass er eines Tage die Nachfolge seines Vaters antreten würde und er unternahm alles, um zu beweisen, dass er dessen würdig war. Wo immer eine Herausforderung anstand — eine Grenzbereinigung, eine widerspenstige Familie die nach neuen Pfründen suchte, die Demütigung eines Widersachers — stets war Ronald zuvorderst und zuerst.

      Morvins Clan war kleiner als derjenige der MacAreaghs, und meistens vor den Küsten mit der Fischerei beschäftigt. Das Meer gab genug her, viele Fischer standen in Morvins Diensten und die Erträge flossen reichlich. Doch eines hatte Morvin übersehen, oder übersehen wollen, schmerzhaft, denn er konnte sich nicht dagegen wehren: Nach und nach hatte der alte MacAreagh sein Gebiet ausgedehnt, die Bauern unter seine Fuchtel genommen, ihnen die Pachtzinsen abgenommen, seine Grenzen immer weiter gezogen und jeden noch so kleinen Widerstand niedergeschlagen. Morvin hatte zwar genug Geld, das Meer gleich vor der Haustür und dessen Früchte im Überfluss, aber bald kaum noch Land für Vieh und Getreide.

      Schließlich war Margaret im heiratsfähigen Alter.

      Morvin tauchte unverhofft bei seiner Frau auf: "Die Zeit ist gekommen, unsere Tochter zu vermählen. Ich meine, der junge MacAreagh sei der Richtige für sie. So sorgen wir nicht nur für ihre, sondern auch für unsere Zukunft."

      Seine Frau rieb sich die Augenbraue und meinte: "Und wenn der Alte nicht einverstanden ist?"