Das 4. Buch George. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844283785
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Onkel Cornelius!«, begrüßte mein Sohn ihn freudig. Sie sahen sich nicht allzu oft.

      »Sag ruhig Cornelius, oder Connie zu mir. Wenn du mich Onkel nennst, dann fühle ich mich so alt!«, lachte er meckernd. »Helm... , äh, Agnir, du bist schon wieder ein ganzes Stück gewachsen!«

      »Ja, bin ich. Ach... Ich heiße jetzt Triple A!«, bekundete er und ich verdrehte die Augen.

      »Ich dachte du heißt jetzt Helmut, weil du einen Helm trägst...«

      »Den Helm habe ich ihm aufgesetzt. Das mit dem ›Triple A‹, das hat er von Gungnir aufgeschnappt! Da gibt man dem Kind so schöne Namen, und er will Triple A heißen! Klingt wie ein verunglückter Superheld... Oder, wie hießen eigentlich diese flauschigen Viecher aus der Episode von Raumschiff Enterprise?... Trippel?«, hakte ich nach. Doch von Connie konnte ich nicht erwarten, dass er sich jemals Star Trek angesehen hatte.

      »Die hießen Tribbles... Aus der Episode: Kennen Sie Tribbles?«, antwortete Connie wie aus der Pistole geschossen.

      ... Aha! Jetzt kenne ich ein weiteres Geheimnis meines Blutbruders. Er ist ein verkappter Trekki!...

      »Agnir, würde es dir gefallen, wenn ich dich zusammen mit Ructus unterrichte?«, fragte Cornelius.

      Agnir nickte aufgeregt: »Das wäre super! Ich will nämlich mal das Gleiche wie meine Mama werden!«

      »Was? Ärztin?«, fragte Connie grinsend.

      »Nein, Arzt! Und den Witz hat Papa heute schon gemacht!«, erwiderte er naseweis.

      »Gut, wenn du willst, kannst du ab morgen bei mir Unterricht nehmen. Papier und Bücher bekommst du gestellt. Schulranzen, Federtasche und Zirkel musst du selbst mitbringen. Ach ja, ihr habt die regulären Ferienzeiten, so wie andere Kinder auch. Noch Fragen?«, wandte Connie sich ganz allgemein dem Raum zu.

      »Au fein! Wir wollen nämlich zu Pfingsten mit dem Boot die Küste entlangfahren! Ganz bis nach Norwegen! Dort zeigt mir Papa, wo er geboren wurde«, berichtete Agnir.

      »Sehr schön!«, meinte Connie. »Ragnor, kann ich mal kurz unter vier Augen mit dir reden?«, fragte er und nickte in Richtung Labor.

      »Klar, aber die zwei Augen von Wilbur lässt du hier! Das geht ihn nichts an!«

      »Na gut, Wilbur. Bleib bei den Jungs und mache keinen Quatsch!«

      Die Kröte wurde vorsichtig vom grauen Zausel auf dem Tisch abgesetzt. Zu schade, ich hatte keinen Strohhalm dabei, sonst hätte ich Agnir zeigen können, wie man einen Frosch aufbläst.

      »Ja, was gibt´s denn?«, hakte ich nach und schloss hinter uns die Tür.

      »Wenn ich schon so nett bin, deinen Sohn zu unterrichten, dann kannst du mir auch einen kleinen Gefallen tun, oder?«

      »Äh, ja... Und das wäre?«, fragte ich voller Misstrauen. War klar, dass er von mir ebenfalls einen Gefallen einfordern würde. Auf so etwas war ich schon gefasst.

      »Na ja, es geht um Ructus. Er tut sich ein wenig schwer, seit er hier bei uns ist. Von den Großen wird er nicht akzeptiert und die Zwerge mögen ihn nicht. Deshalb wäre es doch ganz nett, wenn er vielleicht bei euch öfter zum Spielen vorbeikommen könnte. Schließlich habt ihr doch genug Platz. Es wäre auch nett für Agnir, wenn er jemanden hat, mit dem er ein bisschen auf dem Grundstück herumstreifen könnte.«

      »Du willst, dass wir den kleinen Roten sozusagen bei uns aufnehmen? Ist das nicht ein bisschen zu viel verlangt? Ich weiß nicht mal, ob ich ihn überhaupt leiden kann!«, gab ich zu bedenken.

      »Er soll ja nicht bei euch wohnen, wäre schön, wenn er mal mit Agnir spielen könnte. Vielleicht auch mal zum Essen bleiben darf. Und im Sommer könnten die Kinder draußen zelten«, äußerte Connie. »Du weißt, dass er das Gelände nicht verlassen darf, er würde zu sehr durch sein Aussehen auffallen, aber er soll sich auch nicht wie ein Gefangener fühlen.

      »Spielen? Ich weiß ja noch nicht mal, wie alt der Knabe ist«, wehrte ich ab.

      »Und? Wie alt sind wir denn, hm? Jedes intelligente Wesen spielt gern. Wir spielen beide, auch wenn es Kartenspiele, Backgammon oder Schach ist.«

      »Da hast du auch wieder wahr. Okay, ich frage mal Amanda, was sie davon hält. Dann gebe ich dir Bescheid. Sag Agnir aber noch nichts davon, nicht dass er nachher enttäuscht ist, falls es nicht klappt!«

      »Was sollte denn dagegen sprechen?«

      »Keine Ahnung, wer weiß, vielleicht zündelt Ructus, oder übt einen negativen Einfluss auf meinen Sohn aus.«

      »Quatsch, er zündelt doch nicht! Okay, dann sind wir uns also einig«, nickte Connie.

      »Mehr oder weniger«, grummelte ich. »Komischer Deal. Ich drücke dir mein Kind aufs Auge und dafür habe ich deinen Problemfall an der Backe...«

      Eine Frau ist eine Person, die dauernd in den Spiegel sieht, außer wenn sie eine Parklücke verlässt...

      (Unbekannter Verfasser)

      Nachdem das nun geklärt war, ließen wir Cornelius in Ruhe weiter seine seltsamen Studien betreiben.

      »Gut, Agnir. Wir sehen uns dann morgen, so gegen acht, halb neun, okay?«, lächelte Connie und winkte uns hinterher.

      »Ja, bis morgen!«, winkte der frischgebackene ABC-Schütze zurück. »Hurra! Ich gehe in die Schule!«, jubilierte er bis nach draußen vor die Tür. Dann schien im das Fischen wesentlich mehr zu interessieren. Zumindest brauchte er dafür keinen Helm.

      Ich zog mir die Klamotten bis auf die Badehose aus und begab mich ans Ufer.

      »So, mein Sohn. Siehe zu und lerne!«

      Flink ließ ich mich vom Steg ins Wasser gleiten. Agnir folgte mir begeistert, indem er mir beinahe auf den Rücken sprang. Und das, obwohl ich ihm schon tausend Mal sagte, er solle nicht vom Steg springen.

      »Habe ich dir gesagt, du sollst mir folgen?«, fragte ich genervt.

      »Aber, wie soll ich sonst sehen, wie du Fische fängst?«, entgegnete er kleinlaut.

      »Okay, da hast du recht«, nahm ich ihm die Unsicherheit.

      Für alle anderen musste diese Szene wohl eher befremdlich wirken. Wir Vampire fangen regulär eigentlich gar keine Fische. Und schon gar nicht mit Angel oder Netz. Doch Agnirs Fähigkeiten mussten gefördert werden und so kam ich auf die Idee mit dem Fischen, was er überaus begeistert aufnahm. Ein Jäger bleibt immer ein Jäger, auch unter Wasser.

      »Und du sollst nicht immer ins Wasser pinkeln!«, meinte ich kopfschüttelnd.

      »Das machen die anderen Schwimmer doch auch!«, wehrte er sich.

      »Stimmt, da hast du auch wieder recht. Aber doch nicht vom Steg! Pack deinen Piepmatz wieder ein und lass uns anfangen«, lachte ich. So tauchten wir wieder unter und gleich setzte ich einem dicken Karpfen nach. Als ich das widerliche Vieh ans Ufer spuckte, jagte Agnir schon seinen ersten, eigenen Fisch.

      Da auch andere gerne im See angelten, setzte ich schon im letzten Sommer ein paar Karpfen aus, um sie, wenn mich Lust und Laune packte, jagen zu können. Ha, ich bin hier der Hecht im Karpfenteich! Nur, hätte ich damals schon gewusst, dass ich so schnell einen jagenden Sohn bekäme, wären von mir gleich ein gutes Dutzend mehr ausgesetzt worden. Ab und zu tauchte Agnirs nasser Blondschopf auf, denn im Gegensatz zu mir, muss er immer wieder Luft schnappen. Schließlich ist er ein halber Mensch und braucht Sauerstoff. Wogegen wir Untoten eigentlich darauf verzichten können. Endlich spuckte er seinen ersten selbst gefangenen Fisch aus. Als ich sah, was er dabei für ein angewidertes Gesicht zog, konnte ich mich vor Lachen kaum halten. Agnir musste bisher noch nie jemanden beißen, um an sein benötigtes Blut zu kommen. In dieser Hinsicht war er ein echtes Flaschenkind. Wahrscheinlich befand er sich auch in einem Gewissenskonflikt.

      … Das kenne ich von Cornelius. Einerseits konnte er kaum auf das notwendige Blut verzichten, andererseits meldete sich dann das Gewissen eines Heilers