Das 4. Buch George. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844283785
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öffnen?«, fragte er lautstark. »Du brauchst doch nichts zum Türen öffnen, entweder du trittst sie ein, oder du gehst durch die Wand!«, kicherte mein Blutsbruder und putzte sich seinen schneeweißen Kittel ab. Früher lief er immer in so komischen Gewändern herum, woraufhin ich die Vermutung hegte, er hätte ein Faible für Frauenkleider. Zum Glück hatte sich das inzwischen geändert. Nun sah er wie der etwas verwirrte Doktor einer Krankenhausserie aus.

      Ich hob den Deckel des Frontladers auf. Mutmaßlich das Teil, das zuvor so eindrucksvoll die Tür eindellte. Das Glas war gesprungen, aber noch ganz. Überall lagen Unterhosen, Socken und Unterhemden herum. Alles leicht angeschwärzt. Na, das nenne ich mal »Kochwäsche«...

      »Du hast da was auf dem Kopf«, machte ich ihm verständlich.

      »Was? Ich habe doch keinen Kropf!«, brüllte er zurück.

      Genervt verdrehte ich die Augen und gestikulierte in Richtung seiner Haare.

      »Ach, die Kröte? Hey, das ist mein neuer Mitarbeiter. Ach was, wohl eher alter Mitarbeiter. Den kennst du doch auch. Das ist Wilbur!«

      ...Oh, nein! Nicht dieser blöde, depperte Dschinn! Wenn es einen geben sollte, den ich überhaupt nicht ausstehen kann, dann ist es dieser Wilbur!...

      »Das ist Wilbur? Normalerweise rennt er doch immer im Rock herum, getarnt als Mensch in Form eines zierlichen, mädchenhaften Ägypters!«, entfuhr es mir.

      »Was? Ah, langsam kommt mein Gehör zurück... Ach ja, wie du weißt, baute Wilbur letztens ein wenig Mist in Libyen. Dafür sollte er hundert Jahre in Gewahrsam bleiben, aber ihr musstest ihn ja aus der Silberkammer herausholen!«

      »Hey, hör mal, was hätten wir denn machen sollen? Du hattest dich irgendwo am Arsch der Welt verkrochen und warst unauffindbar! Es ging um Leben und Tod. Also haben wir ihn mit einer kleinen Aktion aus den Silberkammern herausgeholt. Was uns übrigens eine ganze Woche Küchendienst bescherte!«, entrüstete ich mich.

      »Ja, ja! Und das war nobel von Pistillum, es hätten auch zwei Wochen werden können. Wie dem auch sei. Nach eurem Bruch entfloh Wilbur und versteckte sich in der Dämonendimension, wo ihr ihn mit Mara folglich auch wiedersaht. Nun, Mara bat beim Chef um Milde für Wilbur, und die hat er von Ambrosius Pistillum bekommen. Vorerst bleibt Wilbur in Krötengestalt, und wenn er schön brav ist, darf er wieder jede x-beliebige Gestalt annehmen und in Freiheit leben. Bis dahin, ist er sozusagen mein persönlicher Mitarbeiter und steht unter ständiger Beobachtung. Alchemie lag ihm schon immer. Er ist ein wandelndes Rezeptbuch.«

      »Hey, redet mal nicht so, als wäre ich nicht da!«, beschwerte sich der Kröten-Wilbur.

      Wir ignorierten ihn einfach.

      »Ha, geschieht ihm ganz recht, dieser kleinen, hässlichen Kröte. Alchemie liegt ihm? Ja, das sehe ich... Hat er das Rezept fürs Waschmittel erfunden?«

      Nebenbei pflückte ich Connie eine Socke von der Schulter.

      »Nein, i wo! Das ist mein Rezept gewesen. Dummerweise ist es noch nicht ganz ausgereift. So wie es aussieht, ist das Waschmittel schon in der Maschine verpufft...«, resümierte Connie, kraulte sich den Bart und guckte an die Decke, als vermute er dort die Lösung seines Problems. Dann bemerkte er erst leicht verstreut, dass ich seine Heiligen Hallen betreten hatte: »Was machst du eigentlich hier? Warst du nicht zuletzt irgendwo in Mexiko?«, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

      »Jepp, wir sind heute Morgen in der Frühe wiedergekommen. Was hast du sonst noch Schönes in der Mache?«

      »Ich arbeite zurzeit an einem Unsichtbarkeits-Trank. Allerdings funktioniert er noch nicht richtig, bisher wurden nur die Füße unsichtbar. Es ist echt blöd, wenn plötzlich deine Haxen nicht mehr sichtbar sind. Aber ich arbeite dran.« Nachdenklich betrachtete er mich von oben bis unten. »Wie siehst du eigentlich aus? Rennst hier mit Bermudas und Adiletten herum? Ist wohl schön warm draußen, wie?«

      »Ja, herrliches Wetter. Du solltest auch öfter vor die Tür gehen. Überhaupt hängst du viel zu viel in geschlossenen Räumen ab. Du solltest mal rausgehen, denn die Weiber tragen wieder Dekolleté und Kleider. Da wirst selbst du feucht unter der Zunge. Überhaupt solltest du dich mal mit einem weiblichen Wesen treffen und ein wenig Druck abbauen!«, riet ich ihm, doch er winkte nur ab.

      »Ach, du kennst mich doch. Welche Frau würde sich schon mit mir abgeben?«

      »Hey, es gibt viele Mitarbeiterinnen, die auf dich stehen, nur du merkst mal wieder nichts. Halt dich ran, es geht schon das Gerücht herum, du wärst ein warmer Bruder.«

      »Das sagst du so leicht. Du hast es beim weiblichen Geschlecht viel leichter als ich. Du gehst einfach auf ein weibliches Wesen zu und fragst: ›Haste Bock auf Ficken?‹«

      »Na ja, die Zeiten sind nun vorbei, ich bin jetzt glücklich verheiratet. Lassen wir die Katze mal aus dem Sack. Ich bin nicht zwecks einer Partnervermittlung gekommen, sondern wegen Agnirs Unterricht. Amanda drängt mich, der Junge müsste in die Schule. Nur kann er nicht in eine normale Schule gehen, da würde er durch sein schnelles Wachstum auffallen. Deshalb soll ich fragen, ob es Schulen für Vampir-Hybriden gibt.«

      … Damit habe ich nur ein wenig die Tatsachen verschleiert. Ich bin niemand, der andere um einen Gefallen bittet. Und das Wort »Bitte« ist außer für Amanda, sowieso nicht in meinem Wortschatz vorhanden. Ich bettele doch nicht Cornelius an! Schließlich habe ich auch meinen Stolz. Nein, ich wollte es so einfädeln, dass Connie von allein auf die Idee kam, Agnir als Schüler zu nehmen...

      »Du bist glücklich verheiratet, fragt sich nur, ob Amanda es auch ist«, lächelte er verschmitzt in sich hinein. »Du meine Güte. Es gibt vielleicht eine Handvoll Vampir-Hybriden. Und soweit ich weiß, gibt es auch kein Internat für sie. Die wenigen werden von ihren Eltern unterrichtet«, meinte Connie und betrachtete den verursachten Schaden an der Waschmaschine eingehend.

      »Ich würde sowieso nicht wollen, dass der Junge nach außerhalb kommt. Er soll bei uns, in einer ganz normalen Familie aufwachsen!«, reklamierte ich. »Annie ist nicht mehr die Jüngste und kümmert sich ohnehin schon aufopfernd um ihn. Amanda hat keine Zeit, das weißt du wohl am besten. Und ich kann ihn nicht unterrichten, weil mir die letzten 600 Jahre an Bildung fehlen. Das, was ich weiß, ist allemal nur rudimentär zu nennen. Okay, inzwischen weiß ich Folgendes: Niemand wohnt in einem Brockhaus und ein Analyst ist auch kein Gerät für die Darmspieglung...«

      Nicht nur Cornelius lachte herzhaft, auch Wilbur kicherte leise. Der Graue schüttelte den Kopf und wischte sich eine Lachträne aus dem Auge.

      »Verzeih mir die Bemerkung, aber deine Familie ist alles andere als normal. Jedenfalls solange du der Familienvorstand bist... Na, du bist mir eine Marke. Tja, was machen wir mit dem Jungen?«

      »Ha, ha, du Komiker! Keine Ahnung, gerade das bereitet mir Kopfschmerzen«, verriet ich ihm. »Er ist jetzt nicht besser als andere Kinder, aber hat uns schon ziemlich oft zum Staunen gebracht. Als er gerade das Laufen lernte, bauten wir Gittertüren vor die Treppe, damit er da nicht hinunter purzelte. Und was machte der kleine Kerl? Er drückte auf den Fahrstuhlknopf und ging unten im Gebäude spazieren... Ziemlich pfiffig, nicht wahr? Er sah immer, wie Annie den Fahrstuhl holte, um mit dem Hund Prince Charles hinunterzufahren. Du weißt, er ist ein Basset-Hound, nicht gerade leicht und mit seinem langen Rücken darf er keine Treppen steigen.«

      »Ja, ziemlich pfiffig, das hat er eindeutig nicht von dir geerbt«, schmunzelte Connie. Ich warf ihm einen giftigen Blick zu und musste mich mäßigen, ihn nicht zu würgen.

      »Ist er hier?«, fragte Cornelius neugierig.

      Nickend zeigte ich in Richtung Tür. »Ja, er korrigiert gerade die Rechtschreibung von diesem Ructus. Agnir kann nämlich schon lesen und schreiben. Seine Schwester Sascha hat es ihm beigebracht«, bemerkte ich.

      Cornelius betrachtete verwundert beim Verlassen des Raums die Beule in der Trenntür. Unauffällig folgte ich ihm. Die beiden Kleinen saßen am Tisch und schrieben fleißig. Zwischendurch zeigte Agnir Ructus die ein oder andere Sache, die er besser machen konnte.

      »Hallo, ihr beiden. Es