Das 4. Buch George. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844283785
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gesehen? Aus ärztlicher Sicht frage ich mich, wieso sie überhaupt so alt werden konnte. Die Frau raucht wie ein Schlot.«

      »Ja, ich habe sie mehr oder weniger durch die Rauschschwaden gesehen. Was soll daran so ungewöhnlich sein? Schließlich saufe ich auch wie ein Loch«, gab ich zurück. »Gut, dass ich Agnir nicht mitgenommen habe. Diese Frau ist schon ein wenig gruselig, wenn sie dich so aus ihren trüben, grauen Augen ansieht. Das soll aber nicht heißen, dass ich mich vor ihr grusle, ich habe schon Schlimmeres gesehen. Jedes Mal, nach dem Aufstehen, wenn ich in den Spiegel gucke«, grinste ich.

      »Wem sagst du das?«, fragte Amanda und gab mir einen kecken Klaps auf den Hintern. Jetzt machte sich auch Agnir wieder bemerkbar: »Wann gehen wir endlich fischen? Ich langweile mich!«

      Ja, wenn Junior sich langweilte, dann wurde es kritisch.

      »Komm, Agnir. Erst besuchen wir Onkel Cornelius, dann gehen wir fischen, das haben wir doch so besprochen«, setzte ich ihm den Fahrradhelm wieder auf.

      »Ach Männo! Den blöden Helm brauche ich hier drin doch gar nicht!«, grummelte er.

      »Oh doch! Glaube mir. Ich kenne Connie schon etwas länger als du. Komm jetzt, du Quälgeist. Gib Mami noch einen Kuss!«

      »Na gut!«, murrte er und zog sie am Kittel, damit sie sich bückte.

      »Dann mal viel Erfolg ihr beiden«, meinte Amanda, als sie Agnir und mich verabschiedete. Wir winkten ihr und verließen den Raum.

      Ein paar Türen weiter erreichten wir Cornelius´ Refugium. Vor nicht ganz einem Jahr war Cornelius noch der Leiter von Salomons Ring. Da benutzte er noch das Pseudonym »Salvatore Ormond«. In Paris trafen wir auf einen weiteren Blutsbruder, der uns nicht wohlgesonnen war. Er enthüllte ein paar unangenehme Fakten aus Cornelius´ Vergangenheit, die den armen Connie ziemlich aus der Bahn warfen. Vor allem outete er Cornelius vor unserem Team als Vampir. Anschließend nahm Connie seinen Hut und verzog sich an den unwirtlichsten Ort der Welt. Im Himalaya wollte er meditieren und ein paar Studien betreiben. Einleuchtenderweise wollte er auch von uns nicht gefunden werden. Nur spürten Barbiel und ich ihn auf, weil wir seine Hilfe brauchten. Molly war schwer erkrankt und nur Connie war es möglich, sie wieder zu heilen. Zwangsläufig musste der alte Kiffer mit uns gehen, weshalb er jetzt wieder hier war. Vormals hielt er seine Identität als Vampir vor allen anderen geheim. Nur musste er durch sein Auftauchen doch den Schleier heben, was ihm sehr schwergefallen war. Unsere Leute nahmen diese Enthüllung jedoch sehr gelassen auf und nun brauchte Connie nicht mehr ängstlich darauf bedacht sein, von anderen enttarnt zu werden. Ich verstand das noch nie, denn alle anderen wissen, dass ich ein Vampir bin. Warum sollten sie es bei Cornelius anders aufnehmen? Mein Blutsbruder wollte allerdings nicht mehr die Leitung von Salomons Ring übernehmen, weil er vorher schon den Posten an den ehrenwerten Magus Ambrosius Pistillum abgegeben hatte. Und der wiederum schien alles bestens im Griff zu haben. Da Cornelius ohnehin seine Studien betreiben wollte, packte er die Gelegenheit beim Schopfe und entschied sich, Alchemie zu unterrichten. Neben seiner Lehrtätigkeit hatte er so genug Zeit, sich seinen Alchemie-Studien zu widmen. Ein besonderes Augenmerk sollte man einer weiteren Nebentätigkeit widmen. Als Satan uns vor gar nicht langer Zeit höchstpersönlich besuchte, entließ er einen kleinen, roten Teufel aus seinen Diensten. Ein äußerst seltsamer Vorgang, dass er den kleinen Ructus feuerte. Aber dieser hatte in seinen Augen einfach nicht genug Loyalität an den Tag gelegt. Als der Höllenfürst wieder (samt mir!) davon rauschte, ließ er den kleinen und verwirrten Ructus zurück, der völlig verdattert über die Handlung seines Dienstherren war. Leicht ratlos fragte er, was er jetzt tun solle. Barbiel riet ihm, zuallererst einmal das Lesen und Schreiben zu lernen, denn das konnte er nicht. Ructus ist ein Fehlerteufel. Cornelius nahm sich seiner an und nun hat er Ructus als Schüler. Tja, und jetzt kommt Agnir ins Spiel. Wenn Connie ohnehin schon einen Schüler hat, dann macht ein weiterer den Kohl auch nicht mehr fett.

      Ohne anzuklopfen spähte ich vorsichtig durch die nur Spalt breit geöffnete Tür. Die Luft war rein. Ructus saß an einem, für seine Verhältnisse ziemlich großen Tisch, streckte die Zunge beim Schreiben ein wenig heraus und wirkte im Großen und Ganzen sehr konzentriert. Vom grauen Zausel fehlte allerdings jede Spur. Leise traten Agnir und ich ein. Sofort musterte mein Sohn den kleinen Teufel neugierig von oben bis unten. Ructus wirkt durch seine geringe Körpergröße sehr kindlich, doch wie alt er wirklich ist, kann ich nicht sagen. Sein Gesicht strahlte noch rötlicher als sonst. Sogar sein Kopf schien zu qualmen. Als er mich sah, machte er äußerst erschrocken, sofort einen gekonnten Satz unter den Tisch.

      »Hey, wir kommen in Frieden! Krieg dich mal wieder ein!«, beruhigte ich ihn. Unzweifelhaft besitzt er ein ausgeprägt gutes Gedächtnis. Er hatte nicht vergessen, wie ich ihm in Jodhpur Prügel angeboten hatte, falls er uns verraten sollte. Nun hatte sich die Grundvoraussetzung jedoch geändert. Nur vermutete er, dass das allerdings nicht auf ihn bezogen war. Zum Glück ging Agnir auf ihn zu und erklärte ihm die Lage: »Du brauchst keine Angst zu haben. Das ist doch nur mein Papa!«

      »Ja? Wie kommst du denn mit dieser Tatsache zurecht?«, fragte Ructus skeptisch.

      »Och, ganz gut!«, grinst Agnir und warf einen neugierigen Blick in das aufgeschlagene Schreibheft des Teufels. Sofort fühlte er sich bemüßigt, ihn zu korrigieren.

      »Au Backe! Häuser schreibt man mit äu und nicht mit eu! Und die Mehrzahl eines Apfels sind Äpfel, und nicht Apfeln...«

      Ich schaltete mich ein: »Gut, das könnt ihr ja unter euch ausmachen... Ructus? Wo ist eigentlich Cornel...«

      Zum Beenden der Frage kam ich nicht mehr, weil nebenan eine heftige Detonation erklang, die die Grundfeste des Gebäudes erschütterte. Die starke Stahltür, die uns vom angrenzenden Labor trennte, bekam eine heftige Beule, deren Ausbuchtung in unsere Richtung zeigte. Geräuschvoll rollte etwas sehr Schweres davon.

      »Oh, ist schon klar. Er ist da drin! Richtig?«

      Der Rote nickte heftig und nahm wieder unter seinem Schreibtisch Deckung ein. Klar erkennbar, dass er die Charaktereigenschaften seines Lehrers nur zu gut kannte.

      »Siehst du, Agnir... Jetzt weißt du, warum du den Helm aufsetzen solltest!«, machte ich ihm die Lage klar. Ab nun würde der Fahrradhelm Agnirs ständiger Begleiter werden. »Ihr beiden bleibt schön wo ihr seid, ich sehe mal nach dem Rechten!«

      Da sich im Labor nebenan nichts tat, öffnete ich vorsichtig die verbeulte Stahltür. Hinter einer Reihe Arbeitstische tauchte Cornelius´ grauer Schopf auf: »Ist gar nichts passiert!«

      »Das nennst du also ›nichts passiert‹? Woran bastelst du? An einem neuen Sprengstoff?«, erkundigte ich mich gar nicht weiter überrascht.

      »Hm, was? Mein Gehör ist im Moment leicht beeinträchtigt... Eigentlich probierte ich dort in der Waschmaschine gerade ein von mir erfundenes Waschmittel aus. Es dient dazu, die Wäsche schneller trocknen zu lassen, sodass der Gebrauch eines Trockners überflüssig wird. Das spart unglaublich viel Energie und verbessert die Emissionswerte!«, brüllte er, kam aus seiner Deckung hervor und ordnete sich das wirre Haar.

      … War mal wieder klar, dass er irgendetwas erfand, das mit Wäsche in Verbindung stand. Schon immer hatte er ein Faible für alles, was mit dem Wäschewaschen zu tun hatte. Andere Forscher kümmern sich um solche weltbewegende Dinge wie einem Heilmittel gegen Krebs. Connie ist dagegen ganz anders gepolt. Schon immer schenkte er solchen Sachen eine besondere Aufmerksamkeit, die alle anderen für Firlefanz hielten. Ich kann mich gut daran erinnern, als wir noch zusammen bei meinem Schöpfer in der Vampir-Festung wohnten, wie er mir stolz ein Fass, aufgehangen an einem Gestell präsentierte, an dem eine Kurbel befestigt war. Nun, ich besaß schon immer recht wenig Fantasie und konnte mir nicht vorstellen, was das komische Ding darstellen sollte. Da ein Fass involviert war, dachte ich, es werde wohl etwas mit Wein, oder Bier zu tun haben. Connie verneinte meine Vermutung und stellte das Gerät als eine Waschmaschine!!! vor. Da war ich aber so etwas von begeistert...

      »Äh, toll! Die Natur wird es dir sicherlich danken. Vor allem, weil du nicht auch noch die gesamte Umgebung ausgelöscht hast. So wie es aussieht, hast du noch deine Augenbrauen und verletzt bist du auch nicht. Vielleicht solltest du den Sprengs... Äh, das Waschmittel zu Simon bringen. Ich denke, er kann daraus sicherlich eine