Des Orakels Richterspruch. Clemens Anwander. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Clemens Anwander
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738039269
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in fünf langen Jahren verdienen. Sie hatte ja gewusst, dass sie sich solche Waffen nie leisten würde können, aber dass sie so enorm weit weg war davon, hätte sie nicht mal im Traum gedacht.

      »Pro Stück«, fügte Jarihm noch wie beiläufig hinzu. Der Tochter des Zujcan-Clans schwante Übles. Sollte der Waffe irgendein Schaden entstehen, oder sollte sie gar abhandenkommen, würde sie wirklich bald in solch enormen Schulden stecken, die sie Jarihm heute Mittag noch glauben gemacht hatte. Sie stand auf und machte ein paar Schritte um das unangenehme Gefühl wieder abzuschütteln. Jarihm blickte ihr interessiert nach.

      »Ist alles in Ordnung mit dir?«

      »Alles Bestens«, erwiderte sie trocken.

      »Aber wir sollten jetzt nur noch schnell etwas essen und uns dann schlafen legen. Morgen erwartet uns ein langer, anstrengender Ritt.«

      Jarihm nickte nur, als sie ihm Brot aus ihrer Tasche gab. Kauend ergriff er wieder das Wort.

      »Wie kommt es eigentlich, dass du trotz unseres überraschenden Aufbruchs alles dabei hast, was man für eine solche Reise braucht? Wasser, Nahrung, Futter für die Pferde?«

      Sucaría trat der Schweiß aus den Poren. Er war wirklich cleverer als gut für ihn war.

      »Als Schildmaid muss man allzeit bereit sein, lange Strecken ohne Chance auf Verpflegung von außen zurückzulegen. Darum habe ich das Nötigste immer bei mir.«

      Jarihm schaute sie skeptisch an, doch offensichtlich gab er sich mit der Erklärung zufrieden. Das war knapp gewesen. Stumm dankte sie ihrem schnellen Verstand, der ihr eine plausible Ausrede geliefert hatte. Sie legte sich auf den Boden in das trockene Gras, deckte sich mit einer der beiden Decken zu, die sie abermals aus ihrer Tasche zog, warf die andere dem links neben ihr liegenden Jarihm zu, und ließ sich noch etwas vom Feuer wärmen.

      »Gute Nacht«, sagte sie in die Stille der Nacht hinein, in der sonst nur noch das leise Knacken des Feuers hörbar war.

      »Gute Nacht Sucaría.«

      Ein Lächeln bildete sich in ihrem Gesicht, als sie seine Stimme hörte. Trotz der durch ihn ausgelösten Übelkeitsanfälle war er ihr nicht unsympathisch. Ganz und gar nicht sogar… Sie drehte sich auf den Rücken, legte das teure Schwert der Länge nach auf sich und umklammerte fest den Griff. Es war viel zu kostbar um es unbeobachtet irgendwo abzulegen. Langsam entwich sie in einen traumlosen Schlaf.

      Jarihm erwachte in dämmriger Dunkelheit. Das Feuer war herab gebrannt und außer einem kleinen Haufen Glut zeugte nichts mehr davon, dass es ihnen vorhin noch hervorragend Wärme gespendet hatte. Normalerweise wachte er in der Nacht nicht auf, doch er war es auch nicht gewohnt, auf hartem Boden und nicht in gemütlichen Betten zu schlafen. Und wenn dann auch noch der unabdingbare Ruf der Natur ihn ereilte, dann war es vorbei mit der nächtlichen Ruhe. Er stand so leise wie möglich auf, um Sucaría nicht zu wecken, die friedlich atmend rechts neben ihm lag. Sein Rücken tat ihm weh und er hatte einen schmerzhaften Muskelkater auf der Innenseite der Oberschenkel, was er zweifelsfrei auf das viele ungewohnte Reiten des vorherigen Tages zurückführte. Vorsichtig schlich er auf leisen Sohlen an der Schildmaid vorbei in Richtung der Bäume, unter denen er am Abend Feuerholz gefunden hatte. Dabei dachte er über die Tochter des Zujcan-Clans nach. Irgendwie wurde er nicht so wirklich schlau aus ihr. Dafür konnte er aber auch nicht unbedingt etwas. Schließlich sendete sie sehr widersprüchliche Signale aus. Zuerst behandelte sie ihn den ganzen Tag über als wäre er Luft, oder schlimmer noch, eine Last für sie. Sie gestand ihm keinerlei Pausen zu und einmal hatte er sich auch eingebildet, dass ihre Mundwinkeln kurz zu einem amüsierten Lächeln nach oben gezuckt waren, als er beim Reiten wieder einmal schmerzgeplagt aufgestöhnt hatte. Aber dann am Abend hatte sie ihn so eingehend gemustert mit ihren tiefblauen, funkelnden Augen, dass er fast sicher war, dass sie doch Interesse an ihm hatte. Und warum auch nicht? In der Nacht, bevor sie attackiert worden waren, war sie ja eigentlich bereit gewesen, das Bett mit ihm zu teilen. Das erklärte aber nicht, warum sie wie beiläufig seiner Berührung entwichen war. Er seufzte. Nein, aus dieser Frau wurde er wirklich nicht schlau. Erleichtert kam er bei den Bäumen an und öffnete seine Hose um Wasser zu lassen. Halleluja, das war dringend nötig gewesen. Kurz blieb er noch stehen und blickte gen Himmel. Der wunderschöne Vollmond lachte herab und erhellte schwach das gesamte Gebiet rundherum. Eine leichte Brise wirkte erfrischend aber trotzdem angenehm, was vor allem daran lag, dass es zu dieser Jahreszeit noch nicht all zu kalt war. Ein leises Knacken aus Richtung ihres Lagers ließ ihn aufhorchen. Es hatte geklungen, als ob ein Ast gebrochen wäre. Angestrengt blickte er in Richtung der roten Glut. Sucaría schien immer noch friedlich schlafend dort zu liegen. Vielleicht hatte er sich auch getäuscht. Er begann zurück zu tapsen. Plötzlich sah er etwas. Ein Schatten, der sich von rechts, in geduckter Haltung, an das Lager heran schlich. Sofort ging auch Jarihm in die Knie, während er sich ebenfalls vorsichtig zu ihrem Schlafplatz bewegte. Was sollte er tun? Waren ihnen die Handlanger Zilrags etwa bis hierher gefolgt? Noch schien der Schatten ihn nicht bemerkt zu haben. Zielstrebig schlich dieser nämlich weiter in Sucarías Richtung. Nun griff er in die Tasche, und ein im Mondlicht glänzendes Etwas kam zum Vorschein. Fest hielt der Schatten es in der rechten Hand. Nun stand er auch schon vor Sucaría und holte damit aus. Panik befiel Jarihm, als er endlich realisierte, dass es sich um einen Dolch handelte.

      »Achtung!« Jarihm brüllte so laut, wie es seine Stimme nur hergab. Der Schatten zuckte ob des plötzlichen Geräusches kurzzeitig zusammen, ehe er den Dolch nach unten fahren ließ. Es klirrte metallisch auf, und der Schatten war offensichtlich überrascht, denn er schien für einen Herzschlag lang nicht zu wissen, was er nun tun sollte. Erleichtert atmete Jarihm aus. Sucaría war rechtzeitig zu sich gekommen und hatte anscheinend den Dolch mit ihrem Schwert abgefangen. Wie sie es so schnell bei sich haben konnte, war ihm ein Rätsel, aber im Moment war er einfach nur froh darüber. Mit einer sensenartigen Bewegung ließ sie die Klinge, welche immer noch in ihrer Scheide steckte, in Richtung der Beine des Schattens fahren. Dieser wich augenblicklich zurück, was der Schildmaid den nötigen Platz gab um rasant ihre Knie vor ihrer Brust anzuwinkeln, die Beine danach blitzartig in die Höhe schießen zu lassen und sich mit ihrem Nacken vom Boden abzustoßen. Mit einem kraftvollen Sprung war sie auf den Beinen, riss mit der linken Hand die Scheide von ihrem Schwert und ging dann zum Angriff über. Das Ganze dauerte etwa einen Lidschlag lang, und der Schatten schien so beeindruckt zu sein, dass er kurzzeitig vergaß, ihr nachzusetzen. Trotz der Tatsache, dass die Schildmaid eben noch geschlafen hatte, war sie hellwach. Das Schwert schnitt durch die Luft, als sie den von rechts oben angesetzten Schulterschlag auf den, wie Jarihm nun erkennen konnte, schwarz gekleideten Mann herab donnern ließ. Den Dolch, den er immer noch in seiner rechten Hand hielt, konnte er nicht zur Verteidigung einsetzen, dafür war die Entfernung zu groß. Aus dem linken Ärmel des Mannes schoss jedoch ein zweiter, den er geschickt mit seiner freien Hand auffing. Mit eben diesem lenkte er die Richtung von Sucarías Hieb so weit um, dass das Schwert lediglich an ihm vorbei sauste. Mit seinen beiden Dolchen war der Mann im Zweikampf eigentlich eindeutig unterlegen, da Sucaría mit dem rubinbesetzten Gladus eine größere Reichweite besaß als er. Doch dieser Nachteil konnte sich auf nahe Entfernung sehr leicht zu einem Vorteil wandeln, wie Jarihm wusste. Die Theorie des Schwertkampfes war nie sein Problem gewesen. Der schwarz Gekleidete machte einen schnellen Satz nach vorne, was die Schildmaid in die Reichweite seiner Dolche brachte. Er versuchte mit beiden gleichzeitig, aber in zwei verschiedenen Höhen, zuzustechen, was das Abwehren für Sucaría wohl unmöglich gemacht hätte. Doch die Tochter des Zujcan-Clans war um einen Schritt schneller als der Angreifer. Genau diesen Satz nach vorne hatte sie nämlich erwartet, und noch während er versuchte zuzustechen, schoss ihre linke Faust nach vorne und ihm mitten ins Gesicht. Der Mann schrie auf und taumelte ein paar Schritte nach hinten. Blut troff ihm aus der Nase, welche in eine unnatürliche Richtung gebogen war. Sucaría ließ sich diese Chance nicht entgehen und setzte einen Stich in die Brust des Angreifers. Sehr zu Jarihms Überraschung quietschte es metallisch und das Schwert glitt wirkungslos am Oberkörper des Mannes ab. Sucaría geriet durch den ungewöhnlichen Widerstand etwas aus dem Gleichgewicht und der Angreifer, der sich von dem Schlag wieder gefangen hatte, machte einen schnellen Ausfallschritt nach vorne. Er stach mit seinem rechten Dolch zu und er hörte wie Sucaría vor Schmerz Luft einzog.

      »Nein!« Jarihm schrie, während er begann, die wenigen Meter, die ihn noch von dem