Des Orakels Richterspruch. Clemens Anwander. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Clemens Anwander
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738039269
Скачать книгу
Leben gekämpft. Und um das Leben einer anderen. Auch wenn es nicht er gewesen war, der sie beschützt, sondern wiederum sie es war die ihn gerettet hatte. Er seufzte. So nutzlos zu sein war schon traurig. Aber immerhin waren sie beide mit dem Leben davon gekommen, und das war genau das, was er sich vor einigen Minuten noch inbrünstig gewünscht hatte.

      »So, fertig, du darfst dich wieder umdrehen.«

      Jarihm folgte der Erlaubnis sofort. Die Schildmaid hatte die Wunde professionell verbunden. Einige Tücher hatte sie direkt auf die Wunde gepresst und dann mit Bandagen, die den Weg um ihre Schulter nahmen, hinab zur Wunde knapp über dem Herzen und auf der Rückseite wieder empor, befestigt. Darüber hatte sie wieder das geschnürte Oberteil angelegt, das sie notdürftig ebenfalls mit Bandagen festgezurrt hatte. Jarihm hätte ihr ja ein Kompliment dazu gemacht, wie toll sie selbst mit der Verwundung noch aussah, aber die vielen dunkelroten Tücher, mit denen sie wohl die Blutung gestillt hatte, nahmen ihm die Lust zum Scherzen. Stattdessen stand er auf und ging zu der Leiche.

      »Was glaubst du, wer er war?«

      »Keine Ahnung, aber mich würde interessieren, warum ihn mein Stich nicht getötet hat.«

      Sucaría trat an die Leiche und schnitt mit ihrem Schwert den Vorderteil seiner schwarzen Gewänder auf. Jarihm sog tief Luft ein.

      »Kein Wunder, dass ich ihn nicht verletzt habe«, meinte Jarihms Gefährtin trocken. An der Stelle wo andere Menschen einen Brustkorb haben, hatte der Angreifer eine einzige, große Metallplatte. Ein tiefer Kratzer, der von der Mitte der Brust nach links abrutschte, zeugte von Sucarías Treffer.

      »Wie kann jemand eine solche Metallplatte im Körper eingebaut haben und das überleben?«, fragte die Tochter des Zujcan-Clans fassungslos.

      »Was aber nicht das einzige Rätsel an unserem Angreifer ist«, fügte Jarihm hinzu, während er den linken Oberarm des Toten freilegte. Eine Tätowierung vier gleichschenkeliger Dreiecke, die jeweils im 90 Grad Winkel zueinander standen, kam zum Vorschein.

      »Warum wollte uns ein Mann töten, der Mik-Tar ewige Treue geschworen hat?«

      Ein Bock

      Tera Ubrokar, lehnte sich in seinem Thron zurück. Das blanke Eisen machte die Sitzgelegenheit alles andere als gemütlich, doch dies sollte auch so sein, schließlich spiegelte sie seinen Herrschaftsstil wider: Eiskalt und unbeugsam. Vor ihm, auf ein Knie gestützt, kniete Solvariu, der gerade eben seinen Bericht abschloss.

      »… wurden also auch die letzten Kämpfer beseitigt. Die Verluste meiner Leute waren auch beträchtlich. Es gab allein am ersten Tag des Konflikts 78 Tote, die Anzahl der Verwundeten…«.

      Mit einer einzigen resoluten Handbewegung brachte er den Adeligen zum Schweigen.

      »Der Clan ist komplett ausgelöscht?«

      Das war alles, was wichtig war. Was interessierten ihn schon Solvarius Verluste. Das war nicht sein Problem. Außerdem gab es dadurch einige Mäuler weniger zu stopfen, daher kamen ihm die Toten gar nicht einmal ungelegen.

      »Ja, Gottgesandte Hoheit Ubrokar. Alle Personen, die dem Clan Zergatans angehörten, wurden ausgelöscht.«

      Dafür, dass Solvariu behauptete, all seine Befehle genau befolgt zu haben, zitterte er auffällig. Er würde das wohl untersuchen lassen müssen. Aber vorläufig war er einmal zufrieden. Er nickte dem Fürsten zu, um ihm zu verstehen zu geben, dass er gehen konnte. Da er aber keinerlei Anstalten in diese Richtung machte, fühlte Tera sich genötigt, ihm dies noch klarer zu machen. Er hasste es, nur von solch dummen Lakaien umgeben zu sein.

      »Verschwinde Solvariu!«

      »Sehr wohl.«

      Mit einer tiefen Verbeugung und einem erleichterten Seufzer zog sich dieser nun augenblicklich zurück. Da stimme sogar ganz sicher etwas nicht. Er würde schon bald jemanden darauf ansetzen müssen. Aber jetzt gab es größere Probleme zu überwinden. Die Krise, in der sich sein Land befand, hatte sich wider seinen Hoffnungen leider nicht verbessert, sondern lediglich verschlechtert. Auf Grund der Lebensmittelknappheit war es bereits zu vereinzelten Aufständen der einfachen Bevölkerung gekommen, die er natürlich niederschlagen hatte lassen. Um das flächendeckende Ausbreiten der Unruhen zu verhindern, hatte er erneut in seinen persönlichen Goldschatz greifen müssen, um Lebensmittel zu erstehen. Doch die Händler aus Sekoya wussten von seiner Notlage und trieben die Preise in schwindelerregende Höhen. Sogar mit den Banditen aus dem Wald von Pyurdi hatte er Geschäfte gemacht, in der Hoffnung, sie würden angemessenere Preise bieten. Was sie zwar taten, aber sie konnten bei weitem nicht die benötigte Menge Fleisch liefern. Das Ganze war absurd. All seine Bemühungen waren nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Warum gab die Bevölkerung überhaupt ihm die Schuld an der Krise? War er es etwa gewesen, der Dürren und Krankheiten verursacht hatte? Wohl kaum. Eine Lösung musste her, vor allem, wenn er bedachte, wie lächerlich klein sein Privatvermögen bereits geworden war. Und er hatte wahrlich nicht vor, auch nur eine weitere Goldmünze davon für Brot und Fleisch zu verschwenden. Dummerweise hatte er keine Ideen, die ihm weiterhelfen würden. Vielleicht würde ihm etwas Zerstreuung gut tun.

      »Holt die Kurtisanen.«

      Eiligst schoss eine der Sklavinnen aus dem Raum, um seinem Befehl Folge zu leisten. Breits wenige Minuten später trafen die Damen ein und stellten sich in einer langen Reihe vor ihm auf. Immer dieselben Gesichter. Für was bezahlte er überhaupt die Hand voll Männer, die für ihn ihre Augen nach neuen Schönheiten aufhielten. Anscheinend benötigten sie mal wieder ein paar kräftige Peitschenhiebe, um daran erinnert zu werden, dass sie ihre Arbeit nicht so vernachlässigen sollten. Aber Moment! Teras Augen blieben an einer solchen Pracht von Frau hängen, dass er ihnen im ersten Moment gar nicht trauen wollte. Die hatte er noch nie gesehen, sie musste neu am Hofe sein. Lange rote Haare wallten bis zu ihren Schultern, während ihr blasser Hautteint die Farbe noch kraftvoller wirken ließ. Durch eine liebliche kleine Stupsnase und wunderschön glatte Haut wirkte ihr Gesicht wie aus Marmor gehauen. Sie trug einen schwarzen Mieder, der ihre ohnehin schon sehr weiblichen Rundungen weiter betonte und einen langen, roten Rock, der auf der Seite einen Schlitz bis zu den Oberschenkeln hatte.

      »Du. Mitkommen.«

      Tera deutete auf die Unbekannte, welche sofort einen kleinen Knicks machte und dann auf ihn zukam.

      »Mit Freude, Gottgesandte Hoheit Ubrokar.«

      Da hatte Tera seinen Frauenwerbern wohl Unrecht getan, die Peitschenhiebe würde er nicht verteilen müssen. Zumindest vorläufig. Dieses Exemplar war bildhübsch und folgte ihm aufs Wort. Nicht, dass er etwas anderes akzeptiert hätte, aber es war gut, dass er ihren Körper nicht verunstalten musste, um ihr das klarzumachen. Da konnte er heute direkt darauf verzichten, noch weitere der Kurtisanen mitzunehmen. Er lenkte seine Schritte in den Raum seitlich des Thronsaals. Hinter ihm klackten die hohen Schuhe der Konkubine auf dem Steinboden. Oh, er würde viel Spaß mit ihr haben. Er stieß die Tür auf und wartete darauf, dass sie ebenfalls das Zimmer betrat. Kaum war sie eingetreten, warf er die Tür ins Schloss und griff ihr sofort auf die Brüste. Sie fühlten sich wohlig weich an und Tera merkte, wie sich seine Beinkleider verengten. Die Kurtisane stöhnte lustvoll auf und griff ihm an den Hosenbund. Oh ja, mit ihr würde er wirklich viel Spaß haben.

      Tera trank gierig aus dem Krug mit frischem Quellwasser, welchen die Sklavin ihm gerade gebracht hatte. Neben ihm, auf dem geradezu obszön großen Bett, lag seine neueste Errungenschaft und wartete geduldig darauf, ebenfalls an die Reihe zu kommen. Bereits zwei Mal hatte er sie genommen, und seine Lust war immer noch nicht vollkommen erloschen. Aber momentan benötigte er eine kurze Rast. Er setzte den Krug ab, und der Rotschopf griff gierig danach. Eigentlich war er ja nicht an dem interessiert, was Frauen zu sagen hatte, aber in diesem Fall würde er eine Ausnahme machen müssen. Schließlich könnte dort, wo sie herkam, auch noch andere, mit ähnlicher Schönheit, auf ihn warten. Vielleicht hatte sie ja Schwestern?

      »Von wo kommst du?«, befahl er ihr mehr zu antworten, als dass er fragte. Die Schönheit trank noch schnell einen Schluck, bevor sie ihren Mund zum Sprechen benötigte.

      »Aus