„Liebes Fräulein, der Himmel und mein Volk wird Ihnen ewig dafür danken.“
„Bravo, Alida, wir wussten, dass auf dich Verlass ist“, lobte sie Erol. Als er merkte, wie Alida ihn anlächelte, wurde er verlegen.
„Wenn das nicht auf dem Standesamt endet“, dachte Don.
„Damit ist meine Frage an Sie nicht beantwortet, verehrter Herr Benjamin. Wir halten, wie Sie soeben erfahren haben, unsere Schotten dicht.“
Don machte eine kurze Pause, um dem alten Rabbi die Tragweite des heutigen Komplotts bewusst zu werden.
„Ich habe schon Samuel gefragt, wer genau über unsere geschäftliche Angelegenheit informiert ist. Gibt es irgendeine Querverbindung zu Ihrem Herrn Mizra und seinen dienstlichen oder privaten Verbindungen in Tel Aviv?“
„Die Antwort auf ihre erste Frage ist einfach zu beantworten: Ich persönlich, abgesehen von Samuel und den bereits bekannten Personen, die dem Wirtschaftsminister direkt unterstellt sind. Außer dem Premierminister weiß meines Erachtens niemand davon. Das Projekt ist erst im Werden und wird bei uns als große Hoffnung eingestuft. Niemand kann es sich leisten mit einem Hirngespinst in Verbindung gebracht zu werden. Alle kommunikativen Aktivitäten sind von der Synagoge aus geführt worden, in alter hebräischer Sprache, die nur Altgediente verstehen. Herr Mizra war neu im Konsulat, er sollte erst einmal angelernt werden. Seine Verbindungen nach Tel Aviv sind uns bekannt, aber die in die USA entziehen sich unserer Kenntnis.“
„Ich gehe davon aus, dass Herr Mizra durch Anwesenheit von Alida auf uns gestoßen ist, ohne zu wissen, welche anderen Dinge im Entstehen sind. Die Spanier sind heute Mittag in kurzen Abständen aus Melbourne und Adelaide angekommen. Sie hielten sich nicht länger als drei Stunden in Brisbane auf. Das haben wir herausgefunden. In dieser Zeit gab es sicherlich ein Treffen mit Ihrem Herrn Mizra. Es liegt jetzt in Ihrer Hand den Kastenwagen abtransportieren zu lassen. Ihre Agenten werden, dessen bin ich ziemlich sicher, ihre Freude daran haben, die Herrschaften gründlich zu befragen. Einen vorläufigen Bericht erwarte ich von Samuel und seinen Söhnen zur vereinbarten Zeit.“
Don stand auf und signalisierte, dass das Gespräch damit beendet war.
„Darf ich kurz telefonieren, damit der Kastenwagen und wir zwei abgeholt werden?“ fragte der Rabbi und ging zum Telefon. Er telefonierte kurz in einer Sprache, die niemand verstand. Dann legte er auf und fragte:
„Kann uns einer Ihrer jungen Freunde bis in die Tiefgarage begleiten?“
„Das machen wir gerne“, bot sich Edy an. Danach schüttelten sie die Hände und weg war der Besuch.
„Don, ich habe das ungute Gefühl, dass mich meine Vergangenheit im ungünstigsten Moment eingeholt hat. Durch mich sind meine einzig wahren Freunde und wie sich heute gezeigt hat, eine Menge anderer Leute in Mitleidenschaft gezogen worden.“
„Liebe Alida, erinnere dich immer in solchen Situationen an die alte Dame und ihren Kuss auf deine Stirn. Du brauchst dich dein Leben lang vor nichts mehr zu fürchten. Jedes Schicksal ist mit unsichtbaren Fädchen verbunden. Daher gehören Krisensituationen wie heute, zur Bereinigung manch alter Rechnungen.“
„Gestern dachte ich, von dir viel gelernt zu haben. Heute sehe ich ein, dass es noch so viel zu lernen gibt. Unvergleichbar intensiver als es im Leben eines Studenten der Fall wäre. Ich habe mich heute selbst überholt, sozusagen vorausgelernt. Die meisten Menschen lernen aus negativen Erfahrungen und bilden Schablonen, wonach sie sich in Sicherheit wiegen, für einen ähnlichen Fall gerüstet zu sein. Dann aber erfahren sie leider im Nachhinein, dass die Schablone nie richtig passt. Stur wie ein Ochse versuchen sie die Schablone mit kleinen Lügen zu strecken und stellen verblüffend fest, dass genau diese Streckung einen Schneeballeffekt nach sich zieht.“
„Alida, mein Schwesterchen, du bist ja heute richtig auf schwere Philosophie aus. Machen wir den Tisch klar. Die Hummer kommen gleich und die Knacker auch.“
Beide lachten wie zwei Kinder, als Erol und Edy hereinspazierten. Die zwei wollten wissen worüber gelacht wurde, und so machte Alida ihren Vortrag zum Thema des Abends.
„Bevor Alois aufkreuzt, packt eure sieben Sachen und bringt alles hier ins Schlafzimmer. Wir werden die Nacht in einem anderen Hotel verbringen, das zwar etwas schaukelt, aber nur über Wasser zu erreichen ist.“
„Aye, Aye, Kapitän, das hören wir gern“, jubelten die Freunde und waren gleich wieder weg.
Don rief den Concierge an und bat ihn, vier Flugtickets für die nächste Maschine nach Sydney zu buchen. Alida schaute ihn verschmitzt an und er wusste, dass sie ihn durchschaut hatte.
„So spät fliegt doch keine Maschine nach Sydney, Don.“
„Aber um sechs Uhr morgens fliegt die erste, die schon um fünf von Sydney gekommen ist. Wir begleichen unsere Rechnungen vor Mitternacht und nehmen ein Taxi zum Flughafen. Alles andere werdet ihr schon sehen.“
„Na klar doch. Ich kann es kaum erwarten, wieder etwas Neues zu lernen.“
Als Alois mit dem Servierwagen anrollte, war der Tisch schon von Hungrigen umringt. Die Abschiedsparty durfte spannend werden. Alois schwieg zunächst und zerlegte die Hummer fachmännisch. Alle ließen sich das gute Essen munden und warteten geduldig, dass Alois seinen Kummer erst einmal verdauen würde. Dann war es soweit.
„Zum ersten Mal muss ich mich vor Menschen schämen, die ich so schätze“, begann Alois mit gesenktem Kopf. „Mit dem Typen hatte ich von Anfang an kein gutes Gefühl. Ein New Yorker Anwalt soll er gewesen sein. Sein seniler „Onkel“, wenn ihr wisst was ich meine, der so reich wie Königin Elisabeth sein soll, redete ihm ein, nach Australien zu fliegen und diverse Geschäfte in Gang zu bringen. Allmählich fiel mir auf, dass der Kerl zu viel redete, aber wenig Substanz dahinter war. Wie ein Hummer nach der Hochzeit, nur eine leere Schale. Der Concierge erzählte mir, er sei immer gegen sieben Uhr morgens in einen dunklen Wagen gestiegen und abends wieder gebracht worden.“
Dabei schaute er Don verlegen an und seufzte.
„Weil ich neugierig wurde und frische Ware auf dem Großmarkt besorgen musste, bestellte ich ein Taxi und wartete auf den dunklen Wagen. Der kam pünktlich und mein „Freund“ stieg ein, ohne dem Fahrer guten Morgen zu sagen, als er ihm die Wagentür offen hielt. Ganz forsch und arrogant ging er auch an mir vorbei. Es erinnerte mich an die SS-Offiziere, die hatten so einen Schneid zur Schau gestellt. Das passt gar nicht zu diesem Typen, den ich kenne, dachte ich mir, und gab dem Taxifahrer Anweisung dem Wagen zu folgen. Die Verfolgung endete vor dem israelischen Konsulat. Das war ein Schock für mich, kann ich euch sagen. Ich fuhr zur Markthalle, stieg aus und suchte sofort eine Telefonzelle. Die Nummer die er mir gab stimmte bis auf die letzten zwei Zahlen überein. Das war vor zwei oder drei Tagen. So lange hatte er mich an der Nase herumgeführt.“
„Heute auch, Alois. Du hast ihm einen nicht unbedingt ehrenhaften Gefallen erwiesen. Wie wäre es, wenn du uns die volle Wahrheit sagst“, zischte Alida zornig durch die Zähne.
„Das wollte ich gerade erwähnen. Ich schulde ihm eine Stange Geld, wegen dem Pferderennen. Von meiner Wettsucht wusste er von Anfang an und drängte mich regelrecht auf bestimmte Pferde hohe Summen zu setzen. Oh Mann, oh Mann, bin ich ein richtiger Hornochse gewesen.“
„Wieso gewesen?“, fragte Erol belustigt. „Seid ihr kein Pärchen mehr?“
„Der Kerl ist verschwunden und im Konsulat kennt niemand einen Barnaby Jones. Unter diesem Namen hat er sich in dem Hotel eingetragen.“
„Alois, mein Freund, du wirst es überleben. Wir nehmen das nicht so schlimm wie du. Der Kerl ist nicht unser Problem. Komm wir stoßen auf unsere gute Freundschaft an und werden dir gleich auf Wiedersehen sagen. Wir fliegen morgen früh nach Sydney zurück und lassen dich alleine damit fertig werden.“
Don stand auf, hielt sein Glas Alois entgegen und die Anderen taten es versöhnlich nach.
„Das