Bung I - Vampire, Vampire!. Tuja Tiira. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tuja Tiira
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783746711225
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Schloss schien kein Ende zu nehmen. Die meisten Räume wurden aber scheinbar nur selten genutzt. Überall standen alte Sachen herum, Sextanten, alte Fernrohre, Kleiderpuppen mit uralten Kleidern, geheimnisvolle Kisten, alte Uhren, Tische, Stühle, Himmelbetten, riesige Schränke und Bücher. Schwere Vorhänge ließen nur schummriges Licht herein. Einmal durchquerten sie einige halb verfallene Räume, in denen der Staub aufwirbelte, als sie hindurchgingen und über herabgefallene Balken und herausgebrochene Steine kletterten. Ka sah etwas beunruhigt auf die brüchige Decke. Kolja, der ihren Blick bemerkte, beruhigte sie: "Dieser verfallene Flügel des Schlosses ist schon seit vielen Jahrhunderten im selben Zustand."

      Es roch nach Stein und Staub. Nur ihre eigenen Schritte hallten durch das Gemäuer.

      Dann kamen sie wieder in besser erhaltene Teile des Schlosses. In einem Gang schraken die Mädchen zusammen, eine Rüstung vor ihnen bewegte sich scheppernd, sie kam auf sie zu. Doch dann musste Ka lachen, die leere Rüstung fegte mit einem großen Besen den Gang vor ihnen. Besonders bedrohlich wirkte das nicht. "Was ist denn das?"

      Kolja sah sie erstaunt an, dann besann er sich. "Ach so, ihr benutzt wahrscheinlich Staubsauger. Meine Urgroßmutter will solche Sachen nicht, also haben wir immer noch animierte Rüstungen, die putzen."

      "Wie funktioniert das?"

      "Keine Ahnung, weißt du wie ein Staubsauger funktioniert?"

      "Du steckst ihn in die Steckdose und stellst ihn an."

      "Einer animierten Rüstung musst du dreimal auf den Brustpanzer klopfen, ihr einen Besen oder Staubwedel in die Hand drücken und laut 'Verre!' rufen."

      Sie betrachteten die animierte Rüstung eine Weile bei ihrer Arbeit. Weiter hinten im Gang war noch eine weitere animierte Rüstung mit einem Staubwedel dabei, andere Rüstungen abzustauben.

      Lisa lief zu ihr hin und stellte sich vorwitzig zwischen die Rüstungen. Folgsam staubte die animierte Rüstung sie ebenfalls ab, was dazu führte, dass sie laut losprusten musste. Ka und Sara lachten und ließen sich auch abstauben.

      Dann liefen sie weiter. Wieder ging es durch Gänge, über Treppen und durch Hallen. Kolja erzählte noch einiges über sein Leben hier im Schloss und seine Urgroßmutter. Und doch schien es Ka weiterhin so, als ob er ihnen etwas verschwieg. Wieso hatte er sie überhaupt eingeladen?

      Sara war einmal, als ob sie ein tiefes Rasseln gehört hätte, doch sie war sich nicht sicher. Die anderen schienen nichts gehört zu haben. Also sagte sie nichts.

      Auf einmal deutete Lisa nach oben. Ein Mauersegler saß dort, der kleine Vogel beobachtete sie vorsichtig.

      Kolja war nicht überrascht. "Die Vögel finden immer wieder eine Lücke, um hereinzuschlüpfen."

      Sie gingen weiter, vorbei an staubigen Truhen, Wandteppichen mit Abbildungen seltsamer Tiere und unendlich vielen Zimmern und Sälen.

      Langsam wurde es langweilig.

      Einmal landeten sie aus Versehen im Folterkeller, mit diversen Instrumenten, bei denen sie sich lieber nicht vorstellten, wie sie früher verwendet wurden. Hier war es finster und eiskalt, nur ein ganz kleines Erkerfenster weit oben ließ ein bisschen Licht hereinfallen. In der Mitte des Raumes war ein vergittertes schwarzes Loch. Irgendwo von weit unten war ein seltsames Glucksen zu hören. Ein Gestank nach altem, faulem Wasser erfüllte den Raum.

      Lisa fiel beinahe auf das Gitter. Sie hatte kurz den Eindruck, als würde ein langer, schwarzer Finger nach ihr greifen. Sie versuchte, weiter zu gehen, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht sofort. Die Kälte kroch ihr unter die Haut.

      Niemand sagte etwas, auch ihr Atmen war kaum noch zu hören.

      Doch dann stieß Kolja sich an einer Streckbank und fauchte das Ding wütend an. Es war das erste Mal, dass die anderen seine Vampirzähne sahen.

      Lisa erschrak jetzt richtig, selbst ihre Worte durchdrang ein Zittern, doch der Bann war gewichen. Sie sah die anderen im Dunkel an. "Lasst uns doch irgendwo hingehen, wo es wärmer ist."

      Kolja nickte und zeigte auf eine kleine Holztür. "Wir können die Turmtreppe benutzen, falls ihr nichts gegen Haustiere habt."

      Lisa stürmte sofort die Treppe hinauf. Kolja kam kaum hinterher. Sara und Ka folgten mit einem Grinsen. Von Oben hörten sie Lisa. "Oh, sind die niedlich, darf ich sie streicheln?"

      "Klar, wenn du möchtest."

      Die Stimme von Kolja klang überrascht. Die beiden mussten zwei, drei Stockwerke über ihnen sein. Der Turm war leicht feucht und riesige Spinnweben hingen überall im Weg. Ka versuchte, ihnen so weit wie möglich auszuweichen. Irgendwo krabbelte etwas, und Ka zuckte zurück. Für eine Spinne war das viel zu groß gewesen. Sara hinter ihr schien aber nicht beunruhigt zu sein, also wollte Ka sich auch nichts anmerken lassen.

      Endlich oben im Turmzimmer angekommen entdeckte sie Lisa, schluckte trocken und wich mit dem Rücken zur Wand zurück, so weit weg von Lisa, wie möglich. Lisa hockte freudestrahlend auf dem Steinfußboden und streichelte hingebungsvoll zwei kokosnussgroße, stark behaarte Spinnen, die sie sich auf den Schoß gesetzt hatte.

      Das Turmzimmer wurde von den Strahlen der Nachmittagssonne in leichtes Licht getaucht. Die Spinnennetze, die überall von der Decke hingen, flirrten, dort wo sie von den Strahlen erreicht wurden und blinkten silbern, ein Webstuhl stand verstaubt in einer Ecke. Draußen waren der blaue Himmel und helle Wolken zu sehen. Lisa saß in einem Streifen von Licht und umsorgte glücklich ihre Spinnen. Sie blickte begeistert zu Ka. "Sind die nicht süß?"

      Ka nickte gezwungen und presste ein kurzes "Sicher" hervor. Lisa erschien alles verzaubert.

      Sara bewunderte die Aussicht.

      Ka sah dies alles, hatte aber dafür keinen Blick, sie versuchte an Lisa vorbei aus dem Fenster zu schauen, und an irgendetwas anderes zu denken als an die Spinnen, als sich plötzlich eine weitere ähnlich große Spinne direkt vor ihr von der Decke herabließ. Zum Glück lief die Spinne auch zu Lisa welche sie mit Begeisterung in ihren Streichelzoo aufnahm.

      Kurz glaubte Ka zu sehen, wie sie alle eingesponnen an der Decke hingen, hilflos darauf wartend, von den Spinnen verschlungen zu werden. Sie wischte den Alptraum beiseite, doch ihre Hand zitterte, obwohl es hier warm war.

      Sara, die am wenigsten von all dem beeindruckt war, bemerkte, dass ihre Freundin wie gelähmt stocksteif an der Wand stand, und sich nur mit Mühe zusammenriss. Sie wusste, dass Ka, die sonst kaum etwas einschüchtern konnte, Spinnen fürchtete, obwohl Ka dies niemals eingestanden hätte. Sie drehte sich zu Kolja um: "Ich glaube, wir haben genug gesehen."

      Lisa wollte protestieren, doch auch Kolja schien Saras Meinung zu sein. "Wollt ihr was trinken?"

      Ka nickte sofort. Lisa zögerte etwas. "Was hast du denn zu trinken?" Ihrer Frage war Unsicherheit anzuhören. In Gedanken sah sie sich schon vor einem großen Glas dunklen Blutes sitzen und meinte die Schreie der Opfer zu hören. Sie wollte lieber weiter die Spinnen streicheln.

      Doch Kolja war völlig unbekümmert.

      "Meine Eltern haben öfter Menschen zu Gast, insofern steht im Kühlschrank alles was ihr wollt."

      "Was machen denn deine Eltern?"

      "Sie sind Diplomaten, sie gehören zur UNO-Vertretung der Vampire. Die meiste Zeit sind sie auf Kongressen und irgendwelchen wichtigen Treffen. Ab und zu sind aber auch hier im Schloss größere Empfänge. An sich sind meine Eltern ganz in Ordnung, aber sie sind halt selten da. Die meiste Zeit lebt nur meine Urgroßmutter hier mit mir und die diversen Dienstgeister und natürlich Tii", bei diesem Namen verzog Kolja das Gesicht, "ein Katzendämon, meine Urgroßmutter hat ihn schon vor langer Zeit aufgenommen."

      Ka sah ihn überrascht an. "Ich habe noch nie von Vampiren in der UNO gehört".

      "Das ist auch geheim, obwohl eine Reihe von Vampiren dafür ist, das Geheimnis zu lüften. Aber die Mehrheit der Vampire will, dass es geheim bleibt. Und die Vampiraufsicht würde am liebsten jeden Kontakt mit Menschen unterbinden.

      Sie achten sorgsam darauf, dass die Existenz von Vampiren und anderen Nachtwesen unter Menschen nicht allgemein bekannt wird. Dabei gibt es in der Realität immer