Kaana. Rudolf Jedele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Jedele
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745082234
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tat sich wieder nieder, als wäre nichts geschehen. Doch nun lag sein Rachen auf Haskets Fuß und als dieser versuchte, die Fußspitze dort weg zu ziehen, hörte er ein warnendes Knurren, das ihm sagte, er möge doch seinen Fuß ruhig halten.

      Jetzt war es Laakon, der spöttisch grinste.

      Etwas allerdings hatte Hasket mit seinen Bemühungen um den Kangal erreicht. Mit diesem Abend beginnend, ließ der Hund sich von keinem anderen Menschen als Joel mehr anfassen. Nie mehr, so lange er lebte. Es war, als hätte sich ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber fremden Menschen in seinem Wesen eingeschlichen.

      Am fünfzehnten Tag überquerten sie den Maron an einer geeigneten Stelle mit einem an der Furt liegenden Floss und zwei weitere Tage später hatten sie endgültig die Grenze Kaanas erreicht und Joel sah zum ersten Mal über ein Landschaftsbild des Sheenlands hinaus. Er sah Bilder, die in ihm sofort ein Gefühl des Unbehagens erwachen ließ.

      Es war bereits Nachmittag, als sie über einen Hügelkamm ritten und an dessen Fuß er und die Sheehano Sheenland erreichten. Der Übergang vom fruchtbaren Land Kaana zur sandigen Öde des Sheenlands war nicht fließend sondern abrupt und innerhalb von wenigen Schritten zu vollziehen.

      Joel parierte seinen Hengst und sah in das fahle Gelb hinaus, das sich vor ihm ausbreitete es gab keinen Instinkt, der ihn nicht davor warnte, den nächsten Schritt zu wagen und den Hengst in den Sand hinaus zu lenken. Dort draußen, so sagten ihm alle seine Gefühle, lauerten auf ein Lebewesen Kaanas nur Verderben und Tod. Wohin er auch blickte, nirgendwo war Leben zu erkennen, denn alles Leben spielte sich im Verborgenen ab. Unter dem Sand, im Schatten von Steinen und im Wurzelwerk der wenigen verdorrten Dornenbüsche, die Joel in großen Abständen zu einander stehen sah.

      „Das also ist Sheehanos Land? Dies ist Sheenland? Sie ist noch schrecklicher, als ich es in meinen schlimmsten Alpträumen gesehen habe. Wie lange werden wir durch diese Einöde reiten müssen?“

      „Einen Tag bis zu einer kleinen Wasserstelle, danach zehn Tage bis zur ersten großen Wasserstelle. Wenn wir diese gut hinter uns gebracht haben sind es noch weitere elf Tage bis Oasa. Es wird nicht leicht, doch wir haben es nun schon so oft geschafft, du wirst es ebenfalls schaffen.“

      Joel sah zu Laakon hinüber und wunderte sich. Hier, am Rande des Sheenlands hatte der junge Mann sich schlagartig verändert. Er strahlte ein vollkommen anderes, weitaus stärkeres Selbstbewusstsein aus und alles an ihm wirkte härter. Selbst der Klang seiner Stimme hatte plötzlich etwas metallisches gehabt und als Hasket Laakons Worte zu ergänzen begann, konnte Joel auch aus dessen Stimme den neuen Unterton heraus hören.

      „Du wirst gleich alles hinter dir lassen, was dein bisheriges Leben geprägt hat. Nichts von dem was vor dir liegt, wird dir vertraut sein, unwissend wie ein neugeborenes Kind wirst du durch dieses Land irren und jeder Schritt bringt dich dem Tod näher, es sei denn, du hältst dich an uns und unsere Anweisungen. Dann kannst du das Land Sheehanos überleben. Wir haben gelernt in, mit und sogar von diesem Land zu leben.“

      „Wie kann man von einem solchen Land leben? Es gibt doch hier nichts außer Sand, Steinen und ein paar verdorrten Dornbüschen! Keine Pflanze, kein Tier, kein Vogel in der Luft einfach nichts. Ein totes Land.“

      Wieder antwortete Hasket und in seinen Worten klang eine unüberhörbare Befriedigung über Joels Einwände mit. Er spürte die nur mühsam unterdrückte Furcht vor diesem fremden Land, die dem jungen Steppenreiter zu schaffen machte und gewann daraus eine gewisse Genugtuung. Viele Tage lang war er immer wieder von Joel gemaßregelt, korrigiert und unterwiesen worden und das, obwohl Joel doch eigentlich fast noch ein Kind war, jetzt aber, zum ersten Mal, seit sie sich kannten, zeigte die selbstsichere Arroganz des Reiters Risse und ein Mensch wollte zum Vorschein kommen.

      „Du irrst dich, mein junger Freund. Dieses Land ist nicht tot. Es lebt nur nicht so üppig und intensiv wie deine Heimat.

      Aber ich versichere es dir, dass es lebt.

      Allerdings sind die Lebewesen in diesem Land von einer anderen Art, als du sie kennst. Es gibt keine derart großen Tiere wie in der Steppe. Die Tiere Sheehanos sind zumeist klein und ungeheuer flink und wendig. Manche bewegen sich an der Oberfläche des Sandes, doch manche können sich auch im Sand vorwärts bewegen, wie sich ein Fisch im Wasser bewegt. Viele, sehr viele der Lebewesen sind hoch effiziente Jäger, doch da sie klein sind, töten sie nicht mit Körperkraft, starken Klauen und gefährlichen Reißzähnen sondern mit Gift. Es ist egal, ob dich ein Löwe zerreißt oder ein Skorpion sticht. In beiden Fällen bist du tot und der Tod wird nicht angenehm sein.

      Das Land Sheehano droht unter der gnadenlosen Sonne zu verglühen, doch sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, kommt die Kälte. Die Nächte sind so kalt, dass du am Morgen erst dein Wasser auftauen musst, ehe du trinken kannst. Dein wichtigstes Kleidungsstück wird dein schwerer Mantel sein. Er schützt dich vor der Hitze des Tages und ebenso gut bewahrt er dich vor der Eiseskälte der Nächte.

      Achte also auf ihn besonders, denn ohne ihn kannst du keine zwei Tage in Sheehanos Land überleben.“

      „Gibt es Menschen in diesem Land?“

      „Ja, die gibt es, aber nur sehr wenige. Menschen brauchen viel Wasser, also leben sie in versteckten Oasen, wie wir. Oder in der Stadt Zeparana, die aus unerfindlichen Gründen über Brunnen verfügt, die niemals versiegen. Kleine Sippen der Iboa leben im Sheenland und wir in Oasa sind vermutlich nicht die einzigen Sheehanoa, die aus Zeparana entkommen sind und sich ein neues Leben schaffen konnten.

      Es ist allerdings schwierig im Sheenland mit anderen Menschen einen Kontakt herzustellen, denn Sheenlandbewohner sind misstrauische Wesen. Deshalb bleiben die Zellen klein.“

      „Diese Iboa, ich habe von ihnen nicht viel gehört, doch was ich gehört habe, war nie besonders erbaulich.“

      „Die Iboa? Nun, sie sind die Reiter des Sheenlands. Ihr und sie, ihr habt vermutlich mehr gemeinsam, als du dir wünschen würdest. Sie sind genauso fremdenfeindlich wie die Kaananiten und sie sind ebenso notorische Mörder und Totschläger wie unsere Verwandten in der Steppe. Sie glauben, dass sie sich hier nur in einer Art Übergangswelt befinden, einer Strafkolonie, um für alte Sünden und Versäumnisse in einem anderen Leben zu büßen. Iboa leben in großen, schwarzen Zelten und ihre Pferde leben zusammen mit ihnen in diesen Zelten. Sie füttern die Pferde mit Datteln und dem wenigen Gras, das sie in den Oasen finden und sie sprechen mit ihnen, als wären sie Menschen. Ich habe sagen gehört, dass ihre Frauen die Nächte mit den Hengsten verbringen, wenn ihre Männer auf Kriegszug sind und dass die Männer lieber ihre Stuten besteigen, als eine Frau, die nicht Iboa ist.“

      „Wie sind ihre Pferde? Sind sie so groß und stark und schön wie unsere Pferde?“

      „Die Iboa sagen, sie besäßen die schönsten und besten Pferde die es gibt. Sie sind anders als eure Pferde, doch dein Hengst würde bei den Iboa Begehrlichkeiten erwecken, denke ich. Die Pferde der Iboa sind kleiner als unsere Mulis und so feingliedrig wie die Gazellen der Steppe. Ihre Mähnen und Schweife sind aus seidenweichen Haaren und sehr viel dünner als die Behänge eurer Pferde. Ihre Hufe sind klein und hart, ihre Augen schwarz und groß. Die Iboa behaupten ihre Pferde würden den Wind des Sheenlands trinken, denn sie können einen ganzen Tag durch die Hitze laufen, ohne jemals Durst erkennen zu lassen. Sie sind anders, die Pferde der Iboa, doch, wie gesagt, auf deinen Hengst wirst du achten müssen.“

      „Wo finden wir diese Datteln, mit denen sie ihre Pferde füttern? Und wie bringen wir genügend Wasser durch das Sheenland, damit mein Hengst und auch der Kangal immer genug zu trinken haben? Und was essen wir?“

      „Wir werden unsere Schläuche an einer Quelle ganz in der Nähe dieses Hügels füllen, ehe wir in die Sheenland reiten. Wir haben bei dieser Quelle auch zwei Säcke mit Datteln versteckt, denn unsere Mulis müssen ja ebenfalls fressen. Wir werden ausschließlich bei Nacht reiten, dann verbrauchen wir weniger Wasser und müssen auch kein Brennholz mit schleppen. Wir werden unterwegs Jagd auf Echsen und Reptilien machen, die man essen kann und was wir essen können, sollte auch deinem Hund nicht schaden.

      Hab keine Angst, wir bringen