Kaana. Rudolf Jedele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Jedele
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745082234
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wir dann nicht noch ein wenig gewartet? Mussten wir bei dieser Glut bereits los reiten?“

      „Ja, denn sieh genau hin und erkenne, die Sonne steht nur noch einen Fingerbreit über dem Horizont und ehe wird diesen Dünenkamm vor uns erreicht haben, hat uns die Kälte wieder. Dann ist es wichtig, dass wir bereits in Bewegung sind, denn nun sind wir wirklich in der Sheenland und es wird beträchtlich kälter werden, als in der vergangenen Nacht.“

      Es kam, wie Hasket es angekündigt hatte. Kaum war die Sonne verschwunden, wurde aus der glühenden Hitze klirrende Kälte und Joel war froh, dass sie schon in Bewegung waren, denn bei dieser Kälte mit der Bewegung zu beginnen, wäre ihnen allen sehr schwer gefallen.

      Wieder ritten sie die ganze Nacht und in dieser Nacht lernte Joel, wie man sich in der Sheenland orientieren konnte, auch wenn keine Landmarken als Hilfe zur Verfügung standen. Laakon erklärte ihm die Sternbilder und wie sie sich während der Nacht veränderten und Joel nahm alle Informationen auf wie ein Schwamm Wasser aufnimmt. Er lernte auch, die Geräusche des Sheenlands zu interpretieren, die sehr viel leiser waren, als die Geräusche der Steppe und dennoch war es auch in der Sheenland nie völlig still. Da war das leichte Knistern, das der vom Wind getriebene Sand auf den Dünen erzeugte, da waren kleine und kleinste Pfoten und Krallen, die sich im Sand bewegten und Geräusche hervorriefen. Er hörte das Fiepen von kleinen Nagern und lernte auf den nahezu lautlosen Flügelschlag von Eulen und Fledermäusen zu achten.

      Es war, wie seine Begleiter es angekündigt hatten. Das Land Sheehanos lebte tatsächlich. Es lebte anders als Kaana, aber es war nicht tot.

      Die nächsten Tage verbrachten sie im Schatten von kleinen Felsgruppen und als sie am siebten Tag einen solchen Schatten nicht erreichen konnten, steckten sie ihre Lanzen in den Sand und bauten aus ihren Mänteln ein Zelt, in dessen schwarzem Schatten sie den Tag überstanden. Joels Hengst lernte schon am zweiten Tag, sich während der Hitze zu den Menschen in den Schatten zu legen und bewegungslos den ganzen Tag liegen zu bleiben.

      Joel war ohnehin über alle Maßen stolz auf seinen Goldfalben, denn das wundervolle Tier passte sich an das Leben in der Sheenland in einer Geschwindigkeit an, die verblüffend war. Morgens und abends zwei Hände voll süßer Datteln und er war zufrieden. Die Datteln, so erklärte es Laakon, speicherten die Flüssigkeit zusätzlich im Körper und verminderte den Durst. Sowohl der Hengst als auch Joel selbst benötigten nur einen kleinen Teil der Flüssigkeit, die sie normalerweise aufnahmen. Der Kangal dagegen war nahezu immer durstig, doch wie es sich für einen Beschützer der Herden gehörte, ignorierte er seinen Durst so lange, bis Joel ihn zu sich rief und ihm aus dem Schlauch ein paar Händevoll zu trinken gab.

      Am Ende der neunten Nacht tauchten vor ihnen plötzlich die schwarzen Silhouetten von hohen Palmen auf, die sich im Sheenlandwind wiegten und sie hatten beinahe schon die große Wasserstelle erreicht, die eines ihrer Ziele gewesen war. Allerdings waren sie nicht die einzigen, die auf dem Weg zum Wasser waren. Östlich von ihnen stieg eine dünne Staubfahne im Licht des mittlerweile wieder zunehmenden Mondes auf, die sich erstaunlich schnell der Oase näherte. Viel schneller als sie sich selbst bewegten und Laakon begann leise vor sich hin zu fluchen.

      „Gibt es ein Problem?“

      „Siehst du, wie schnell sich der Staub dort bewegt? Dies ist der sichere Beweis dafür, dass sich unter dieser Staubfahne Iboa befinden, denn nur sie bewegen sich in solchem Tempo durch die Sheenland. Wir werden uns mit ihnen einigen müssen oder den Tag im Sheenland verbringen. Beides ist nicht wirklich einfach und angenehm.“

      „Wie könnte eine solche Einigung aussehen?“

      „Das hängt davon ab, zu wie vielen sie sind. Treffen wir nur auf wenige, mag es sein, dass wir mit ein paar Geschenken davon kommen. Sind es mehr als zehn, sollten allerdings wir besser in der Sheenland bleiben, bis sie weiter gezogen sind und das kann dauern. Das kann insbesondere dann dauern, wenn sie wissen, dass wir im Anmarsch sind.“

      „Was schlägst du vor?“

      „Zuerst müssen wir herausfinden, wie stark die Gruppe ist, danach entscheiden wir weiter.“

      Ab sofort überquerten sie keinen Dünenkamm mehr, sondern bewegten sich in Schlangenlinien durch die Senken zwischen den Dünen. Sie ritten so langsam wie nur möglich, um jede Staubfahne zu vermeiden und schafften es so gerade noch vor Sonnenaufgang, in Sichtweite der Palmen und des Wassers zu gelangen.

      Joel starrte auf einen geradezu paradiesischen Anblick. Ein Palmenhain umschloss einen tiefblauen See von mindestens dreihundert Schritten in der breiten und gut hundert Schritt in der schmalen Richtung. Unter den Palmen und am Seeufer stand das Gras fast so hoch, wie er es auf der Steppe gewohnt war, Buschwerk und kleinere Bäume gab es allenthalben und an den Bäumen hingen wundervoll leuchtende Früchte. Am Ufer des Sees, unmittelbar vor ihnen standen sieben Pferde bis zu den Bäuchen im Wasser und ebenso viele Menschen tobten sich lachend und planschend und splitternackt im seichten Wasser am Ufer des Sees aus. Joel erkannte zwei Männer und fünf Frauen und sie alle hatten eine erheblich dunklere Haut, als die Kaananiten und doch waren sie bei weitem nicht so schwarz wie zum Beispiel die Numa. Schlanke Menschen mit schwarzem Haar, in das sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen, dünne, wie Gold glitzernde Fäden eingeflochten waren. Menschen, Männer wie Frauen, mit starken, drahtigen Muskeln und geschmeidigen Bewegungen und trotz ihrer Nacktheit waren sie alle bewaffnet. An goldenen Armreifen waren Scheiden mit schmalen Dolchen befestigt und auch um die Hüften trugen sie goldene Bänder an denen lange, schmale Klingen zu sehen waren.

      Krieger wie die Steppenreiter, mit dem Unterschied, dass auch die Frauen Waffen trugen und auf Pferden ritten?

      Joel beobachtete aufmerksam, dann wandte er sich an seine Begleiter und meinte:

      „Sie sind nur sieben, wir sollten ebenfalls zum Wasser gehen. Unsere Tiere haben Hunger und Durst und ich sehe keinen Grund, weshalb wir hier wie Feiglinge liegen und warten sollten, bis diese Iboa sich genug im Wasser vergnügt haben.“

      Laakon und Hasket sahen den jungen Krieger entsetzt an, dann fragte Hasket leise:

      „Du hast noch nie mit Iboa zu tun gehabt? Nun, dann kannst du es nicht wissen, aber diese sieben sind so gefährlich und tödlich wie sieben Mambas. Sie sehen im Augenblick zwar harmlos aus, aber sie verwandeln sich innerhalb eines Lidschlages in mörderische Feinde, die weder Gnade noch Kompromisse kennen. Wir werden gegen sie kämpfen müssen, sobald sie uns sehen, denn bei sieben zu drei sind sie die vorhersehbaren Sieger.“

      „Ich habe noch nie gegen Iboa gekämpft. Doch ihr scheint Erfahrung mit ihnen zu haben?“

      „Auch wir haben noch nicht gegen sie gekämpft, denn wir sind friedliebende Menschen. Wir kenne aber die Geschichten, die man sich über die Iboa erzählt und die genügen.“

      „Geschichten? Ihr fürchtet euch vor Geschichten? Nun, dann sollte ich vielleicht besser wieder umkehren und meinen Ältesten berichten, dass wir uns in unseren Verwandten getäuscht haben. Wie wollt ihr mit uns für eine bessere Zukunft kämpfen, wenn ihr euch vor Geschichten fürchtet?“

      Joels Stimme troff nur so vor Hohn und Spott und er tat, als wollte er seinen Hengst umdrehen, als vom See her laute Rufe ertönten, die Männer und Frauen rannten aus dem Wasser, sprangen wie Katzen auf ihre kleinen Pferde und rasten in gestrecktem Galopp auf sie zu. Einer von ihnen hatte die Bewegung entdeckt, mit der Joel seinen Hengst wenden wollte und genau das war auch Joels Absicht gewesen, denn jetzt waren die Gesetze der Handlung verändert, jetzt gab es kein Zaudern und Debattieren mehr.

      Der Goldfalbe kreiselte herum, Joel lenkte ihn mit den Schenkeln auf die heran stürmenden Iboa zu und löste zugleich mit einer Hand die Nagaika vom Sattelhaken. Die Lanze ließ er an ihrem Platz im Köcher, auch den runden Schild ließ er hängen wo er war. Dann hatte er den Schatten der Palmen erreicht und brachte seinen Hengst zum Stehen. Er war im nächsten Moment von sieben kleinen, drahtigen aber hübsch anzusehenden Pferdchen umringt, sieben schwarz glühende Augenpaare waren auf ihn gerichtet und die Reiter hatten ihre Pferdchen nur unwesentlich weniger gut unter Kontrolle, als Joel seinen Hengst.

      Joel ließ seine Blicke über