Kaana. Rudolf Jedele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Jedele
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745082234
Скачать книгу
hatte niemals eine Aura bei einem Menschen gesehen, die mehr Härte und mehr Kompromisslosigkeit ausstrahlte, als diejenige, welche er bei seinen künftigen Gesprächspartnern feststellte.

      Da Laakon und Hasket neben den Kentauren saßen, war der Unterschied noch augenfälliger und nicht nur für den Mogul erkennbar. Yamalin raunte seinem Herrn zu:

      „Als säßen zwei Kätzchen neben drei Panthern…“

      Bachailan konnte dieser Einschätzung nichts hinzufügen, doch im Vergleich zu diesen Männern kamen ihm selbst Yamalin, ja sogar sein mächtiger Gegner Sabandin irgendwie harmlos vor.

      „Wollen wir mit unseren Verhandlungen und Gesprächen gleich heute noch beginnen oder warten wir bis morgen ab? Dann haben wir alle uns erholt und werden mit frischem Geist erreichen können, was wir uns vorstellen.“

      „Kentauren kennen keine Müdigkeit. Wir sitzen seit drei Tagen hier und sind ausgeruht, doch wenn du noch der Erholung bedarfst, spielt eine weitere Nacht ohne Entscheidung keine Rolle. Wir beginnen erst morgen früh. Lass uns jetzt ein wenig über uns selbst reden, damit wir einander kennen lernen, wie es sich für Männer gehört, die möglicherweise am Anfang eines langen, gemeinsamen Weges stehen.

      Magst du beginnen, Mogul?“

      Bachailan war es nicht gewohnt, bei einer Verhandlung in die Vorlage zu gehen und noch weniger war er es gewohnt, über sich selbst zu reden. Er war der Spross einer Dynastie, die Zeparana seit hunderten von Jahren mehr oder weniger erfolgreich beherrscht und geführt hatte. Seit langem war mit ihm wieder einmal ein Herrscher auf den Thron gestiegen, der stark war und auch Zeparana wieder stärker gemacht hatte. Doch er hatte Sorgen, denn an allen Grenzen der Stadt im Sheenland lauerten mächtige Feinde.

      Nun saß er mit einem Wilden am Feuer und ließ sich von diesem Mustern, in der Hoffnung, dass in ein paar Tagen seine Sorgen zumindest an der Westgrenze Zeparanas kleiner geworden waren.

      Kazar ahnte, was sein Gegenüber dachte und was dieser von ihm hielt. Es machte ihm nichts aus, für einen Wilden gehalten zu werden. Er studierte den Mogul und speicherte seine Erkenntnisse sorgfältig in seinem Geist.

      Bachailan war ein groß gewachsener Mann mit breiten Schultern, der sich trotz aller Völlereien und sonstigen Ausschweifungen an seinem Hof immer körperlich ertüchtigt hatte und deshalb nicht das Bild des verweichlichten Stadtfürsten abgab, welches man eigentlich erwartet hätte. Aber er war kein Krieger, kein Kämpfer. Sein hellbraunes Haar war zu straffen Zöpfen geflochten und zeigte an den Schläfen erste graue Strähnen, obwohl er das vierzigste Jahr seines Lebens noch nicht erreicht hatte. Seine Augen waren grau und stechend und seine Untertanen waren überzeugt, dass er mit diesen Augen in ihre Seelen blicken konnte. Er hatte ein markantes Gesicht, das von einer großen Hakennase beherrscht wurde, sein Kinn war eckig und wies in der Mitte eine tiefe Kerbe auf. Kazar entdeckte etwas an der Ausstrahlung des Moguls, das ihn an sich selbst gemahnte. Er erinnerte sich an eine Frage Saigoros, auf die er geantwortet hatte

      „…ich kenne Krieger. Du bist ein Krieger und für mich deshalb leicht auszurechnen.“

      Auch Bachailan kannte Krieger und Kazar beschloss auch seine Begleiter vor diesem Mann zu warnen.

      Auch Bachailan hatte die Zeit genutzt und Kazar weiter studiert. Kazar und seinen Bruder Joshara. Den Knaben Joel ließ er allerdings in seinen Betrachtungen außen vor, denn er fragte sich allenfalls, weshalb ein solcher Knabe bei den beiden Männern war. Ob er vielleicht die Rolle des Lustknaben übernommen hatte?

      Bachailan schob derlei Gedanken zur Seite und begann nun zu sprechen.

      „Es ist ungewöhnlich, dass man den Mogul und Herrscher einer Stadt sprechen und über sich erzählen lässt, doch wir befinden uns in einer ungewöhnlichen Situation und deshalb sind auch ungewöhnliche Maßnahmen angesagt.

      Ich bin also Bachailan, der Herrscher über Zeparana und die Sheenlande um die Stadt und ich bin der stärkste Spross, der seit langem aus einem uralten Baum hervor gegangen ist. Meine Vorfahren haben Zeparana gegründet und die Herrschaft nie aus der Hand gegeben und so will auch ich es halten.

      Allerdings will ich auch nicht verschweigen, dass dies kein einfaches Vorhaben ist. An allen meinen Grenzen rumort es und auch in der Stadt selbst gibt es Unruheherde, die ich nicht so ohne weiteres in den Griff bekomme. Die Steuereinnahmen reichen nicht, um ein schlagkräftiges Heer aufzubauen und zu unterhalten und mehr Steuern kann ich meinem Volk kaum mehr zumuten, denn es gibt – zu meinem Leidwesen – einen anderen Steuereintreiber und der scheint meinem Volk näher zu sein und wichtiger als ich.

      Auch meine Nachfolge ist noch ungeregelt. Ich habe zwar Söhne, doch allenfalls zwei dieser meiner Söhne kommen als Nachfolger in Frage. Doch nur, wenn ich es schaffe, sie so lange zu beschützen, bis sie alt genug sind, dies für sich selbst zu tun. Wie aber soll ich sie unter diesen Voraussetzungen zu Herrschern erziehen, die Zeparana so regieren könnten, wie es erforderlich ist?

      Yamalin hier, der Befehlshaber meiner Palastwache tut alles, was in seiner Kraft steht um Krieger und Strategen aus meinen Söhnen zu machen, doch das süße Leben, die ständigen Orgien meiner Höflinge, all die Verweichlichungen und Intrigen auch ihrer Mütter machen es nicht leichter, Männer aus meinen Söhnen zu machen. Doch anstatt über meine Söhne zu klagen, will ich lieber weiter über die wichtigen Dinge berichten.

      Zeparana ist eine alte Stadt.

      Meine Ahnentafeln reichen fast zweitausend Jahre in die Vergangenheit und Zeparana konnte nur überleben, weil es unabhängig von außen und einheitlich von Innen geführt wurde. Die Gesetze von Zeparana sind einfach und leicht zu befolgen, wenn man ein Mensch mit Verstand und Respekt vor der Welt ist.

      Doch in den letzten Jahrhunderten wurden all diese Gesetze von den Beamten des Hofs immer mehr verweichlicht und außer Kraft gesetzt. Die Sitten begannen zu verfallen und Moral und Anstand spielen heutzutage an meinem Hof und in ganz Zeparana nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.

      Die treibende Kraft hinter all meinen akuten Sorgen ist ein Mann aus meinem eigenen Reich.

      Der Händler Sabandin strebt nach immer mehr Macht und immer größerem Reichtum, obwohl er schon den Beinahmen „der Reiche“ trägt und man hier und da auch schon von Sabandin dem Mächtigen spricht.

      Sabandin hat seine Finger überall im Spiel, wo es Ärger gibt. Er konspiriert mit Shangtzu und Surbana und unterhält Verbindung zu den Iboa und den Sheehanoa, ebenso zu dem räuberischen Gesindel, das entlang des Maron sein Leben fristet. Seine Agenten sitzen in meinem Palast, er schickt Sklaven und Sheehanoa zur Belustigung meiner Höflinge in den Palast, die in Wirklichkeit Spione sind. Er besticht meine Beamten, damit sie kaum mehr jemand aus dem Volk zu mir lassen. Er treibt Keile zwischen mich und meine Familie, zwischen mich und mein Volk und ich finde keinen Weg, um ihn auf eine vernünftige Größe zurück zu stutzen. Ausschalten will ich ihn gar nicht, denn dazu ist er als Händler zu gut.

      Sabandin ist mein allergrößtes Problem.

      Du siehst, ich halte mit meinen Sorgen und Nöten nicht zurück und hoffe auf eine ähnliche Offenheit deinerseits.“

      Kazar blieb ernst und verschlossen, obwohl er sich darüber im Klaren war, dass diese Offenheit Bachailans weit mehr wert war, als er sich zu erhoffen gewagt hatte. Die Not des Moguls schien wirklich groß zu sein. Deshalb wollte auch er ein Zeichen setzen und Bachailan einen Ansatz bieten, der zu einem Bündnis zwischen ihnen führen konnte. Sein Eindruck von dem Mogul war nämlich ein guter. Bachailan war offenbar ein gradliniger Mann, ein Fürst, der das Beste für sich und sein Volk wollte und ein Mann, dem die Traditionen und überlieferten Werte etwas bedeuten mochten.

      „Ich schätze Offenheit bei Männern, die mit mir Geschäfte machen wollen oder die meine Freundschaft suchen. Ich selbst gehöre nicht zu den Männern, die in allem was sie tun taktieren und ihren eigenen Vorteil suchen. Ich habe ein Volk und ein Land und es gilt beides zu schützen, denn nur dann erhalten wir uns und unsere Art des Lebens. Ich diene meinem Volk mit all meiner Kraft und was ich tue und lasse, dient ebenfalls meinem Volk.