Leichenwasser. Christina Kreuzer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Kreuzer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741852022
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günstiges Hotel empfehlen?“

      „Boschi, willst du uns beleidigen? Nach allem, was du für uns getan hast. Du schläfst natürlich bei uns!“

      „Ich will keine Umstände machen. Ich hab nicht mal eine Zahnbürste dabei, geschweige denn einen Schlafanzug!“

      „Keine Widerrede Boschi. Zahnbürsten kauft Mama immer auf Vorrat und den Schlafanzug bekommst du von Paps. Trink aus, ich hab jetzt Hunger auf Pizza! In Ingolstadt gibt es die beste Pizza der Welt. Der Luigi kommt aus Sizilien und verwendet nur Produkte aus seiner Heimat.“

      „Ach geh zu!“ Boschi hätte sich lieber eine knusprige Hax`n hier im Biergarten bestellt, die laufend an ihrem Tisch vorbei getragen wurde, doch Jette schwärmte so von ihrem Italiener, dass er ihr zuliebe auf die Haxe verzichtete. Die Pizza schmeckte wirklich lecker und der Nero d’Avola, ein sizilianischer Rotwein, war ein regelrechter Gaumenkitzler. Jette und Boschi saßen sich in einer kleinen, etwas schummrigen Nische im hinteren Teil der Pizzeria gegenüber und unterhielten sich großartig über Gott und die Welt. Die Zeit verging wie im Flug. Jette trank nur ein Glas Wein und danach Mineralwasser, während Boschi genüsslich den Rest der Karaffe leerte. Schließlich bezahlte Boschi, Gentleman-like, seinen kleinen Schwips und das hervorragende Abendessen. Sie gingen zum Ausgang und Boschi wollte vor der Pizzeria schnell noch eine Zigarette rauchen. Beim Anzünden fiel ihm das Feuerzeug zu Boden. Jette und Boschi bückten sich. Gleichzeitig griffen beide nach dem Feuerzeug, Boschi berührte dabei kurz Jettes Handrücken und ein elektrostatischer Schlag durchzuckte ihn. Einen Moment kamen sich ihre Gesichter ganz nah und hielten stumm inne. Jette war schneller, gab Boschi Feuer und schob das Feuerzeug aufreizend langsam in seine rechte kleine Jeanstasche. Dann drehte sich Jette schnell um und lief davon. „Mir ist kalt Boschi, ich warte im Auto auf Dich!“ Verlegen und mit hochrotem Kopf zog Boschi an der Zigarette, die auf einmal viel zu langsam verbrannte. „Warte doch Jette! Ich bin schon fertig!“, rief er Jette hinterher, lief los, nahm schnell noch einen kräftigen Lungenzug, schnippte mit den Fingern die Zigarette in Richtung eines Kanaldeckels und sprang in Jettes Auto.

      Zuhause zog Jette für ihren Chef das Wohnzimmersofa aus, brachte Bettzeug, Zahnbürste und Schlafanzug. Als Boschi aus dem Bad zurück kam, wartete sie schon auf ihn. Jette legte die Arme um Boschis Hals und küsste seine stopplige Wange. „Danke für den schönen Abend, Boschi, gute Nacht, schlaf gut!“, hauchte sie an sein linkes Ohr und ehe sich Boschi versah rannte sie die Treppe zum ersten Stock hoch.

      „Gute Nacht Jette!“, rief er ihr total überrascht hinterher. Zufrieden machte es sich Boschi auf dem Sofa gemütlich und konnte lange nicht einschlafen. Gedanken von Mord, abgehackten Köpfen, Schweinshaxn und dazwischen immer wieder die hübsche Jette, wanderten durch seinen Kopf. Versunken im Gedankenreich schlief Boschi schließlich bei der Erinnerung an den heutigen Abend mit Jette ein und träumte so richtig bildlich davon, wie er mit Jette auf der Terrasse seines Hauses in Schlagenhofen ein Glas Wein trank. Jette strich zärtlich mit einer Hand durch seine Haare und wollte Boschi gerade Küssen, als eine Stimme das schöne Bild in seinem Kopf auslöschte. „Guten Morgen! Aufstehen!“

      Boschi öffnete mühsam die Augen, staunte, denn vor ihm stand Jette mit einer Tasse duftenden Kaffee in der Hand. „Ach geh zu! Guten Morgen Jette!“, stopselte Boschi verschlafen.

      „Beeil dich Boschi! Ich muss um 10 Uhr auf der Wache sein und meine Aussage unterschreiben. Du kommst doch mit, oder?“ Jette zeigte dabei auf ihre Armbanduhr.

      „Ja, natürlich! Du bleibst bei deiner Aussage?“, fragte Boschi, während er sich schwankend auf einen Bein stehend, die Jeans anzog.

      Jettes Lächeln verschwand blitzartig. „Auf jeden Fall! Ich weiß genau, was ich gesehen und gehört habe und das war eindeutig Angus Streitberger. Hast du Angst, der Fall wird dann wieder aufgerollt?“

      „Ich hab vor niemand Angst! Ich hab nur ein wenig Angst um dich. Die Staatsanwaltschaft hat den Streitberger offiziell für tot erklärt. Oberstaatsanwalt Höglmeier wird toben und dich umgehend in eine Therapie schicken!“, gab Boschi nochmal zu bedenken.

      „Das ist mir egal! Bist du fertig! Wir müssen los!“ Jette sprang auf und schnappte sich ihren Autoschlüssel.

      Boschi nahm noch einen großen Schluck Kaffee und stolperte mit einem Schuh in der Hand und einem Schuh am Fuß hinterher. „Warte! Nicht so schnell!“

      Jette fuhr rasant in den Norden der Stadt zur Kriminalpolizeiinspektion an der Esplanade und unterschrieb, nach genauen Durchlesen, ihre Aussage. Boschi stand daneben und dachte an Oberstaatsanwalt Höglmeier und an die Folgen der Zeugenaussage. Er würde Jette aufgrund der Aussage und den schrecklichen Erlebnissen, als schwer traumatisiert abstempeln und sie bestimmt vom Dienst suspendieren.

      Danach besuchten sie Jettes Eltern im Klinikum Ingolstadt. Auf der Intensivstation bekam Jette zunächst einen riesigen Schreck, weil weder ihr Vater in seinem Zimmer lag, noch sah sie ihre Mutter. Die Stationsschwester klärte beide schnell auf, dass es Franz von Jettenbach besser ging und auf Station III, Zimmer 326 verlegt worden war. Jette fiel ein Stein von Herzen, als sie die Tür zum Krankenzimmer öffneten. Ihr Vater Franz saß fast aufrecht im Krankenbett, löffelte gerade so was ähnliches wie eine Suppe und Mutter Hilde redete ihrem Mann gut zu. „Du musst etwas essen Franz, desto schneller kommst du zu Kräften und nach Hause.“

      „Das schleimige Zeug schmeckt grauenhaft, Hilde! Hol mir eine Wurstsemmel!“ Franz von Jettenbach verzog angewidert das Gesicht und schob den Teller beiseite.

      „Paps! Ich sehe dir geht’s bereits besser! Hihi!“ Erst jetzt bemerkten die beiden, dass Jette und Boschi in der Tür standen. Jette lief zu ihren Vater, drückte ihn vorsichtig und küsste ihn auf die Stirn. „Du hast ja schon wieder Appetit! Das ist der erste Weg zur Besserung!“

      „Jette, hol du mir was Anständiges zum Essen. Bitte! Schau dir nur diese eklige Suppe an. Ich verhungere hier!“ Jette ignorierte die Reklamation ihres Vaters einfach und begrüßte erstmal ihre Mutter.

      „Hallo Mama! Wie geht es dir? Du schaust müde aus.“ Jette schob den letzten Stuhl ans Bett und setzte sich.

      Boschi musste stehen, gab ganz verlegen zuerst Frau von Jettenbach und danach Jettes Vater die Hand. „Guten Morgen!“

      „Seit ich weiß, dass die OP von Franz gut verlaufen ist und er auf Station verlegt wurde, ist meine Müdigkeit wie weg geblasen. Jette, sag lieber deinen dickköpfigen Vater, den alten Sturesel, dass er seine Suppe aufessen soll!“

      „Eben die OP ist gut verlaufen! Ich hab Hunger! Junger Mann, bitte holen Sie mir was zum Essen. Etwas zum Kauen!“ Franz von Jettenbach schaute Boschi mitleidig an.

      Boschi brauchte nicht zu antworten, denn Frau von Jettenbach half ihm aus der Patsche. „Ja nicht, Herr Dippold! Die Oberschwester hat gesagt, er bekommt erst morgen normales Essen. Bis dahin gibt es nur Passiertes! Übrigens, Franz, darf ich dir Vorstellen, Hauptkommissar Robert Dippold. Er ist Jettes Chef und ist gestern Nacht sofort gekommen, um uns zu helfen. Herr Dippold, ich glaube es ist an der Zeit Sie zu duzen. Sie kümmern sich so toll um unsere Tochter, unterstützen uns nach diesem schrecklichen Überfall und sind jetzt ein guter Freund der Familie. Ich bin die Hilde und der starrköpfige, alte Mann im Bett ist der Franz!“

      „Robert Dippold, aber alle sagen Boschi zu mir.“ Erneut gab Boschi Jettes Eltern die Hand und sah aus den Augenwinkeln, wie sich Jette freute. „Das ist doch nicht der Rede wert. Ich helfe gerne.“

      In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Krankenzimmer. Der Oberarzt kam zur Visite und bat die Angehörigen den Raum kurz zu verlassen. Hilde von Jettenbach flüsterte den Oberarzt im Vorbeigehen noch ins Ohr, ihren Mann zum Essen zu animieren. Boschi verabschiedete sich gleich von Franz und wollte vorm Krankenhaus auf Jette warten. Sie kam mit ihrer Mutter nach drei filterlosen Zigaretten und zusammen fuhren sie nach Hause. Jette setzte ihre Mutter vor dem Haus ab und fuhr mit Boschi gleich weiter.

      „Auf was hast du Lust, Boschi?“, fragte Jette, während sie in unnachahmlicher Art durch Ingolstadt