Lausige Zeiten. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737516662
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kannst du dem Lauf der Dinge Einhalt gebieten.«

      »Wie erkenne ich diese Frau? Eine Beschreibung wäre angebracht!«

      »Kein Problem!«, kicherte der Kesseldämon und tauchte ab. Die Oberfläche glättete sich und fungierte nun als Zauberspiegel. Die obsidianschwarze Fläche zeigt das Bild von Esther.

      »Du meine Güte!«, bemerkte Bjarne entsetzt. »Mein Weib ist nun wirklich keine Schönheit, aber diese hier, sieht aus wie ein Wal!«

      »Herr«, unterbrach ihn der Kahle. »Das ist ihre augenblickliche Erscheinungsform. Sie beherrscht die Gestaltwandlung. Sie ist gerade einer!«

      »Echt jetzt? Wie macht sie das mit ihrer Kleidung?«

      »Ehrlich gesagt, Herr, da bin ich ein wenig überfragt.«

      »Wir können unmöglich sämtliche Wale vor der Küste abfangen«, bedachte der Jarl.

      »Selbstverständlich nicht, Herr!« Dann wandte er sich dem Kessel zu. »Dämon! Narre uns nicht! Zeige ihre wahre Gestalt!«, grollte Al-Ghawl.

      »Sorry, dann war das wohl ein Missverständnis!«, ertönte des Dämonen Stimme. Kurz darauf zeigte die Oberfläche Esthers wahre Erscheinungsform.

      »Hm, nicht übel!«, bekundete Bjarne lüsternd.

      »Braucht ihr mich noch?«, tauchte der Dämon wieder auf. »Ich habe nichts mehr zu sagen, meine Sprechstunde ist jetzt vorüber!«, bekundete der dienstbare Geist und versank zurück in die Tiefen des Kessels. Dann tauchte er noch einmal auf. »Einen Tipp hätte ich da noch für dich und deinen König. Falls es zum Krieg mit den Hanseaten kommen sollte, stellt jetzt lieber sofort die Lieferung des Stockfischs ein. Denn Kriege werden nicht nur mit Waffen und Männern gewonnen. Und warum solltet ihr eurem Feinde mit von ihm benötigten Proviant befeuern? So, das war´s jetzt aber! Tschüss denn!«, tauchte er endgültig ab. Der Jarl überlegte kurz. »So gesehen, hat er auch wieder recht. Wir werden die Lieferungen einstellen. Die Lübecker Pfeffersäcke werden ausgehungert, denn sie halten das Monopol über den gesamten Stockfischhandel der Deutschen Länder und Europas. Und was meinen Fall betrifft: Werde ich meinen Wachposten sagen, sie sollen Ausschau nach der Fremden halten. Sie bekommen eine ausführliche Beschreibung und ich setze ein Kopfgeld auf sie aus, dann wird sie mir nicht entkommen.«

      »Werden meine Dienste noch benötigt?«, fragte der Perser unterwürfig.

      »Sag Perser, wie lange dienst du schon meiner Familie?«

      »Oh, warte... Dir, deinem Vater, deinem Großvater, dem Vater des Großvaters und dessen Vater und Großvater... Sehr lange, Herr.«

      »Genau, hier geht es um eine Familienangelegenheit. Schwangerschaften sind immer fürchterlich, vor allem diese allmorgendliche Übelkeit!«

      »Ich könnte deiner Gemahlin etwas dagegen geben«, bot der Exot an.

      »Doch nicht bei ihr! Sondern bei mir, wenn ich dieses Weib sehe! Es geht um meine Familie. Du wirst mein aktuelles Problem erkannt haben, oder?«, fragte Bjarne

      »Gewiss Herr, es erfüllt mich mit Betrübnis, dass du bisher keinen Sohn dein Eigen nennen kannst. Dieser Umstand ist ein Grund zur Besorgnis.«

      »Du hast die Wurzel des Übels genau erkannt, Perser. Mich stimmt dieser Umstand eher verdrießlich. Kannst du vielleicht ein Gebräu, oder einen Trank herstellen, damit meine Frau mir diesmal einen Stammhalter gebiert?«, hakte Bjarne nach.

      »Oh, verzeihe mir. Leider hat die Natur längst entschieden, welches Geschlecht dem Kind zugeschrieben wird. Das ändern zu wollen, steht jetzt nicht mehr in meiner Macht, es ist zu spät. Du hast mein volles Mitgefühl, Herr. Aber, beim nächsten Mal, wenn deine Gattin wieder guter Hoffnungen ist, komme früher zu mir, dann wirst du deinen Sohn bekommen«, verbeugte sich Al-Ghawl vor dem Herren.

      »Es wird kein nächstes Mal geben! Nochmal tue mir keinen weiteren Beischlaf mit ihr an! Dieses Weibsbild muss ich loswerden! Sie will mich ruinieren! Fünf Töchter! Da wird der Hund in der Pfanne verrückt! Wenn ich jeder dieser hässlichen Kröten eine satte Mitgift geben muss, wird von meinem Besitz nichts mehr übrig bleiben. Sie muss weg und die Kinder werden getrennt und auf weit entfernte Höfe verteilt. Die Vampirin wird meine neue Braut!«, entschied Bjarne spontan.

      »Aber Herr! Vergesst nicht, sie ist ein gefährliches Wesen! Und ihr Leib ist so fruchtbar wie eine Fuhre Sand!«

      »Das macht nichts. Damit hat sich das Stammhalterproblem von allein gelöst. Wenn ich erst einmal unsterblich bin, benötige ich niemanden, der meinen Besitz erbt. Ich behalte ihn selbst!«, bekundete der Jarl, von seiner eigenen Idee entzückt.

      »So gesehen, eine brillante Lösung«, nickte der Orientale. Allah stehe mir bei! Welch dramatische Tragweite das haben wird, ist kaum auszudenken!

      »Benötigst du zur Eliminierung deiner Gattin meine Hilfe?«, fragte der Perser.

      »Nein, darum kümmere ich mich liebend gern selbst. Aber du solltest dir etwas ausdenken, was unsere Inselaffen betrifft. Und versage nicht, bisher steht dein Ansehen bei mir hoch im Kurs. Verdirb dir das nicht! Ach ja, wenn du so fragst, kannst du dich um meinen dämlichen Schwiegervater kümmern, bereite ihm einen langsamen und qualvollen Tod, der Scheißkerl hat es nicht anders verdient!«

      »Ich werde veranlassen, dass die Inselbewohner in der Dunkelheit eine wahre Überraschung präsentiert bekommen. Das Gleiche gilt für deinen Schwiegervater. So viel sei dir verraten.«

      »Sehr gut, ich zähle auf dich!«, nickte der Jarl und wollte gehen. Allerdings blieb er stehen und sah nachdenklich zum Kessel. »Was machst du eigentlich jetzt mit dem Inhalt?«

      »Was? Wieso? Ganz einfach: Heute gibt es Eintopf!«, grinste Al-Ghawl und verschwand wieder in der tiefen Finsternis seines Gemäuers.

      *

      Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean Verstand.

      (Blaise Pascal)

      Cornelius konnte es immer noch nicht fassen, was über ihn gekommen war. Anders ausgedrückt, eigentlich war es Cassandra, die über ihn gekommen war. Als sie während des Flugs bat, er solle doch mal in der Toilette nachsehen, wieso der Wasserhahn nicht funktionierte, dachte er sich gar nichts dabei. Obwohl er nicht die geringste Ahnung vom Klempnern besaß, stand er ihr ritterlich zur Seite, um sofort zu Hilfe zu eilen. Als seine Angebetete allerdings das Schild »Außer Betrieb« von außen befestigte und hinter ihm die Tür verriegelte, wurde ihm ein wenig flau.

      »Tut mir leid, mein Lieber«, bemerkte sie charmant lächelnd. »Aber du sitzt jetzt in der Falle und so brauchen wir nicht befürchten, jemand könnte uns stören.«

      Ja, und so war es gewesen. Die restlichen Mitarbeiter von Dragon-Consulting mussten während des Fluges auf das stille Örtchen verzichten. In dem besagten Ort ging es währenddessen nicht ganz so still zur Sache. Zum Glück röhrten gerade zu diesem Zeitpunkt die Turbinen sehr laut, so dass Connies eigenes Röhren übertönt wurde. In dieser Höhe war er bisher noch nie zu einem Höhepunkt gekommen. Davon abgesehen, konnte er sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er seinen letzten Höhepunkt genießen durfte. Zu viel Zeit war seit Elaines Tod verstrichen. Mehr als 600 Jahre? Oh Gottogottogott!

      Davon mal abgesehen, war Cornelius niemand, der ein exzessiv ausschweifendes Leben führte; nicht dass sich ihm nicht genügend Damen und Gelegenheiten boten. Doch schreckte er jedes Mal davor zurück, Sex ohne angemessene Liebe zu praktizieren. Bevor er Elaine, seine erste Frau kennenlernte, ging er gänzlich unberührt durchs Leben, bzw. Unleben. Vor seinem Vampirdasein gehörte er dem Orden des Heiligen Michael an. Zwar nicht als Ritter, jedoch als Medicus. Dennoch galt für ihn das Zölibat und so kam er nicht in den Genuss der körperlichen Liebe, abgesehen von einem Vergewaltigungsversuch seitens eines Söldners.

      Nun lag er ermattet auf den herumliegenden Kleidungsstücken und beobachtete, wie Cassandra ihre Lippen mit einem blutroten Lippenstift nachzog.

      »Ich las mal, wenn sich eine Frau die Lippen nachzieht, ist es so, als lade sie ihre Waffe nach«, kommentierte der Grauhaarige,