Lausige Zeiten. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737516662
Скачать книгу
bin!«, konterte die Stimme unter dem Ruhemöbel.

      Beinahe explodierte der Jarl vor Wut. »Was glaubst du wer... Na gut, überredet, dann eben eine!«, knurrte er missgelaunt, entzündete die Fackel und schloss die Fensterläden.

      Nachdem er das erledigte, drehte er sich um - und stand unverhofft vis a vis mit dem Perser. Dieser bewegte sich grundsätzlich lautlos.

      An den Anblick des Orientalen konnte sich Allvaturson einfach nicht gewöhnen. Trotz der dunklen Augen, die wie Kohlen in seinem relativ blassen Gesicht brannten, trieb es Bjarne jedes Mal einen kalten Schauer voller Unbehagen über den Rücken. Seltsame Tätowierungen zierten des Persers Antlitz. Unter jedem Auge standen Worte in fremder Sprache und Schrift. Selbst sein Hals war von den Schriftzeichen nicht verschont geblieben. Wahrscheinlich so etwas wie ein Abwehrzauber. Das Haupt des Fremdartigen zierte kein einziges Haar, mutete so glatt an, als wäre es poliert.

      »Äh...«, stutzte Bjarne. »Das musst du mir genauer erklären.«

      »Gut, so sei es, Herr. Untote sind Wiedergänger. Sie starben und doch ist ihr toter Körper mit Lebensenergie betrieben, die sie jemandem stehlen müssen, um ihr unheiliges Treiben fortzusetzen. In diesem Falle, handelt es sich um einen Blutsauger, einen Vampir«, erklärte Al-Ghawl.

      Bjarne überlegte kurz, dann nickte er zustimmend. »Das ist doch prächtig! Wenn die Rebellen seinem Blutdurst zum Opfer fallen, dann erledigt sich das Problem sozusagen ganz von allein.«

      »So einfach stehen die Dinge nicht, Herr. Dieser Wiedergänger weiß nichts von seinem Dasein als Blutsauger. Wieso, kann ich dir nicht sagen. Er hält sich für einen ganz normalen Menschen. Aber jetzt ist etwas Zeit verstrichen, Herr. Vielleicht ist er sich jetzt dessen bewusst.«

      »Mutmaßungen helfen mir nicht weiter. Befrage lieber deinen seltsamen Kessel!«

      »Sehr wohl, wie du befielst!«, verbeugte sich Al-Ghawl und schürte hurtig das Kaminfeuer. »Gedulde dich noch einen kleinen Augenblick, er benötigt eine gewisse Betriebstemperatur.«

      Und tatsächlich warf der Magier beim werkeln am Kessel keinen Schatten. Da sieht man es mal wieder: Jedes Gerücht beinhaltet ein Quäntchen Wahrheit.

      Mit Ungeduld ertrug der Jarl das sich anbahnende Schauspiel. Singend und kauderwelschend tanzte der Exot um die Feuerstelle herum. Pflückte hier ein paar Kräuter ab, schnippelte an seinen Tierkadavern herum, kippte immer wieder verschiedenfarbige Flüssigkeiten in das Behältnis, murmelte, hantierte und kicherte dabei recht irre. Dann winkte er dem Burgherren zu.

      »Du musst einmal in den Kessel spucken, Herr, sonst spricht ES deine Sprache nicht«, meinte der Perser und rupfte dem Jarl ein Haar aus dem Schopf. »Danke, das benötige ich ebenfalls!«

      Sogleich landete das Haar im Kessel, der mittlerweile eine schwarze, teerartige Brühe enthielt. Schwerfällige, dicke Blasen stiegen darin hervor und platzten mit ekelerregendem Geräusch. Plurp...

      »So, fertig!«, verkündete Al-Ghawl begeistert.

      »Und was passiert jetzt?«, wollte Bjarne wissen.

      »Jetzt befragen wir das Orakel!«

      »Gut, dann fange mal an, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!«, pöbelte der Jarl.

      »خدمت به روح! Der Herr ist hier, um dich zu befragen! Zeige dich!«, beschwor er den Kessel.

      Die Oberfläche zeigte eine Wölbung, wirkte, als wolle jemand hindurch brechen. Sie verzog und dehnte sich. Dann erschien ein pechschwarzer Kopf mit menschlichen Gesichtszügen. Der Anblick erinnerte ein wenig an eine Moorleiche, die unversehens auftauchte. Sie sagte: »Puah! Tffftft, pfuttffftpttt!«

      »Was bedeutete das?«, fragte der Jarl erstaunt.

      Der Magier zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung, Herr!«

      »Was das bedeutet?«, fragte das rabenschwarze Gesicht im Kessel. »Es bedeutet, dass ich ein Haar im Mund habe! Und ohne Hände, muss ich ausspucken, um das lästige Ding wieder loszuwerden! Okay, dich kenne ich bereits, dich mit den wallenden Locken aus Antimaterie«, grinste das schwarze Gesicht. »Aber Blondie wurde mir noch nicht vorgestellt. Mann, Blondschopf, du hast wirklich außerordentlich schicke Stiefel!«

      »Hüte deine Zunge خدمت به روح, er ist der Herr des Hauses, der ehrenwerte Jarl Bjarne Allvaturson«, rügte der Perser seinen dienstbaren Geist.

      »Mir dünkt, du hast deinen Dämonen wahrlich nicht im Griff!«, knurrte der Jarl.

      »Er ist schon sehr viel gehorsamer geworden, glaube mir Herr. Du hättest ihn vorher erleben sollen«, schmunzelte der Perser.

      »Oh, großer Jarl, du bist also der Herr dieses fröhlichen Hauses, dem wahren Hort der Geborgenheit. Sag, was genau ist ein Jarl überhaupt?«, meinte der Dämon im gelassenen Plauderton.

      »Ein Jarl ist hier so etwas, wie in England der Earl. Meine Aufgabe ist es, das Land zu verwalten, bei Gericht zu sitzen, und der Obrigkeit im Kriegsfall Männer zur Verfügung zu stellen. Alles in allem, ich diene dem König Eirik«, antwortete Bjarne.

      »Aha, das war sehr aufschlussreich, dann ist das schon ja mal geklärt. Womit kann ich dir und deinem König dienen?«, fragte der Dämon mit schmeichelnder Stimme.

      »Sag uns etwas über den Blutsauger, der in der Nacht vom Himmel fiel«, forderte Bjarne.

      »Ach, ihr wollt einen Orakeldienst von mir. Gut, das ist kein Problem. Aber ehe wir beginnen, fordere ich eine kleine Gegenleistung von dir. Gib mir ein Stückchen Stockfisch!«, erwiderte der Dämon.

      »Du dreistes Ding! Deine Position erlaubt dir nicht, von mir etwas zu fordern!«, schmetterte der Jarl die Bitte barsch ab.

      Der Orientale schaltete sich dazwischen. »Herr, es war schon immer so, dass Dämonen niemals etwas umsonst taten. Solange er nur ein kleines Stück getrockneten Kabeljau dafür haben will, ist es durchaus in Ordnung. Andere Dämonen verlangen sogar den Erstgeborenen für ihre Dienste.«

      »Er kann gerne eine meiner froschgesichtigen Töchter bekommen.«

      »Mädchen sind für ihn nichts wert, sie machen ihm nur die Ansprüche auf Schuhe streitig. Du weißt doch, Frauen haben nie etwas anzuziehen«, erklärte Al Ghwal geduldig.

      »Hm, schade, na gut. Gib ihm seinen Fisch!«, nickte Bjarne zustimmend.

      Wie ein Delfin von seinem Dresseur, empfing der Kesseldämon das ihm zugeworfene Stück Fisch... »Yummi! Ich halte zwar nicht viel vom kalten Norden, aber euer Fisch ist ausgezeichnet, das muss ich neidvoll anerkennen!«, schmatzte der dienstbare Geist.

      »So, jetzt hast du deinen Fisch. Sag mir, was es mit dem Vampir auf sich hat, und ob er meine Pläne durchkreuzt«

      »Klar, du bekommst jetzt einen 1a Orakelspruch. Hör genau zu: Aus Haralds totem Haus, stahl der Michel einst ein Ei heraus. Es wurde größer und rief nach Rache – Siehe da, es ist der rote Drache.«

      »Was soll der Unsinn? Du redest kryptisches Zeug!«, reklamierte der Jarl.

      »Gut, denn immerhin bin ich ein Orakel. Und noch ein Gedicht!«, sprach der Dämon freudig.

      »Noch ein Gedicht? Mir wäre Aufklärung lieber!«, schnappte der Blonde.

      »Der Wolf im Schafspelz, gib gut acht! Sein scharfes Aug sieht dich bei Nacht!«

      Der Jarl verdrehte die Augen. »Was soll ich mit diesem Unfug anfangen? Der Stamm der Haraldinger starb vor über 600 Jahren aus. Der Nebenzweig aus dem Süden, gehört zu den Königstreuen, sie würden uns niemals in den Rücken fallen.«

      »Aber Jarl, es handelt sich um eine alte Prophezeiung, von der die Einheimischen reden. Der heimkehrende Sohn. Wenn du sie ungeschehen machen willst, so musst du unverzüglich handeln!«, orakelte der Dämon. »Ein Vampir ist schon da, ein anderer kommt über das Meer, der Dritte, hat seine Reise noch nicht begonnen. Den Vampir auf der Insel kannst du jetzt nicht mehr habhaft werden, aber es gibt eine entscheidende Schwachstelle! Eine Kette ist immer nur so stark,