Der schottische Lord. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177068
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ob sie jetzt einen blauen Fleck am Oberarm hat, weil ich sie so angepackt habe. Hoffentlich nicht.

      „Bitte verzeihen Sie mir, ich wollte sie nicht erschrecken.“

      „Nein, nein, kein Problem“, stammelt sie und sieht durch mich hindurch, als Vater und Kendra plötzlich hinter mir stehen.

      „Tavis, wer ist die junge Dame?“, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen.

      „Vater. Das ist Holly. Holly Skelton. Du weißt doch noch, die Nichte von James Skelton.“

      „Barnes“, sagt sie und blickt dabei schüchtern zu meinem Vater.

      Natürlich. Sie wird verheiratet sein. Sie ist in Peters Alter, oder etwas jünger, Anfang dreißig schätze ich. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Das nächste Fettnäpfchen. Ich entschuldige mich höflich, doch sie ignoriert mich und begrüßt stattdessen Vater. Keine Ahnung, aber ich habe das Gefühl sie hat immer noch Angst vor mir, sie weicht schüchtern zurück und sieht mich nicht richtig an. Kein Wunder. Ich habe ihr ein Gewehr vor die Nase gehalten und so wie ich aussehe, wird sie denken ich bin ein komplett Irrer. Ich bin ein Irrer. Sie blickt zu Kendra, darum stelle ich sie vor.

      „Sie sind so blass Mrs. Barnes, geht es Ihnen nicht gut?“, meint Kendra musternd.

      Ja, sie ist entsetzlich blass. Vermutlich auch eine Veganerin, obwohl sie auf den ersten Blick nicht so aussieht.

      „Nein…Alles in Ordnung“, stammelt sie.

      Mir wird das jetzt zu viel Smalltalk, darum verabschiede ich mich. Ich bin auch schon spät dran. Weil ich die letzten Tage nicht in der Brennerei war, ist dort einiges liegen geblieben, ich befürchte es wird ein langer Tag.

      Kapitel 7

      Ich sehe Holly aus dem Augenwinkel an, mit meinem rechten Zeigefinger tippe ich monoton auf das Lenkrad. Gerade habe ich sie am Straßenrand aufgelesen. Sie war auf dem Heimweg, ganz schön weit weg vom Castle. Es ist zwar ein schöner Tag, aber es hängen bereits dicke dunkle Wolken am Himmel die bald auslassen dürften. Wie gewohnt weicht sie mir aus, ich glaube sie ist nur sehr widerwillig in mein Auto gestiegen, auch wenn ich ihr damit einen Gefallen tun will, weil es noch ein ziemlicher Fußmarsch gewesen wäre. Warum gehen mir eigentlich alle Frauen aus dem Weg? Zumindest die, die keine Flittchen sind und das ist sie mit Sicherheit nicht, denn damit kenne ich mich zur Abwechslung einmal wirklich aus. Sie ist eher zurückhaltend, heute fast schon wieder zu verschämt. Das kann ich nur sehr schwer verstehen und schon gar nicht einschätzen. Dabei habe ich sie sehr freundlich angelächelt und versucht besonders höflich zu sein. Sie sieht mich noch nicht einmal an, wenn sie mit mir spricht. Bin ich echt so ein Monster? Wahrscheinlich hat sie immer noch Angst vor mir. Da sie nun schon länger hier Urlaub macht, sollte sie mir unseren Zusammenstoß im Stall aber nicht mehr nachtragen. Ich versuche nicht mehr darüber nachzudenken, zumal sie gerade auch ziemlich stur aus dem Fenster blickt. Sie hat erzählt, dass sie nicht mehr so lange hierbleiben will. Ich habe vor ein paar Tagen aufgeschnappt, dass sie wohl Probleme mit ihrem Ehemann hat. Scheint überall ähnliche Schwierigkeiten zu geben, was das Zwischenmenschliche betrifft. Wie nicht anders zu erwarten springt sie gleich aus dem Auto nachdem ich im Hof angehalten habe.

      „Danke…“, sagt sie noch mit gesenktem Blick und läuft Richtung Hintereingang.

      „Sicher…Kein Problem. Gerne“, entgegne ich, aber sie dreht sich nicht mehr um. Sie ist wirklich seltsam. Vielleicht auch schüchtern. Keine Ahnung. Auf dem Weg zur Tür blicke ich in den Himmel. Bald wird es wieder regnen, die Wolken bauen sich immer bedrohlicher auf. Heuer ist dieser Regen besonders hartnäckig. Ich komme gerade rechtzeitig zum Tee, ich bin heute bewusst früher nach Hause gegangen. Kendra spricht kaum, sie ist in ein Schachspiel mit meinem Vater vertieft. Seit Tagen sieht sie ganz fürchterlich blass aus. Ihre sonst meist kunstvoll in Szene gesetzten roten Haare hängen auch unmotiviert über die Schultern. Sonst legt sie so viel Wert darauf das alles stimmig ist, aber im Moment scheint sie sich ganz und gar nicht wohl zu fühlen. Sie meint es ist nur eine kleine Magenverstimmung, was ich ihr nicht abnehme.

      „Soll ich nicht doch besser Dr. Scott rufen? Du siehst jetzt noch schlechter aus als heute Morgen“, frage ich sie vorsichtig und gieße ihr Tee nach.

      Sie nippt an ihrer Tasse und schüttelt den Kopf, bevor sie einen Zug am Schachbrett macht. „Nein. Er war doch gestern hier. Es ist alles in Ordnung Tavis. Frauenbeschwerden.“

      Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Frauenbeschwerden. Verstehe. Ich bin aufgrund unseres nicht vorhandenen Sexlebens nicht so im Bilde wann genau diese Frauenbeschwerden auf der Matte stehen. Darum nicke ich nur und streiche über ihre Schulter, als Peter zur Tür herein poltert.

      „Wir müssen reden“, sagt er und blickt mich eindringlich an.

      „Reden? Worüber denn?“, entgegne ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Er sieht wütend aus, keine Ahnung welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist, aber er neigt auch bei einer Kleinigkeit dazu über zu reagieren. Die meiste Zeit ist er viel zu impulsiv, mit einer der Gründe, warum ich das Hauptgeschäft am Gut führe.

      „Unter vier Augen.“ Er geht voraus ins ehemalige Raucherzimmer, das inzwischen meist als Büro fungiert. Ich schließe die Tür hinter uns und sehe ihn abwartend an.

      „Ja? Was denn?“

      „Ganz toll Tavis. Ganz toll“, schüttelt er den Kopf.

      „Komm schon Peter, raus damit, nicht so theatralisch bitte“, fordere ich ihn auf und lasse mich in den alten, wuchtigen Ledersessel fallen.

      „Slater. Jessica Slater“, sagt er leise. „Klingelt es da bei dir?“

      Ich verdrehe die Augen. „Wird das ein Ratespiel?“

      „Ihr lieber Gatte verkauft die an unsere Felder angrenzenden Flächen nicht wie ursprünglich vereinbart. Kann es sein, dass es etwas mit dir zu tun hat?“

      Ich stehe auf und atme genervt durch. „Was?“ Kopfschüttelnd beuge ich mich zu ihm. „Ich habe wirklich mehr als nötig gewesen wäre getan. Monatelang. Ich hatte diese Tussi einfach satt mit ihrem Plastikbusen. Leg du dich doch auf sie. Scheiße…“ Ich spreche bedacht leise, auch wenn ich lieber schreien würde, doch Kendra soll natürlich keinesfalls hören worum es geht.

      „Mich will sie aber nicht…Zur Hölle! Und jetzt?! Fuck!“ Peter schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. „Hättest du nicht warten können bis die Verträge unter Dach und Fach sind? Oder etwas mehr Feingefühl ihr gegenüber, das wäre angebracht gewesen!“

      Ich springe vom Sessel auf. „Feingefühl?! Sag mal spinnst du jetzt total? Ich bin doch hier nicht die männliche Hure! Ich scheiße auf die Felder! Soll er sie sich sonst wohin stecken! Glaub mir, er wird schon noch angekrochen kommen, oder glaubst du eine dumme Blondine lenkt die Millionengeschäfte von Slater?“, stoße ich schon nicht mehr ganz so leise aus.

      „Du checkst echt gar nichts Tavis! Gar nichts! Wir hatten doch schon den Plan für die Produktion im nächsten Jahr, wie stellst du dir das denn vor?“ Er schreit jetzt definitiv und das lasse ich mir nicht gefallen.

      „Ich war sowieso dagegen! Wir produzieren ausreichend und ich finde wir sollten das auch so belassen! Ich bin nicht für Quantität, sondern für Qualität!“

      Er kommt näher zu mir und bleibt nur ein paar Zentimeter vor mir stehen. Bedrohlich baut er sich vor mir auf, was mich allerdings total kalt lässt. „Du hast keinen Plan, du bist grundsätzlich immer gegen alles. Mach doch mit dem alten Krempel und deinen Scheißtraditionen was du willst!“ Er atmet aggressionsgeladen aus und stürmt aus dem Zimmer. Das macht er immer. Abhauen, wenn er nichts mehr zu sagen weiß.

      „Wir sind noch nicht fertig Peter!“, laufe ich ihm hinterher. Wir stürmen vorbei an Kendra und meinem Vater, hinunter in die Küche. „Warum läufst du eigentlich immer davon, wenn dir die Argumente ausgehen?“, rufe ich ihm nach. „Das ist sowas von lächerlich!“ Jetzt schreie ich.

      Peter